Fehltritte: Kontroverse Politikerurlaube: Zwischen Helikopterflügen und Mallorca-Trips mit der Liebsten

Politiker müssen beim Urlaub einiges beachten, denn da kann einiges schiefgehen. Besonders aufs Timing sollte man Acht geben. Die denkwürdigsten Urlaubsfehltritte deutscher Spitzenpolitiker. Ein Rückblick. 

Der Urlaubsbeginn kann das Ende großer politischer Karrieren bedeuten. Manche halten sich aus guten Gründen dabei lieber bedeckt: Urlaubsort? „Richtung Süden“, murmelte die Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung einst. Die Familienministerin lies vermuten, sie fahre ins „europäische Ausland“, die Bildungsministerin bevorzuge hingegen „Berge“. Ob Kilimandscharo oder Alpen? Man weiß es nicht. Ex-Kanzlerin Angela Merkel hingegen favorisierte Südtirol, Armin Laschet den Bodensee. Hannelore Kraft zog es ins Sauerland, Arbeitsminister Hubertus Heil in den Garten. 

Nancy Faeser, Volker Wissing und Boris Pistorius schienen sich in Sachen Voyage, Voyage einig: Frankreich. Selbstverständlich dürfen auch Spitzenpolitikerinnen und Politiker in den Urlaub fahren. Dabei ist jedoch zu beachten, dass ein politisches Amt kein herkömmliches Angestelltenverhältnis darstellt. Führende Politiker sind in der Verantwortung, präsent zu sein. Wenn es von ihnen verlangt wird. Und ihnen wird noch genauer auf die braun gebrannten Finger geschaut. Ein Blättern im Urlaubsalbum unserer Spitzenpolitik: Kommentar Urlaub Politiker   19.45

Urlaub auf Mallorca nach einer Flutkatastrophe im Ahrtal?

Wie viel kostet ein Helikopterflug? – lautet eine der meistgesuchten Fragen, googelt man nach Christine Lambrecht (10.500 Euro). Denn kaum ein Urlaubstrip ist so bekannt wie der Helikopterflug nach Sylt der Ex-Verteidigungsministerin im Jahr 2022. Lambrecht war mit Sicherheit urlaubsreif: Die Bundeswehr musste reformiert werden – und dann postete ihr Sohn auch noch ein Foto. Mutter und Sohn im Heli nach einem Truppenbesuch in Schleswig-Holstein auf dem Weg für einen Kurzurlaub nach Sylt. Zurücktreten musste sie dann wenige Monate später nach einer mehr als misslungenen Silvester-Ansprache.  

Natürlich lohnt auch ein kleiner Blick auf die Lieblingsinsel der Deutschen: 2015 erholte sich dort der damalige Innenminister Thomas de Maizière, während Deutschland „mitten im Flüchtlings-Chaos“ steckte. Auch Innenministerin Nancy Faeser wurde der Mallorca-Urlaub mit ihrem Sohn zum Verhängnis: „Deutschland geht den Bach runter, Faeser geht baden“, schrieb die „Bild“-Zeitung. Ebenfalls auf Mallorca planschte der ehemalige Verteidigungsminister Rudolf Scharping mit seiner neuen Freundin in einen Swimmingpool, 2001. Zur selben Zeit galt für Bundeswehrsoldaten eine Urlaubssperre: Seine Soldaten und Soldatinnen warteten auf Einsatzbefehle in Mazedonien. Der Anfang vom Ende seiner Karriere als Minister.Eine Mallorca-Reise brockte der ehemaligen NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser einen Skandal und einen Untersuchungsausschuss ein
© Christoph Reichwein

„Scampi und Weißwein unter der Sonne, während Zehntausende Menschen im Land im Dreck sitzen“

Nur wenige Tage nach der Flutkatastrophe im Ahrtal, 2021, feierte die NRW-Umweltministerin auf Mallorca den 76. Geburtstag ihres Mannes. Mit dabei: drei weitere Mitglieder der Landesregierung. CDU-Politikerin Ursula Heinen-Esser musste gehen. Vor einem Untersuchungsausschuss hatte sie zunächst eingeräumt, sie sei nach der Flut für „vier Tage“ zurück zu ihrer Familie nach Mallorca geflogen. Nach weiteren Ermittlungen des Ausschusses zu ihren präzisen Flugdaten (auch unter Einschaltung des Bundeskriminalamts) musste sie sich korrigieren: Neun Tage sei sie auf der Insel geblieben. 

„Scampi und Weißwein unter der Sonne, während Zehntausende Menschen im Land im Dreck sitzen – das ist ein Scherbenhaufen“, so formulierte es der SPD-Politiker Stefan Kämmerling, dessen Wahlkreis in den Flutgebieten östlich von Aachen lag. Auch Ex-Familienministerin Anne Spiegel wurde die Flut zum Verhängnis: Sie hatte sich in ihrem Amt als Umweltministerin in Rheinland-Pfalz für einen vierwöchigen Urlaub entschieden – zehn Tage nach der Flutkatastrophe im Ahrtal. Ihre Abwesenheit kostete sie die Karriere. Eine Erkrankung ihres Mannes, der 2019 einen Schlaganfall erlitten habe, und die Strapazen der Corona-Pandemie für ihre Kinder sei der Grund für die Erholung gewesen, sagte sie später. Zuerst gab sie an, sich aus dem Urlaub zu den Kabinettssitzungen zugeschaltet zu haben, eine Überprüfung der Kabinettsprotokolle habe aber ergeben, dass sie nicht teilgenommen habe.Für die ehemalige grüne Bundesfamilienministerin Anne Spiegel wurde ein vierwöchiger Urlaub zehn Tage nach der Ahrtalflut zum Sargnagel ihrer Karriere. Damals war sie Umweltministerin in Rheinland-Pfalz. Hier übergibt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier ihr die Entlassungsurkunde
© Bernd von Jutrczenka

Nach dem Diebstahl ihres Dienstwagens war Ex-Gesundheitsministerin Ulla Schmidt 2009 in die Kritik geraten: Die Mercedes-S-Klasse wurde während Schmidts Urlaub nahe der spanischen Stadt Alicante gestohlen. Zurück blieb die Frage, warum der Dienstwagen überhaupt im Urlaub mit dabei war. „Wir verlangen Aufklärung, warum ihr Dienstwagen knapp 5000 Kilometer durch Europa gebracht werden muss. Nur für den Fahrkomfort einer Ministerin dürfen keine Steuergelder verschwendet werden“, empörte sich der Bund der Steuerzahler.Mit dem Dienstwagen der Sonne entgegen zu düsen ist keine so gute Idee. Ulla Schmidt kann über die Dienstwagenaffäre ein Lied singen
© Herbert Knosowski/

Ein weiterer ehemaliger Gesundheitsminister, Karl Lauterbach, sorgte im Italienurlaub für Aufruhr: Er twitterte, dass die Hitzewelle dort „spektakulär“ sei. Und: „Wenn es so weitergeht, werden diese Urlaubsziele langfristig keine Zukunft haben.“ Italien war erbost: Lauterbachs These sei „objektiv schwer zu beweisen“.Wütende Bauern hinderten Vizekanzler Robert Habeck (Grüne) in Schlüttsiel in Schleswig-Holstein am Verlassen einer Fähre
© -/WestküstenNews

Habeck musste nach Hallig Hooge zurückkehren

Manchmal wird nicht nur das Wegfahren zum Verhängnis, sondern auch das Heimkommen: Wirtschaftsminister Habeck ist in diesem Jahr im schleswig-holsteinischen Schlüttsiel von hunderten Landwirten daran gehindert worden, seine Fähre zu verlassen. Auf ein Angebot, dass drei Protestler auf die blockierte Fähre kommen können, um mit ihm zu sprechen, ließen sich die Landwirte nicht ein. Habeck musste auf seine Urlaubsinsel Hallig Hooge zurückkehren.