Ermittlungen gegen Petr Bystron: Nach den Gerichtsniederlagen dieser Woche gerät die AfD durch die Durchsuchungen bei ihrem EU-Kandidaten noch stärker in die Defensive. Doch die Konkurrenz sollte sich nicht zu früh freuen.
Jetzt wird es wirklich ernst für Petr Bystron. Auf Antrag der Generalstaatsanwaltschaft München hat der Bundestag die Immunität des AfD-Abgeordneten aufgehoben. Noch am Donnerstag wurden sein Berliner Büro sowie Wohnungen und Büros in Bayern und auf Mallorca durchsucht.
Der Anfangsverdacht lautet auf Bestechlichkeit und Geldwäsche. Wie der stern erfuhr, wird Bystron beschuldigt, eine sogenannte Unrechtsabsprache getroffen zu haben: Er soll im Bundestag bei Abstimmungen und Reden auch deshalb russlandfreundliche Positionen eingenommen haben, weil er dafür bezahlt wurde.
Bundestag genehmigt Durchsuchungen bei AfD-Politiker Bystron
Dieser direkte Bezug zur parlamentarischen Arbeit ist juristisch zwingend notwendig. Denn laut den bisherigen Regeln und der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs galt ein Abgeordneter nur dann als bestechlich, wenn er Geld im Rahmen der „Wahrnehmung seines Mandats“ annahm.
Zwar war kürzlich der einschlägige Paragraf im Strafgesetzbuch im Nachgang der ungesühnten Maskenskandale aus der Corona-Zeit verschärft worden. Aber der Passus lässt sich wohl noch nicht auf Bystron anwenden, da die mutmaßliche Tat länger zurückliegt.
Die Einerseits-Andererseits-Taktik der AfD
So oder so sind die Ermittlungen für die AfD der nächste, schwere Schlag. Bystron steht auf Platz zwei der Parteiliste für die Europawahl, die in gut drei Wochen stattfindet – hinter dem Spitzenkandidaten Maximilian Krah, dessen Mitarbeiter Jian G. in Untersuchungshaft sitzt, weil er im Verdacht der Spionage für China steht.
Die AfD-Fraktionsspitze reagierte am Donnerstag mit ihrer bekannten Einerseits-Andererseits-Taktik. Einerseits sei dies „ein schwerwiegender Vorgang“, teilten Alice Weidel und Tino Chrupalla mit. Andererseits gebe es „für die seit Wochen erhobenen Vorwürfe gegen Herrn Bystron keine Belege“.
Danach folgte das übliche Raunen über eine angebliche politische Verschwörung gegen die AfD. Man hoffe, erklärten Weidel und Chrupalla, „auf einen raschen Abschluss der Ermittlungen“. Sonst könne der Verdacht entstehen, „dass hier versucht wird, durch Behörden und weisungsgebundene Staatsanwaltschaften den Europawahlkampf zu beeinflussen“.
Tatsächlich gibt noch keinen öffentlich einsehbaren Beweis für den Verdacht, dass Bystron Geld aus russischen Quellen annahm. Die Unschuldsvermutung gilt. Doch nach übereinstimmenden Informationen mehrerer unabhängig voneinander agierender Medien besitzt der tschechische Geheimdienst Aufnahmen, die belegen sollen, dass der Abgeordnete eine hohe Summe in bar erhielt.
Der verheerende Verdacht des Landesverrats
Abgewickelt wurde die mögliche Zahlung mutmaßlich über die prorussische Propagandaplattform „Voice of Europe“, der Bystron Interviews gab. Auch Krah hatte mit dem Medium Kontakt – wozu wiederum die Geschichte passt, dass er laut FBI von einem prorussischen Aktivisten eine Mitteilung erhielt, in der von „Kompensationen“ für „technische Ausgaben“ die Rede war.
Beide Politiker bestreiten jegliche Vorwürfe vehement. Nie hätten sie Geld angenommen, sagen sie. Bystron sprach gar von einer „globalistischen Kampagne“ gegen sich.
Doch sogar in der AfD wird eingeräumt, dass die Indizien ein verheerendes Gesamtbild ergeben. Ausgerechnet die Spitzenkandidaten jener Partei, die sich als einzige Vertreterin der nationalen Interessen Deutschlands geriert, stehen im akuten Verdacht, fremden Mächten zu dienen. Und ausgerechnet die Partei, die ihre Konkurrenten gerne mal als „Volksverräter“ bezeichnet, könnte Landesverräter in ihrer vordersten Reihe haben.
Hinzu kommen die Gerichtsentscheidungen dieser Woche. Am Montag befand das Oberverwaltungsgericht Münster, dass der Verfassungsschutz die Bundes-AfD zu Recht als sogenannten Verdachtsfall eingestuft hat. Und am Dienstag verurteilte das Landgericht Halle den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke zu einer Geldstrafe, weil er die SA-Parole „Alles für Deutschland“ auf einer Kundgebung gerufen hatte.
Die zentrale politische Frage ist nun, ob die AfD auch diesmal mit ihren bewährten Opfererzählungen und Verschwörungsmythen durchkommt. Die Umfragen legen ein vorsichtiges Nein zumindest nahe. Doch eine verbindliche Antwort werden erst die Europa- und Kommunalwahlen geben. Bislang jedenfalls hat die AfD noch alle Skandale überstanden.