Nichts sagt mehr über eine Gesellschaft aus als ihre Tabuthemen. Aber was sind Tabus, welche beschäftigen uns und was für Bücher gibt es über sie?
Jede Zeit, Kultur und jede Gesellschaft darin hat ihre Tabus. Tabuthemen sind das Unaussprechbare, das Verdorbene und gerade deshalb üben sie eine unausweichliche Anziehung auf uns aus. Sie polarisieren, empören und sie verändern sich stetig. Es ist Aufgabe der Kunst und Literatur, Tabus infrage zu stellen, wenngleich der Tabubruch um des Tabubruchs Willen noch keine Kunst darstellt.
Aber wie finden wir unsere Tabus, schließlich gehört der Tabubruch in unserer offenen Gesellschaft fast schon zum guten Ton und gleicht manchmal gar einer Inszenierung. Dafür braucht es einen genauen Blick auf gesellschaftliche Entwicklungen und die Moralvorstellungen unserer Zeit. Denn im Kern besteht ein Tabubruch darin, die Grenzen dieser Moral zu verschieben oder zu übertreten. Ein veritabler Indikator für eine solche Grenzverschiebung ist immer die gesellschaftliche Ächtung eines Menschen für etwas, dass er oder sie gesagt, geschrieben oder getan hat. Man schaue auf Galileo Galilei, der im Gefängnis landete, weil er entdeckte, dass sich die Erde um die Sonne dreht.
Um ein Tabu zu brechen, muss sich also eine Gruppe von Menschen über etwas Gesagtes oder Getanes empören, weil es nicht den eigenen Moralvorstellungen entspricht. Und das zu finden, ist ein Leichtes, wandeln auf Twitter chronisch Empörte aller Couleur regelmäßig zu Höchstform auf und ächten – beziehungsweise canceln – Personen mit anderen Wert- und Moralvorstellungen. Die landen dann zwar nicht im Gefängnis, dafür aber im Shitstorm und Sittenhaft.
Wir haben sie also doch, unsere Tabus, nur sind die nicht mehr so klar definiert, wie es die Kirche viele Jahrhunderte für uns übernahm. Diese Aufgabe übernehmen heute politische Gruppen, die Konservativen ebenso wie die Woken – nur die Mitte bleibt gewohnt gelassen. Tabus finden sich in Themen, die heiß diskutiert werden, wie dem neuen Feminismus und der Männerbewegung, unserem Sex- und Datingleben, System- und Geschlechterfragen, Tod, Abtreibung und nicht zuletzt in Gefühlen, über die wir nicht sprechen wollen.
Feminismus und Männerbewegung
Mann gegen Frau, Frau gegen Mann, Mann gegen Mann, Frau gegen Frau, Transgender und non-binäre gegen cis-Heteros, jeder gegen jeden, alle füreinander. Wer sich etwas mit Feminismus und der deutlich kleineren und jüngeren Männerbewegung befasst, verliert schnell den Überblick, wer was eigentlich von wem will.
Irgendwie einen sich alle in ihren Zielen: So wie jede Ideologie wollen sie unser aller Leben erträglicher und fairer machen und das mit einfachen Antworten auf schwierige Fragen. Und doch ist für beide das Gesagte des anderen ein Tabubruch, weil es dann doch immer um ebenjene Grenzverschiebungen geht, die die jeweils andere Gruppe anstößig findet.
Egal, in den Bewegungen steckt politisches Knallpotenzial und der Tabubruch ist so sehr an der Tagesordnung, dass es schwerfällt, überhaupt nachzukommen. Deshalb eine kleine und unvollständige Übersicht der schönsten Tabubrüche, festgehalten in Büchern:
„Regretting Motherhood“ von Orna Donath
„Regretting Motherhood“ von Orna Donath
Nicht jede Frau stellt sich die Frage, ob sie Kinder will oder nicht – aber fast jede fühlt sich von der Gesellschaft unter Druck gesetzt, das zu tun. Seien es Eltern oder Großeltern, Tanten oder Onkel. Die Frage, wann es bei ihr soweit sei, gehört auf jede unangenehme Familienfeier. Und darin schwingt die Geisteshaltung mit, Mutter zu sein, sei das Erfüllenste für Frauen auf Erden. Dass dem nicht so ist, fand Soziologin Orna Donath in einer Studie heraus und schrieb deshalb das Buch „Regretting Motherhood: Wenn Mütter bereuen.“ Bei dem Thema geht es nicht darum, dass Mütter ihrer Kinder nicht lieben, sondern dass sie die ihnen auferzwungene Mutterrolle ablehnen. Lesenswert.
„Hood Feminism“ von Mikki Kendall
„Hood Feminism“ von Mikki Kendall
Geht der Mainstream-Feminismus an den Problemen farbiger Frauen vorbei? Diese Frage stellt Mikki Kendall in ihrem Buch „Hood Feminism“ und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis. Das Werk liefert einen tiefen Einblick in die Lebensrealität von Frauen und Mädchen in den USA, zeigt Probleme wie Wohnungsnot oder Bildungschancen konkret auf und gibt Ratschläge, wie diese zu lösen sein können. Und sie kritisiert dabei den vornehmlich weißen Feminismus.
„Not am Mann – Sexismus gegen Männer“ von Arne Hoffmann
„Not am Mann – Sexismus gegen Männer“ von Arne Hoffmann
Sexismus gegen Männer – geht das überhaupt? Ja, sagt Arne Hoffmann in seinem Buch „Not am Mann – Sexismus gegen Männer“ und geht dabei hart mit der Feminismus-Bewegung in Deutschland ins Gericht. Um seine Thesen zu untermauern, zieht er Studien zu Rat und kommt zu überraschenden Ergebnissen. Dass Männer in Sorgerechtsstreitigkeiten häufig den Kürzeren ziehen, ist allgemein bekannt und irgendwie akzeptiert. Dass sie aber auch ähnlich häufig Opfer sexueller Gewaltverbrechen in Kriegen werden wie Frauen, ist ein Thema, das weder die betroffenen Männer gerne aussprechen, noch der breiten Öffentlichkeit bewusst ist.
„Alte weiße Männer“ von Sophie Passmann
„Alte weiße Männer“ von Sophie Passmann
Einer ethnischen Gruppe ein kollektives Verhaltensmuster zu unterstellen, ist der Inbegriff von Rassismus. Genau das tun zumeist junge und woke Menschen, wenn sie von alten weißen Männern sprechen. Vielleicht wählte Sophie Passmann deshalb das neumoderne Feindbild als Titel ihres Buches. Immerhin will sich niemand, der von alten weißen Männern spricht, des Rassismus überführen lassen. Ihr Buch hackt nur etwas auf ebenjenen Männern herum, und wenn, dann durchaus selbstironisch und unterhaltsam. Für ihren Schlichtungsversuch reiste Passmann durch die Republik und traf sich mit Männern, die weiß sind und alt und mächtig. So richtig gelingen mag ihr der zwar nicht, weil die ausgewählten Männer allzu reflektiert mit dem Thema umgehen. Unterhaltsam ist der Versuch trotzdem.
Tabuthemen: Systemkritik und Politik
Wir bleiben noch etwas in der Politik, denn wo sonst wird so sehr um die Grenzen gefochten wie hier? Feiert der Liberale den Kapitalismus als Befreiung der Bauern von den Lehnsherren, sieht der Kommunist darin die Versklavung der Arbeiterklasse. Wer nun die Wahrheit mit Löffeln gegessen hat, hängt allzu sehr davon ab, welche Argumente die Lebensrealität des Lesers besser widerspiegeln.
Trotzdem gilt ein Neudenken der Ordnung von Wirtschaft und Gesellschaft seit jeher als Tabubruch. Es gab da mal einen Mann vor 2000 Jahren, der dafür ans Kreuz genagelt wurde. Dank Klimawandel, Wassernot und regelmäßiger Fluten ist aber inzwischen auch das Festhalten am Alten tabu. Was tun? Ein Buch zur Hand nehmen und sich eine eigene Meinung bilden:
„Utopien für Realisten“ von Rutger Bregman
„Utopien für Realisten“ von Rutger Bregman
Bück dich hoch, ist des Deutschen liebster Karriereweg und unbezahlte Überstunden sind Teil unserer Kultur. Die 40-Stunden-Woche ist unser Lebenselixier und Faulheit ein Teufelswerk. Dass faule Menschen manchmal effizienter arbeiten, ist natürlich Quatsch und das bedingungslose Grundeinkommen führt doch eh nur dazu, dass niemand mehr arbeitet. Ja, unser Arbeitsleben neu zu denken, stößt auf heftigen Widerstand und wer es doch tut, dem droht die Ächtung in der Arbeitswelt. Gut, dass wir da unsere liberalen Lieblingsnachbarn in den Niederlanden haben und das in Form von Rutger Bregman. Der Journalist und Historiker plädiert in seinem Buch „Utopien für Realisten“ für die 15-Stunden-Woche und das bedingungslose Grundeinkommen. Um des Fortschritts Willen wagt er es, das Unmögliche vorzudenken, Alternativlosigkeit ausgeschlossen.
„Die letzten Tage des Patriarchats“ von Margarete Stokowski
„Die letzten Tage des Patriarchats“ von Margarete Stokowski
Das Patriarchat ist einer der inflationär benutzen Kampfbegriffe des modernen Feminismus und dessen Ende proklamiert Galionsfigur und Journalistin Margarete Stokowski in ihrem Buch „Die letzten Tage des Patriarchats„. Das ist ein Sammelsurium ihrer Kolumnen und Essays von 2011 bis 2018, teilweise überarbeitet und kommentiert. Ein Stück Zeitgeschichte über den langen Weg, bestehende Strukturen aufzubrechen.
„Von Menschen und Mensch*innen“ von Fabian Payr
„Von Menschen und Mensch*innen“ von Fabian Payr
Unglaublich, wie viel wir heutzutage über Sprache sprechen. So bedeutet für die einen Gendern die totale Inklusion aller Menschen in die Sprache und die anderen sehen darin die Verelendung der deutschen Grammatik. Wer in seinen Texten nicht gendert, wird gecancelt und wer es doch tut, nicht gelesen. Abseits davon gibt es Wörter, die auszusprechen gesamtgesellschaftlich als Tabu gelten. Ja, die Sprache verschiebt ihre Grenzen nur zu gerne. Vielleicht sah sich Fabian Payr deshalb veranlasst, ein Buch gegen den Genderstern zu schreiben. In „Von Menschen und Mensch*innen: 20 gute Gründe, mit dem Gendern aufzuhören“ tut er genau das. Ein Tabubruch für alle Verfechter des Gendersterns.
Sex ohne Tabus? Bitte, bitte nicht
Sie halten sich für eine total aufgeklärte und offene Person? Greifen auch mal zur Peitsche, wenn es etwas „kinky“ sein soll? Das ist schön, aber mit „Fifty Shades of Grey“ ist noch lange nicht jedes Sex-Tabu gefallen. Mit neuer Technologie kommen neue Tabus. Über die Pornosucht Ihres Partners reden Sie auf der Arbeit vermutlich nicht. Und er oder sie nicht mit Ihnen.
Und auch das Thema der Pädophilie eignet sich weniger für Smalltalk – erst recht wenn die Täter Frauen sind. Gibt’s doch gar nicht! Verbrechen ohne Opfer, scherzt dann der unangenehm prollige Kollege, der sich von Dominas gerne eine Runde Ballbusten lässt. So nennt sich die Praxis, wenn Frauen mit voller Wucht in sein Gemächt treten. Autsch. Ja, es gibt noch viele Tabus beim Thema Sexualität. Wie wäre es etwa mit Sadomasochismus, Inzest oder Zoophilie? Für jeden Geschmack ist was dabei.
Tipp: Weitere Buchempfehlungen aus der Redaktion finden Sie übrigens auf unserer Themenseite.
„Unfuck your World“ von Pascal Gabriel
„Unfuck your World“ von Pascal Gabriel
Bin ich pornosüchtig oder nur Hobbymasturbator? Dieser Frage stellt sich Pascal Gabriel in seinem Buch „Unfuck your World“ und erklärt dabei, wie Pornos uns schaden, wie Mann es schafft, von ihnen wegzukommen und welche Vorteile ein pornofreies Leben mit sich bringt. Ein Buch für alle, die die Schmuddelfilmchen aus ihrem Kopf bekommen und gegen ein pornomäßiges Leben tauschen wollen.
„A Billion Wicked Thougts“ von Ogi Ogas und Sai Gaddam
„A Billion Wicked Thougts“ von Ogi Ogas und Sai Gaddam
Es gibt eine universalgültige Regel im Internet: Wenn Sie sich etwas vorstellen können, dann gibt es das als Porno. Und sei es noch so abstrus. Das wissen auch die Neurowissenschaftler Ogi Ogas und Sai Gaddam und setzten sich 2012 deshalb daran, in ihrem Buch „A Billion Wicked Thougts“ das Pornokonsumverhalten unserer Spezies auseinanderzudröseln. Ihre Erkenntnisse sind amüsant wie unterhaltsam und die Unterschiede zwischen Mann und Frau offenkundig. Eine Goldmine für alle Menschen, die sich für die verrückt verstörende Fetische interessieren.
„Lolita“ von Vladimir Nabokov
Zur Abwechslung ein Roman der Weltliteratur gefällig? In „Lolita“ von Vladimir Nabokov verliebt sich ein 40-Jähriger in eine Minderjährige und erfährt, wie seine Liebe – oder das, was er dafür hält – die absolute Kontrolle über ihn einnimmt. Und so verachtenswert Pädophilie ist, so erstaunlicher ist es, was Nabokov vor allem am Anfang seines Meisterwerks schafft: Dem Leser Mitgefühl für die Wirren eines Pädophilen zu geben. Mehr Tabu geht nicht.
Dating und Liebe
Weg vom Sex hin zur Anbändelung: Sei einfach du selbst. Das ist der Rat, den die meisten Menschen geben, wenn es um Dating geht. Wenn das Selbst eine 35 Jahre alte Jungfrau ist, die noch nie Frau oder Mann auch nur geküsst hat, dann ist das aber ein sehr bescheidener Rat. Nun gilt allein die Offenbarung, eine 35 Jahre alte Jungfrau zu sein, als Tabubruch in unserer maßlos überromantisierten und sexualisierten, doch gleichwohl prüden heteronormen Gesellschaft. Und nirgendwo schlägt sich dieser Zwiespalt stärker nieder als in unserem Dating- und Liebesleben.
Grenzverschiebungen sind dabei Teil des Geschäfts. Galt es vor ein paar Jahren noch als verrucht auf Tinder zu sein, halten wir heute bereitwillig unzählige Optionen potenzieller und fein säuberlich gephotoshopter Partner in der Hand und wischen uns die Daumen blutig. Bundeswehroffizierinnen dürfen sich dabei aber bitte nicht zu freizügig geben. Das wäre unsittlich und schade dem Ansehen der Bundeswehr – befand jedenfalls das Arbeitsgericht des Heers.
Andersherum sehen es viele Frauen als unsittlich an, wenn sie zum Zwecke des Koitus von Typen angesprochen werden. „Ich habe einen Freund“, ist dann die wohl gängigste Abwehr, sich dem ungewollten Smalltalk zu entziehen. Wie Mann das angeblich besser macht, verrät uns die Literatur und zwar die von sogenannten Pick Up Artists.
Die Literatur von Pick Up Artists
Die Literatur von Pick Up Artists
Das sind selbst ernannte Aufreißkünstler und sie geben mehr oder weniger sinnvolle Tipps, wie Männer „Dominanz“ ausstrahlen oder wenigstens vortäuschen, wie sie diesen „Frame“ bewahren und was eigentlich „Cocky & Funnny“ ist. Vollgepackt mit dem Wissen ziehen Männer dann los, um Frauen beim Einkaufsbummel in der Innenstadt anzuquatschen. Wenn sie damit Erfolg haben und sich die Frau verführen lässt, nennt der Pick Up Artist das einen „Lay“.
Tabubrüche halten Pick Up Artists zuhauf bereit. Angefangen beim sexistischen Sprech, der Frauen zu Sexobjekten degradiert und der obersten Maxime, ein Vielkorpulierer-Lifestyle sei das Größte. Aber geht es wirklich nur um reine Manipulation, Frauen ins Bett zu locken, oder steckt Persönlichkeitsentwicklung dahinter? Interessant ist das Thema allemal für Mann und Frau und die Antwort darauf gibt die Literatur beispielsweise von Neil Strauss.
Der US-amerikanische Journalist liefert gleich drei Standardwerke der Pick-UP-Szene. Angefangen bei „The Game„, einem autobiografischem Werk über seine Anfänge und Erfolge, hin zu „Der Aufreißer“ einer Anleitung zu seinem Lebensstil und schlussendlich der Abrechnung mit der Pick-Up-Kultur in „Die nackte Wahrheit„. Seine Aufreißkünste führten ihn schlussendlich in Therapie. Game Over.
Wer hätte es gedacht: Wahres Glück liegt nicht (für jeden) im Ausleben einer Sexsucht begraben, sondern vielleicht in tiefer Zwischenmenschlichkeit und einem Funken Empathie. Aber für beides muss Mann eben seinen Mund aufbekommen, wenn er die Aufbauen und zeigen will. Die deutsche Standardliteratur liefern Maximilian Pütz und Arne Hoffmann unter anderem in „Der Casanova Code“ – uhlala.
„Fremdgehen“ von Michèle Binswanger
„Fremdgehen“ von Michèle Binswanger
Wobei wir beim nächsten Thema wären. Spaß in fremden Betten, weil der oder die Partnerin keine Liebe mehr geben will oder geben kann. Der Seitensprung ist noch immer ein heikles Thema. Logisch, denn wer einmal hintergangen wurde, weiß, wie schmerzhaft der Vertrauensbruch ist. Und trotzdem ist er an der Tagesordnung.
Inzwischen gehen 50 Prozent der Ehen in die Brüche. Männer sind in dem Fall die Gehörnten und das kann dem zarten Ego einen ordentlichen Knacks verpassen. Oder aber sie sind die Arschlöcher. Frauen laufen dagegen Gefahr, als „Schlampe“ tituliert zu werden, wenn sie emotionale Nähe in fremden Betten suchen. Wie es richtig geht und ob es vielleicht nicht besser wäre, das Thema offen zu bereden, verrät Michèle Binswanger in ihrem Buch „Fremdgehen„.
„Female Choice“ von Meike Stoverock
„Female Choice“ von Meike Stoverock
Aber wer hat beim Dating und Fremdgehen eigentlich die Hosen an? Wir Männer bestimmt nicht, auch wenn uns nach Jahrzehnten der Emanzipation noch immer der erste Schritt überlassen bleibt. Wie jeder Mann und jede Frau weiß: Pussy is Power. Und diese Power bleibt Frauen vorenthalten. Sagt jedenfalls die Biologin Meike Stoverock in ihrem Buch „Female Choice„. Welcher Mann seine Gene weitertragen darf, entscheidet Frau.
Zwar herrschten lange gesellschaftliche (männliche) Konstrukte wie Ehe, Haus und Hof, um diese Macht einzudämmen. Aber der Emanzipation sei Dank hat das heute kaum noch Relevanz. In der Folge genießen wenige Männer die Aufmerksamkeit vieler Frauen und viele Männer schätzen ihre gesunden Hände mehr denn je. Wie leben Mann und Frau denn nun zusammen? Etwa mit Sex auf Rezept für einsame Kerle? Die Antworten finden Sie in „Female Choice“.
„Three Women“ von Lisa Taddeo
Mit ihrem Erstlingswerk „Three Woman“ gelang Journalistin Lisa Taddeo aus dem Stand ein Welterfolg. Das Buch dreht sich um die sexuellen Erfahrungen dreier Frauen, die unterschiedlicher nicht sein können. Eine schläft vor ihrem Ehemann auf dessen Wunsch mit anderen Männern (Cuckolding nennt sich das), eine wurde als Teenager von ihrem Lehrer verführt und verlassen und verklagt ihn, und eine entdeckt nach langer und langweiliger Ehe ihre Jugendliebe wieder und entwickelt eine romantische Beziehung zu dem verheirateten Mann. Ein Buch, das mit dem großen Tabu weiblicher Sexualität facettenreich und tiefgründig spielt und auf wahren Begebenheiten basiert.
„Was Frauen denken, aber nicht sagen“ von Negah Amiri
„Was Frauen denken, aber nicht sagen“ von Negah Amiri
Stellen Sie sich Mario-Bart-Witze aus einem Frauenhirn vor und Sie bekommen die Kurzfassung von „Was Frauen denken, aber nicht sagen“ der Autorin Negah Amiri. Die Comidienne beschreibt genau das, was der Titel aussagt, wobei „Was Negah Amiri denkt und sagt“ besser passen würde. Das ist zuweilen ganz schön sexistisch, an einigen vielen Stellen männerfeindlich und herrlich tabulos. Hätte das Buch ein Mann im gleichen Kontext geschrieben, wären die Seiten entweder leer geblieben, weil wir einfach nicht denken (haha) und einfach sagen, was wir sagen. Alternativ wäre er von der hysterischen Twitter-Gemeinde gekreuzigt worden. Leider bleiben die vielen Witzchen so flach wie der obige, aber das ist für den All-Inclusive-Urlaub auf Malle im geistigen Tiefflug genau die leichte Kost, die ein Gin-Tonic-getränktes Männerhirn noch geradeso verträgt.
Tod und Abtreibung
Über den Tod spricht man nicht. Gerade in Deutschland behandeln wir das Thema gewohnt stiefmütterlich. Erst recht, wenn es um den selbst gewählten Freitod und damit die aktive Sterbehilfe geht. Und genau da befinden wir uns im gesellschaftlichen Dilemma: Der Schutz des Lebens ist in unserem Grundgesetz genauso verankert wie die Würde des Menschen. Und hier stellt sich die schwierige Frage, wann ein Leben würdevoll ist und wann nicht und ob man diese Frage überhaupt stellen darf. Oder ist jedes Leben würdevoll?
Und wer kann das besser entscheiden, was würdevoll bedeutet, als jeder Mensch für sich selbst? Und was tun, wenn sich der Mensch nicht mehr mitteilen kann oder todkrank ist? Ist es da wirklich ratsam, sich eine Befehlsgewalt über den Körper seiner Mitmenschen zu erlauben und jedes Leben als schützenswert zu betrachten, auch das ungeborene? Schwierige Fragen, um die seit Jahren gerungen wird. Man wähnte sich bereits im Fortschritt, doch in den USA feiern Abtreibungsgegner gerade einen zweiten Frühling.
„(K)eine Mutter: Abtreibung – Zwölf Frauen erzählen ihre Geschichte“ von Jeanne Diesteldorf
„(K)eine Mutter: Abtreibung – Zwölf Frauen erzählen ihre Geschichte“ von Jeanne Diesteldorf
Jeanne Diesteldorf erzählt in ihrem Buch „(K)eine Mutter: Abtreibung“ die Geschichte von zwölf Frauen, die abgetrieben haben. Dass das Thema noch immer gesellschaftlich als Tabu gilt, zeigen hitzige Debatten des Für und Wider der Abtreibung. Es bietet einen tiefen Einblick in das Seelenleben von wenigstens jeder vierten Frau in Deutschland. Denn so viele haben hierzulande eine Abtreibung hinter sich.
„Wer sterben will, muss sterben dürfen“ von Dr. med. Michael de Ridder
„Wer sterben will, muss sterben dürfen“ von Dr. med. Michael de Ridder
Eigentlich retten Ärzte das Leben von Menschen. Es sei denn, sie sind Palliativmediziner so wie Dr. med. Michael de Ridder. In seinem Buch „Wer sterben will, muss sterben dürfen“ erklärt er, warum er Menschen bei ihrem Freitod hilft. Darin spricht der Mediziner auch von persönlichen Erfahrungen mit Patienten und unter welchen Bedingungen er bereit ist, Menschen beim Suizid zu helfen.
Krankheit und Psychologie
Lassen Sie uns über unsere Psyche reden. Viel zu lange war es ein Tabu, seine psychischen Krankheiten kundzutun. Heute sei es fast schon in Mode, einen Knacks zu haben, monieren die ersten Kritiker. Gefühle und Krankheiten zu offenbaren, ist aber zum Glück kein Tabubruch mehr. Ein Tabubruch aber ist es, die dunklen Seiten unserer Empfindungen zu erörtern. Schließlich sind nicht alle Gefühle positiv und selbst die positiv besetzen wie ein außerordentliches Einfühlungsvermögen haben ihre dunklen Seiten.
„Die dunkle Seite der Empathie“ von Fritz Breithaupt
„Die dunkle Seite der Empathie“ von Fritz Breithaupt
Die erörtert Fritz Breithaupt in seinem Buch „Die dunkle Seite der Empathie„. Denn Empathie eignet sich nicht nur hervorragend, um Freude zu teilen. Nein, das Einfühlungsvermögen kann auch dazu dienen, Mittel und Wege zu finden, andere Menschen zu erniedrigen und zu demütigen. Der Autor zeigt dabei auf, wo uns diese dunklen Seiten der Empathie selbst und im Alltag begegnen und zeigt, wie dominant sie in unserem Leben sind.
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