Konfettikanone an und rauf aufs Cover: Bei GNTM gab es diesmal zwei Gewinner, darunter zum ersten Mal einen Mann. Dass Lea und Jermaine die 100.000 Euro Preisgeld absahnten, war nicht erstaunlich. Dass Heidi Klum das Finale weiterhin selbst moderierte, hingegen schon.
Wenn sich ein älteres Ex-Model und ein alter Modedesigner miteinander unterhalten, kann es schon mal zu Kommunikationsstörungen kommen. Er, Wolfgang Joop, 79, der Philosoph unter den Haute-Couture-Schneidern, ein bisschen krummgebügelt im Gesicht, offenbar ist sein Schönheitschirurg im ähnlichen Alter. Sie, Heidi Klum, 51, Quasselstrippe aus Bergisch-Gladbach, weltweit gefürchtet für ihre Ausflüge außerhalb des Teleprompters.
Ob er die 19. Staffel denn verfolgt habe, fragte sie ihn, der als Ehrengast in der ersten Reihe saß. Joop: „Nee.“ – Klum: „Nee?“ – Er: „Also, kaum.“ – Sie: „Was denn jetzt? Nicht oder kaum?“ Dem armen Herrn Joop platzten vor lauter Rechtfertigungsdruck fast die Nähte hinterm Ohr, und einen Moment fürchtete man, das hört nie auf und geht jetzt immer so weiter. Bis ein Best-of-Joop-bei-GNTM-Einspieler dem Drama schließlich ein Ende setzte.
GNTM 2024 Finalisten Check 16.20
Die Finale von „Germany’s Next Topmodel“ sind stets gleich aufgeteilt: Die Catwalks und Showacts sind meistens top – der Rest ist immer Horror. Jedes Jahr bleibt Heidi Klum vor Aufregung die Spucke weg, was sie in ihrer sonderbaren Faszination für Körpersekrete auch jedes Jahr thematisiert (neben ihren „schwitzigen“ Händen). Dazu brutzelt ihr die Live-Situation offenbar auch jedes Jahr die letzte Hirnzelle weg. Wie eine KI, die anfängt zu halluzinieren, verrennt sie sich in den Gesprächen oder bricht sie abrupt ab. Oder sie kreischt oder kichert, so auf die exaltierte Art.
GNTM-Fotoshooting mit Bastian Schweinsteiger
Völlig unvorbereitet („Themenwechsel, meine Lieben!“) fragte sie gestern ihre hypernervösen Kandidaten nach ihren Spitznamen – natürlich nicht aus Interesse, sondern als sagenhaft lame Überleitung, wie sich gleich darauf herausstellte, weil sie es witzig fand, ihren Gast Bastian Schweinsteiger als „Schweini“ vorzustellen. Man muss kein Fußballkenner sein, um zu wissen, dass Schweinsteiger den Spitznamen „Schweini“ genauso hasst wie „Basti“. In einem heillos hohlen Talk fragte Klum ihn irgendwann, warum er denn nicht Bayern-Trainer geworden sei. Schweinsteiger: „Ich habe gar keinen Trainerschein.“ Klum: „Du kennst dich doch im Fußball aus, wofür brauchst du da einen Schein?“
Beim anschließenden Fotoshooting schoss Schweinsteiger Bälle auf ein Tor, die von den Models mehr oder weniger fotogen pariert werden sollten. Fabienne Urbach hob mal das rechte, mal das linke Bein, maximal underperforming wie Niklas Süle nach der Sommerpause, und erhielt von der Ein-Frau-Jury Klum dafür schlechte Zensuren. Sie flog in der Frauengruppe als erste aus dem Wettbewerb. Auch die Zwillinge Luka und Julian Cidic, deren Qualifikation für die Endrunde eh niemand verstanden hatte, mussten früh gehen. Ihr Walk war mehr ein Marsch spätpubertierender Pfadfinder, auch im Tor machten sie eher eine bockige Figur.
Heidi Klum verdient jeden Tag 100.000 Euro
Die wenigen wirklich magischen Momente des Abends waren den Designern, Szenenbildnern und Choreografen der Show zu verdanken. Fantastisch waren etwa die Kostüme des Briten Jack Irving – 25 Kilo schwere, im Inneren von kleinen Motoren betriebene Alien-Outfits mit riesigen Stacheln und rotierenden Tentakteln. Oder die Performances zur Musik des Dance-Duos Sofi Tukker. Da wehte ein Hauch von Mailand und Paris durch das kleine Studio in Köln, in dem nur Families & Friends zugelassen waren. Doch mit dem internationalen Glamour war es sofort vorbei, wenn Heidi Klum wieder das Mikrofon ergriff und Sätze sagte wie: „Wow, was für eine Show“ oder „Ihr habt das so dermaßen gerockt“. Zu dem Schauspieler Damian Hurley, der mit seiner Mutter Liz Hurley zu Gast war und sein Debüt als Regisseur vorstellte, sagte sie allen Ernstes: „Den Streifen muss ich mir unbedingt reinziehen.“
Dass sich bei den Männern am Ende Jermaine Kokoú Kothé gegen Linus Weber durchsetzte, ging in Ordnung. Es war das Duell facettenreiches Fashion-Model gegen glatten Dressman. Bei den Frauen hätte es auch andersherum ausgehen können. Wolfgang Joop pries die spätere Siegerin Lea Oude als „neue, alte Marlene“. Die zweitplatzierte Xenia Tsilikova fand er „ein bisschen french“, was durchaus als Kompliment zu verstehen war. 100.000 Euro strichen die beiden, neuen „Germany’s Next Topmodels“ jeweils ein. Das verdient Heidi Klum übrigens umgerechnet jeden Tag.