Döbeln in Sachsen: Nach Mord an Neunjähriger: Was zum Fall Valeriia (nicht) bekannt ist

Der Schock über das Geschehene sitzt immer noch tief im sächsischen Döbeln. Die vermisste neunjährige Valeriia wurde ermordet, der Täter ist nicht gefasst. Und auch weitere Fragen zu dem Fall sind offen.

Eine Gewissheit herrscht: Die neunjährige Valeriia aus Döbeln ist tot. Das gaben Polizei und Staatsanwaltschaft am Mittwoch auf einer Pressekonferenz bekannt. Doch auch zwei Tage später sind in dem Fall noch viele Fragen offen – insbesondere die nach dem Täter und seinem Motiv. Was bisher bekannt ist – und was nicht:

Was ist mit Valeriia geschehen?

Das Mädchen aus Döbeln wurde ermordet. Die Neunjährige verschwand am Montag vor einer Woche spurlos auf dem Weg zur Schule. Tagelang wurde nach ihr gesucht, ehe Polizisten am Dienstag ihren Leichnam in einem Waldstück in der Nähe ihres Wohnortes entdeckten. Wie genau Valeriia umgebracht wurde, verraten die Polizei und Staatsanwaltschaft nicht – aus „ermittlungstaktischen Gründen“. Sicher ist nur: Sie ist nicht Opfer eines Sexualdelikts geworden.

Wie sind die Reaktionen auf den Tod des Mädchens aus Döbeln?

Die Menschen in Döbeln und darüber hinaus sind erschüttert von dem Mord an Valeriia. „Unsere Gedanken sind bei der Familie, die jetzt ganz viel Kraft braucht. Döbeln ist erschüttert“, erklärte der Oberbürgermeister der 25.000-Einwohner-Stadt in Mittelsachsen, Sven Liebhauser. Ein für das Wochenende geplantes Stadtfest wurde abgesagt, stattdessen soll es an diesem Freitag auf dem Obermarkt eine Gedenkveranstaltung geben. In der Nähe von Valeriias Zuhause türmen sich Blumen, Kerzen, Briefe und Kuscheltiere auf dem Bürgersteig. Ihre Mitschülerinnen und Mitschüler werden von Psychologen betreut. Auch Sachsen Ministerpräsident Michael Kretschmer bekundete seine Trauer. „Wir alle sind in Gedanken bei der Familie und ihren Freunden“, schrieb er.

Döbeln am Tag danach 15.12

Wie geht es Valeriias Umfeld?

Die 33-jährige Mutter war 2022 mit ihrer Tochter vor dem Krieg aus der Ukraine nach Deutschland geflohen. Der Vater ist weiterhin in der Heimat, wurde dort über den gewaltsamen Tod Valeriias informiert. Die Mutter wird laut Polizei psychologisch betreut. Sie ist von der Öffentlichkeit abgeschirmt. Vor dem Wohnhaus haben sich Medienberichten zufolge Polizeikräfte postiert. Das Geschehene zu verstehen werde für Mutter und Vater eine Weile dauern, meint Trauerbegleiterin Petra Meyer im stern-Interview. Der Weg zurück ins Leben für die Angehörigen sei schwer. „Eltern geben sich immer die Schuld. Egal wie das Kind gestorben ist. Man kann das einfach nicht akzeptieren. Das geht nicht. Man sucht eine Erklärung und fragt sich: Wie hätte ich es verhindern können? Was habe ich falsch gemacht?“

Interview Petra Meyer 13:19

Wie laufen die Ermittlungen?

Die Arbeit der Mordkommission in Chemnitz konzentriere sich zunächst auf den „sozialen Nahbereich“ der Familie, sagte Oberstaatsaanwältin Ingrid Burghart am Mittwoch, also auf Freunde, Bekannte, Angehörige. Es gebe „Thesen zum Motiv“. Laut „Bild“-Zeitung ist insbesondere der Ex-Partner von Valeriias Mutter im Visier der Ermittler. Er soll am Tag des Verschwindens des Mädchens von einer Überwachungskamera eines Nachbarhauses gefilmt worden sein, zudem sei sein Handy in einer Funkzelle in Döbeln eingeloggt gewesen. Der Mann soll sich nach Tschechien abgesetzt haben.

Oberstaatsanwältin Burghart wollte auf stern-Anfrage keinerlei Auskunft zum Ermittlungsstand und zum weiteren Vorgehen der Beamten geben. Schon kurz nach dem Fund der Leiche Valeriias verspach Chemnitz‘ Polizeipräsident Carsten Kaempf alles zu tun, um den Mörder des Mädchens zu fassen. „Das sind wir Valeriia und ihrer Familie schuldig.“

Gab es Pannen bei der Suche nach Valeriia?

Die Polizei sieht sich dem Vorwurf ausgesetzt, zu spät am Leichenfundort nach Valeriia gesucht zu haben. Eine Zeugin hatte am Tag von Valeriias Verschwinden Schreie im Bereich des Fundorts bemerkt und der Polizei zwei Tage später davon berichtet. Doch erst acht Tage nach dem Verschwinden wurde dort der Leichnam gefunden. Auf einer Pressekonferenz verteidigte die Polizei ihr Vorgehen. Der Hinweis habe nicht genauer eingegrenzt werden können und sei zu unspezifisch gewesen. Erst nach weiteren Zeugenvernehmungen habe man sich auf das Waldstück konzentrieren können. Fragen wirft auch das Verhalten der Schule auf. Obwohl Valeriia nicht zum Unterricht erschien, habe diese nicht unverzüglich die Mutter des Mädchens kontaktiert – und so mögliche frühzeitige Maßnahmen der Polizei verhindert. Die zuständige Aufsichtsbehörde kündigte eine Untersuchung und mögliche arbeitsrechtliche Schritte an. Auch die Polizei prüft den Vorgang.

Quellen: Polizeidirektion Chemnitz, Staatsanwaltschaft Chemnitz, Stadtverwaltung Döbeln, Michael Kretschmer, „Bild“-Zeitung, Nachrichtenagentur DPA