Vor einigen Jahren galten sie als Plage. Jetzt kann sich glücklich schätzen, wer im Norden einen Nandu in freier Wildbahn entdeckt.
Europas einzige wildlebende Nandu-Population, beheimatet in der Nähe des Ratzeburger Sees an der Landesgrenze von Mecklenburg-Vorpommern und Schleswig-Holstein, ist weiter auf dem Rückzug. Bei den Zählungen in jedem Frühjahr und Herbst sichten die Helfer immer weniger Exemplare. Hintergrund ist, dass 2020 die Jagd auf die tierischen Einwanderer aus der südamerikanischen Pampa freigegeben wurde.
Fünfmal mehr Sichtungen vor fünf Jahren
Nach der Auswertung der diesjährigen Frühjahrszählung meldete das Agrarministerium 70 Exemplare der flugunfähigen Großvögel, die kleinen Straußen ähneln. Ein Jahr zuvor waren es noch 91, wie ein Ministeriumssprecher mitteilte.
Im Frühjahr 2022 hatten die Arbeitsgruppe Nandumonitoring, Landwirte sowie Mitarbeiter des Biosphärenreservatsamtes Schaalsee-Elbe 131 Nandus im Verbreitungsgebiet erfasst, im Frühjahr 2019 noch 362.
Nandus sind Nachfahren von Gehege-Flüchtlingen
Die Nandus stammen von einer Handvoll Tieren ab, die in den Jahren 1999 bis 2001 aus einem privaten Gehege bei Groß Grönau in Schleswig-Holstein entkommen waren. Der Ort liegt nördlich des Ratzenburger Sees.
Die Nandus (Rhea americana) haben im Norden keine natürlichen Feinde. Die Winter überstehen sie problemlos und Futter finden sie reichlich auf den Feldern. Bevorzugt verspeisen sie junge Rapspflanzen. Die Vögel wurden eine Zeit lang immer zahlreicher – mit wachsender Population wuchs die Verärgerung der örtlichen Landwirte, die über teils erhebliche Ernteeinbußen klagten.
Nach verschiedenen weitgehend erfolglosen Versuchen der Geburtenkontrolle wie dem Anbohren von Eiern wurden die großen Laufvögel 2020 zur Jagd freigegeben. Seither nehmen die Sichtungen ab.
Experten gehen davon aus, dass es tatsächlich weniger Tier geworden sind. Aufgrund der Bejagung sind die Tiere aber auch scheuer geworden und zeigen sich seltener.