Missglückte Werbung: Gegen Zölibat und Sex-Verzicht: Dating-App Bumble zieht Kampagne zurück

Die Dating-App Bumble positioniert sich gern als sichere Plattform für Frauen. Doch mit einer aktuellen Werbung schlägt sie ausgerechnet dieser Zielgruppe vor den Kopf. Warum sich Bumble nun entschuldigt hat

Es sollte der ganz große Scoop werden: Vor zwei Wochen lancierte die Dating-App Bumble eine neue Kampagne in den USA, die mit reißerischen Slogans Aufmerksamkeit erzeugen sollte. Auf großen, gelben Werbetafeln waren Sätze zu lesen wie „Sie wissen genau, dass ein Zölibats-Gelübde nicht die Lösung ist“ oder auch: „Sie sollten das Dating nicht aufgeben und Nonne werden“. Damit sprach Bumble gezielt Frauen an, die schlechte Erfahrungen beim Daten gemacht hatten.

Doch die vermeintlich neue Zielgruppe, die man ins Visier nahm, um die zuletzt schwindenden Abo-Zahlen wieder anzukurbeln, reagierte anders als erwartet: Statt die App zu abonnieren, reagierten die Frauen mit einem Shitstorm. Viele Amerikanerinnen fühlten sich unverstanden und kritisierten in den sozialen Medien, Bumble nehme ihre negativen Erlebnisse ­– Unverschämtheiten, Übergriffe, Ghosting – nicht ernst und missbrauche sie nicht zuletzt für Vermarktungszwecke. 

Sex-Verzicht: Die Gründe sind vielfältig

Zudem ignoriere die Werbung die Vielfalt von Gründen, warum man sich für ein Leben in Abstinenz oder für eine Sex-Pause entscheide. Immerhin, so hieß es, gebe es auch religiöse, politische und ebenso persönliche Gründe. „In einer Welt, die um Respekt und Autonomie über unseren Körper kämpft, ist es entsetzlich zu sehen, wie eine Dating-Plattform die Entscheidungen von Frauen untergräbt“, schrieb eine Nutzerin bei X, ehemals Twitter. Auch Prominente meldeten sich zu Wort. Julia Fox, Model und Schauspielerin, schrieb etwa bei TikTok: „2,5 Jahre Abstinenz und nie ging es mir besser, um ehrlich zu sein“.STERN PAID Tinder-Protokoll, Jasmin, 31 12.08

Die Kampagne stieß auch deshalb auf Ablehnung, weil sich Bumble seit der Firmengründung 2014 als Dating-App für Frauen etabliert hatte. Die Plattform sei ein „Safe Place“, ein sicherer Ort für Frauen im Internet. Doch Anfang des Jahres folgte die Kehrtwende: Konnten bislang nur Frauen in der App den ersten Schritt machen und damit entscheiden, mit wem sie in Kontakt treten wollen, wurde die Funktion mit einem Mal außer Kraft gesetzt, das Ansprechen, Anschreiben, Anflirten war nun auch Männern möglich. „Viele Frauen fühlen sich im Stich gelassen. Das neue Konzept steht im Widerspruch zu den Botschaften, die Bumble seit jeher verbreitet“, sagt Katy Blake, Vorstandsmitglied der US-Firma Fractions.

Mit der jüngsten Kampagne hat Bumble nun erneut vielen Frauen vor den Kopf gestoßen. Mit Folgen: Die Macher der App zogen die Werbung zurück und entschuldigten sich öffentlich. Man sei zu weit gegangen, heißt es in dem Statement. 

Missglückte Bumble-Kampagne: Alles nur Kalkül?

Zwar nahmen viele Nutzerinnen die Entschuldigung wohlwollend auf, aber es gab auch kritische Stimmen, die Kalkül hinter der vermeintlich missglückten Kampagne vermuten. Andy Barr von 10 Yetis, einer PR-Agentur für Krisenkommunikation, glaubt, dass die Kontroverse eine Strategie gewesen sein könnte. Für ihn sei es gewesen wie „ein bewusster Versuch, Lärm zu erzeugen“, so Barr. Als PR-Experte wisse er, dass diese Art von Aufregung bei Google gut ankomme, egal, ob sie positiv oder negativ sei. Dating-Reiseziele10:49

Doch ob man mit der missglückten Werbung wirklich neue Mitglieder begeistern konnte, wird sich in den kommenden Monaten zeigen. Zwar ist Bumble zurzeit in den Schlagzeilen – den guten Ruf als Frauenversteherplattform könnte die App unwiderruflich verspielt haben.