Der Bundestrainer setzt auch auf Energie von der Bank. Die Einwechselspieler sind in einem Turnier wichtig. Beim Torfest-Auftakt gegen Schottland zeigt sich, wer hinter der ersten Elf vorn dran ist.
Auf die Energie von der Bank kommt es bei der Heim-EM auch an. Jedenfalls betont Julian Nagelsmann seit dem Beginn der Vorbereitung die große Bedeutung jener Fußball-Nationalspieler, die zu Beginn der Spiele nur Ersatz sind, für den Turniererfolg. „Die Jungs erfüllen ihren Job“, sagte der Bundestrainer.
Beim 5:1-Knallstart gegen Schottland war das so. Sogar zwei Torschützen wechselte Nagelsmann in München ein. „Es herrscht eine sehr gute Energie in der Mannschaft. Wir wollen erfolgreich werden, egal ob wir auf dem Platz stehen oder nicht“, sagte der nachnominierte Dortmunder Emre Can zum Bankpersonal. Gegen Schottland ließ sich an der Reihenfolge der Wechsel auch das Ranking der Akteure hinter den ersten Elf ablesen.
Die ersten Herausforderer
Pascal Groß: Der schon 33 Jahre alte Turnier-Debütant war gegen die Schotten der Erste, den Nagelsmann reinwarf. Der Brighton-Profi kam zur Pause für den verwarnten Robert Andrich. Der Leverkusener ist im Mittelfeld der Mann fürs Grobe. Auch gegen die Schotten ging der 29-Jährige körperlich sehr resolut zur Sache. Wenn Andrich gegen die Ungarn am Mittwoch (18.00 Uhr/ARD und MagentaTV) die zweite Gelbe Karte sehen sollte, wäre er im letzten Gruppenspiel gegen die Schweiz gesperrt. Und Groß wäre der logische Ersatz.
Niclas Füllkrug: Der Dortmunder ist Nagelsmann Angriffs-Joker Nummer eins. Der 31-Jährige traf nur fünf Minuten nach seiner Einwechslung für Kai Havertz, der auf der Neuner-Position erste Wahl ist. Füllkrug kann auf „viele gute Joker-Einsätze“ im Nationaltrikot verweisen. Und auf eine Topquote von zwölf Toren in 17 Länderspielen. Zudem sagt er: „Es war selten so, dass die Mannschaft, die das erste Turnierspiel bestreitet, auch das letzte bestreitet.“
Leroy Sané: Ein gesunder Leroy Sané wäre immer ein Kandidat für die Startelf. Aber zur langwierigen Schambein-Problematik kam eine Drei-Spiele-Sperre, die den Bayern-Profi im EM-Jahr zusätzlich ausbremste. Der 28-Jährige kam gegen die Schotten in der 63. Minute für Wirtz. Spektakuläres glückte ihm nicht. Sané muss sich hinter dem im Auftaktspiel überzeugenden Offensiv-Quartett Wirtz, Musiala, Havertz, Gündogan weiter anstellen.
Thomas Müller: Bei seiner vierten EM muss sich der Turnier-Veteran mit kürzeren Einsatzzeiten anfreunden. „Die Rolle, die Thomas hat, ist klar“, sagte Nagelsmann. Der 34-jährige Münchner ist wichtig für das Klima in der Mannschaft. „Wir wollen Freude sehen bei diesem Riesen-Fußballfest“, sagte Müller. Er lebt das vor. Gegen die Schotten musste er bis zur 73. Minute auf sein 130. Länderspiel warten. Er kam für seinen herausragenden Bayern-Kollegen Jamal Musiala und hatte sofort ein paar gute Offensivaktionen.
Emre Can: Dass der für Bayern-Youngster Aleksandar Pavlovic nachnominierte Dortmunder gleich im ersten Turnierspiel zum Einsatz kam, überraschte ihn selbst. Schon die Einwechslung für Toni Kroos in der 80. Minute sei „krass“ gewesen. Und dann traf der 30-Jährige auch noch in der Nachspielzeit zum Endstand. „Eine verrückte Story“, nannte das der Defensivakteur, der aus dem Urlaub heraus zur Mannschaft gestoßen war.
Die Ersatzspieler im Wartestand
16 von 26 Akteuren im DFB-Kader kamen auf Anhieb zum Einsatz. Da Nagelsmann fünfmal wechseln kann pro Spiel, sind gerade für Offensivkräfte wie die Stuttgarter Chris Führich und Deniz Undav sowie Hoffenheims Maximlian Beier die Aussichten auf Joker-Minuten gut. In der Defensive wird von Trainern dagegen bei einem Turnier oft nur im Notfall gewechselt. Das gilt erst recht für die Torhüter-Position. Marc-André ter Stegen und Oliver Baumann müssen sich darauf einstellen, immer nur Manuel Neuer zuschauen zu dürfen.