Die Arbeit der Treuhand in den 1990ern ist umstritten, in Ostdeutschland verbinden sie viele mit Massenarbeitslosigkeit. Im Landtag zeigten sich ganz unterschiedliche Bewertungen.
In einer teils emotionalen Debatte haben die Abgeordneten des Thüringer Landtags die Arbeit der Treuhand unterschiedlich bewertet. Der Linke-Wirtschaftspolitiker Andreas Schubert warf der Treuhand am Donnerstag im Thüringer Landtag vor, unter „Inkaufnahme krimineller Machenschaften die Hochdruckprivatisierung volkseigener Betriebe“ durchgesetzt zu haben. Dabei sei es zu einer gigantischen Vermögensumverteilung gekommen. „85 Prozent aller Privatisierungen sind durch Westdeutsche erfolgt“, sagte Schubert.
Privatisiert und abgewickelt
Grund für die Debatte war der Abschlussbericht des Treuhand-Untersuchungsausschusses. Das Gremium arbeitete seit April 2022, 61 Zeuginnen und Zeugen wurden angehört, darunter zahlreiche Wissenschaftler, Zeitzeugen und Sachverständige. Einer der Schwerpunkte im Ausschuss waren die Privatisierungsvorgänge rund um das Kalibergwerk Bischofferode.
Mit dem Ende der DDR sollte die Planwirtschaft in die Marktwirtschaft der BRD überführt werden. Die Treuhand war Anfang der 1990er Jahre im Auftrag des Finanzministeriums für die Privatisierung der volkseigenen Betriebe der DDR zuständig. Die Institution wird in Ostdeutschland teils heftig kritisiert, weil viele der verkauften Betriebe geschlossen oder stark geschrumpft wurden und Millionen Arbeitsplätze wegfielen. Der Treuhand wurde auch vorgeworfen, dass westdeutsche Käufer bevorzugt und teils keine angemessenen Preise erzielt worden seien. Ihr erster Direktor Detlev Rohwedder wurde 1991 bei einem Attentat ermordet.
Spannungsverhältnis zur Landesregierung
Der Ausschussvorsitzende Olaf Müller (Grüne) sagte, das Zusammenwirken der Treuhand und der Landesregierung habe zwischen Kooperation und Konflikt gependelt. Es habe ein nicht „selten akutes Spannungsverhältnis“ gegeben zwischen dem „Privatisierungsauftrag der Treuhand einerseits und dem Auftrag zur Landesentwicklung seitens der Landesregierung andererseits.“
Mehrere Ausschussmitglieder betonten, dass keinesfalls alle Aspekte des Agierens der Treuhand berücksichtigt werden konnten. Müller stellte in Frage, ob ein Untersuchungsausschuss das richtige Format dafür sei, das Agieren der Treuhand zu beleuchten.
Massenarbeitslosigkeit mit Folgen
Schubert bezeichnete die Treuhandanstalt als eine Art Nebenregierung ohne demokratische Legitimierung. Sie habe „eine ganze Volkswirtschaft einfach abgewickelt“, beklagte der Linke-Politiker. Dies habe zu einer Massenarbeitslosigkeit und einer Deindustrialisierung ganzer Regionen geführt. Thüringen habe bis heute mit den Folgen zu kämpfen – etwa mit einer „zugespitzten demografischen Schieflage und einer sehr kleinteiligen Unternehmensstruktur“, wie Schubert sagte.
Der FDP-Politiker Dirk Bergner warnte vor einer einseitigen Betrachtung der Treuhand-Arbeit. „Ja, es gab auch Fehlentscheidungen, logisch. Aber nur so zu tun, als läge die Ursache nicht in dem überwiegend maroden Zustand der DDR-Wirtschaft am Ende des Sozialismus, das wäre Geschichtsklitterei“, sagte er.
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