Viel Zeit bleibt nicht mehr für die äußerst schwierigen Verhandlungen über den Bundeshaushalt 2025. Finanzminister Lindner bekräftigt seinen Sparkurs. SPD-Politiker wollen keinen Sparhaushalt.
Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) hat mit Blick auf die schwierigen Haushaltsberatungen für das Jahr 2025 Nachbesserungen beim Bürgergeld gefordert. „Die Erwartungen an das Bürgergeld haben sich angesichts der praktischen Erfahrungen nicht alle erfüllt. Deshalb muss nach meiner Überzeugung nachgearbeitet werden“, sagte Linder der „Rheinischen Post“ vor dem Hintergrund einer Kostensteigerung beim Bürgergeld. „Manche scheinen das Bürgergeld als eine Form des bedingungslosen Grundeinkommens missverstanden zu haben.“ So sei es aber nicht gemeint.
Lindner sieht bei den Koalitionspartnern SPD und Grüne „eine Bereitschaft zum Gespräch“ zu diesem Thema. Er erklärte: „Die Mehrheit der Bürgerinnen und Bürger empfindet es als ungerecht, wenn der Unterschied zwischen Arbeiten und Nicht-Arbeiten zu gering ist. Wer soziale Leistungen in Anspruch nimmt, sollte sich bemühen, wieder in Arbeit zu kommen.“ Das Bürgergeld, der Nachfolger von Hartz IV, war zum 1. Januar 2023 eingeführt worden.
Neuer Etat Anfang Juli im Kabinett
Die rot-grün-gelbe Bundesregierung von Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) steht wegen der von der Schuldenbremse auferlegten Sparzwänge einerseits und der Ausgabenwünsche der Ministerien andererseits vor besonders schwierigen Verhandlungen über den Haushalt für das kommende Jahr. Anfang Juli soll das Kabinett den Etat beschließen. Für Sonntag wurde nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur eine Sondersitzung des SPD-Präsidiums angesetzt. Am selben Tag treffen sich Scholz, FDP-Chef und Finanzminister Lindner und Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), um über den Bundeshaushalt 2025 zu beraten.
Lindner bekräftigte in dem Interview, dass die Schuldenbremse gilt. „Das sage ich zu. Denn Schulden sind ja auch eine Belastung des zukünftigen Steuerzahlers in Form von Zinsen.“ Hingegen forderten SPD-Politiker wiederholt ein Aussetzen der Schuldenbremse und Steuererhöhungen, um den neuen Etat zu finanzieren. Lindner machte klar: „Wir haben einen Koalitionsvertrag. Zentrale Bedingung der FDP für den Eintritt in die Regierung Scholz war, dass es keine Steuererhöhungen und dass es nach den enormen Corona-Schulden eine Rückkehr zur Schuldenbremse gibt.“ Die FDP kündige diesen Koalitionsvertrag nicht – „andere stellen ihn fortwährend infrage“, sagte er auf eine Frage zur Zukunft der Ampel.
SPD-Politiker fordern klare Kante des Kanzlers
Zugleich erwarten SPD-Politiker nach der historischen Schlappe ihrer Partei bei der Europawahl, dass Scholz in der Koalition offensiver für Kernanliegen der SPD eintritt. Der Parteilinke und Bundestagsabgeordnete Tim Klüssendorf sagte der „Süddeutschen Zeitung“: „Wir brauchen einen Plan B, wenn es am 3. Juli Spitz auf Knopf steht und Olaf Scholz keine 30 Milliarden Einsparungen mitmachen kann, Christian Lindner sich aber ebenfalls nicht bewegt. Denn einen solchen Sparhaushalt wird es mit uns nicht geben.“ Am 3. Juli soll der Etat im Kabinett gebilligt werden. Mit einem Sparkurs nach dem Wunsch der FDP in das Bundestagswahljahr 2025 zu gehen, wird laut „Süddeutscher Zeitung“ SPD-intern als „Sargnagel“ und weiteres Konjunkturprogramm für die AfD beschrieben.
Lindner machte deutlich, dass der 3. Juli für den Kabinettsbeschluss zum neuen Etat für ihn nicht in Stein gemeißelt ist. „Der 3. Juli wäre der übliche Termin“, sagte er. „Aber in der Abwägung ist mir ein präzise konzipiertes und gutes Ergebnis wichtiger als ein schnelles.“
Lindner behält sich Nachtragsetat für 2024 vor
Der Minister äußerte sich auch zu einem möglichen Nachtragshaushalt zum Etat 2024: „Wir schauen uns die Entwicklung von Steuereinnahmen und Staatsausgaben an. Wenn die sich zu stark auseinander entwickeln, bin ich zum Handeln verpflichtet.“ So habe das Wirtschaftsministerium etwa mitgeteilt, dass der Ökostrom neun Milliarden Euro teurer sein werde. „Sollten wir handeln müssen, so wäre einerseits eine Haushaltssperre denkbar“, erklärte er. „Die beträfe aber auch Investitionen und würde die Wachstumsschwäche unserer Wirtschaft verschärfen. Andererseits wäre es bei einem Nachtragshaushalt möglich, die konjunkturbedingt erlaubte Kreditaufnahme neu zu berechnen.“ Die Regierung von Hendrik Wüst (CDU) in Nordrhein-Westfalen habe das gerade getan, „das behalte ich mir auch vor“.
Die Schuldenbremse wurde 2009 nach der globalen Finanzkrise im Grundgesetz verankert. Demnach dürfen Bund und Länder ihre Haushaltsdefizite nicht mehr durch die Aufnahme von Krediten ausgleichen. Während für die Länder ein absolutes Verschuldungsverbot gilt, hat der Bund einen kleinen Spielraum. Nach jahrelangen Ausnahmen, auch wegen Corona, hält der Bundeshaushalt für das laufende Jahr die Schuldenbremse bislang wieder ein.