Acht Jahre nach dem Lkw-Anschlag in Nizza mit 86 Todesopfern sind die 18-jährigen Haftstrafen für zwei Bekannte des von der Polizei erschossenen Täters bestätigt worden. Die Richter bestätigten somit das Urteil aus erster Instanz und folgten nicht der Empfehlung der Staatsanwaltschaft, die 20 Jahre gefordert hatte. Die Anwälte der Angeklagten hatten vergeblich auf Freispruch plädiert.
Der 31 alte Tunesier Mohamed Lahouaiej-Bouhlel war am 14. Juli 2016 am französischen Nationalfeiertag mit einem 19-Tonnen-Lastwagen in eine Menschenmenge auf der Uferpromenade von Nizza hineingefahren. Er fuhr dabei absichtlich Zickzack, um möglichst viele in den Tod zu reißen und zu verletzen. Zu den 86 Toten zählten auch drei Berlinerinnen, eine Lehrerin und zwei ihrer Schülerinnen, die auf Klassenfahrt waren.
Die Anwältin einer Deutschen, die ihre Tochter bei dem Attentat verlor, zeigte sich zufrieden mit dem Urteil: „Sie wollte, dass die Täter noch lange nicht rauskommen. Diese Sorge ist nun vorbei“, sagte Alexandra de Brossin de Méré nach der Urteilsverkündung. Die Mutter der getöteten Berliner Lehrerin hingegen reagierte enttäuscht. „Ich hätte mir die Höchststrafe von 20 Jahren gewünscht“, sagte Barbara Bielfeldt.
Der 48 Jahre alte Franko-Tunesier Mohamed Ghraieb und der 44 Jahre alte Tunesier Chokri Chafroud hatten dem Täter nach Ansicht der Richter bei der Beschaffung einer Waffe und beim Mieten des Lastwagens geholfen.
Während des Prozesses wurden Nachrichten vorgelesen, die Chafroud dem Täter geschickt hatte. „Los, belade den Laster mit 2000 Tonnen Eisen und halt drauf“, hatte er ihm drei Monate vor dem Anschlag geschrieben. Die Staatsanwaltschaft ging davon aus, dass der Täter sich davon hat motivieren lassen.
Es wurde zudem ein Video gezeigt, das Ghraieb am Morgen nach dem Anschlag von sich selbst auf der Uferpromenade gemacht hat. „Ich war müde und wollte das Meer sehen“, sagte der Angeklagte dazu.
Die beiden Angeklagten waren auch mit dem Täter vor der Tat im Lastwagen gefahren. Die Anklage war allerdings von der Darstellung abgerückt, dass es sich dabei um eine Erkundung des Anschlagsortes gehandelt habe.
Insgesamt hatten sich 2500 Menschen als Nebenkläger gemeldet. Erstmals sagte auch Minderjährige aus. „Es war ein Horrorfilm“, so erinnerte sich der heute 13 Jahre alte Landy, der damals fünf war. An dem Abend waren etwa 3000 Kinder auf der Uferpromenade, 700 von ihnen wurden später psychologisch betreut. Der Täter hatte den Lastwagen auch gezielt auf einen Bonbonstand zu gesteuert, um den sich mehrere Kinder geschart hatten.
Die Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) hatte den Anschlag später für sich reklamiert. Eine Verbindung des Täters zu irgendeiner Organisation hatte sich jedoch nicht nachweisen lassen. Lahouaiej-Bouhlel war von Gewalt fasziniert und von Sex besessen gewesen. Er hatte sich erst wenige Monate vor dem Anschlag der Ideologie des Dschihadismus verschrieben.
Der Anschlag von Nizza diente möglicherweise auch als Modell für den Anschlag des Tunesiers Anis Amri auf dem Weihnachtsmarkt am Berliner Breitscheidplatz wenige Monate später.
Sechs weitere Angeklagte, die in erster Instanz unter anderem wegen Waffenhandels zu Haftstrafen zwischen zwei und zwölf Jahren verurteilt worden waren, verzichteten darauf, in Berufung zu gehen.