Fried – Blick aus Berlin: Scholz und die EM: Was versteht der Kanzler überhaupt von Fußball?

Bundeskanzler pflegen zum Fußball gern ein enges Verhältnis. Olaf Scholz nicht. Unser Autor weiß, warum es besser ist, dass er nicht zum ersten Spiel der EM kommen wird.

Olaf Scholz kommt nicht zum ersten Spiel der Nationalmannschaft bei der Fußballeuropameisterschaft. Internationale Verpflichtungen. Das ist – bei allem Respekt – eine gute Nachricht für Deutschland. Denn Scholz‘ Bilanz als Glücksbringer ist nicht sehr ermutigend.

Drei Länderspiele hat Scholz bislang besucht: Das Finale der Frauen-EM 2022 verlor Deutschland in London unter seinen Augen mit 1:2. Im Februar 2023 erreichten die Damen in einem Testspiel gegen Schweden ebenso wie die deutschen Männer jüngst gegen die Ukraine nur ein 0:0. Wenn Scholz dabei ist, hapert’s im Sturm.

Die Kanzler und die Kickerei: Helmut Kohl trat gern gegen den Ball und strahlte 1990 nach dem Gewinn des Weltmeistertitels in Rom an der Seite von Bundestrainer Franz Beckenbauer. Gerhard Schröder kam als Junge zum TuS Talle, wo er sich den Spitznamen „Acker“ erwarb – „weil ich mich immer voll reingehängt habe“. Angela Merkel sah 1974 als Studentin in Leipzig ihr erstes Länderspiel im Stadion: DDR gegen England 1:1. Später jubelte sie auf der Tribüne und besuchte verschwitzte Männer in muffigen Kabinen. Bis heute ist sie mit Jürgen Klinsmann befreundet.

Jusos statt Fußballverein 

Scholz pflegt zum Fußball keine enge Beziehung. In einem Podcast hat er angekündigt, so viele EM-Spiele wie möglich zu schauen, aber nicht alle im Stadion, sondern auch mit Bratwurst im Garten. Er sei kein „Oberexperte“. Einer, der mit ihm schon im Stadion saß, fasst es so zusammen: Das theoretische Prinzip des Abseits sei dem Kanzler geläufig – ob er es auf dem Spielfeld sofort erkennen würde, sei aber nicht gewiss.

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Obwohl der Vater und beide Brüder gern kickten, las der junge Olaf Scholz lieber Karl May. Er war ein guter Schüler, nur im Sport setzte es regelmäßig eine Vier. Mit 17 trat der Gymnasiast den Jusos bei, aber nie einem Fußballverein.

Als junger Mann ging Scholz ab und an zum Hamburger Sport-Verein ins Volksparkstadion. „Ich habe richtig mitgefiebert, auch wenn ich kein klassischer Fußballfan bin“, hat er einmal der „FAS“ erzählt. Als Innensenator kam er erstmals beruflich mit dem Fußball in Berührung: Im August 2001 besuchte er das Bundesligaspiel FC St. Pauli gegen Hansa Rostock. Umgeben von sechs Leibwächtern verfolgte der Dienstherr die Arbeit Hunderter Polizisten, die Randale zwischen den Fangruppen verhindern sollten.

Olaf Scholz, „der HSV unter den Regierungschefs“

Als Erster Bürgermeister gab Scholz sich ausgewogen. Im Mai 2015 besuchte er kurz hintereinander die Mannschaften des Bundesligisten Hamburger SV und des Zweitligisten FC St. Pauli im Training. Beide Teams kämpften damals gegen den Abstieg. Diesmal half der Besuch des Bürgermeisters: Beide Vereine hielten die Klasse.

Drei Jahre später wünschte sich Scholz, mal wieder mit dem HSV eine Meisterschaft zu feiern. Er hoffe, „dass ich nicht ewig im Amt bleiben muss, um das noch einmal zu erleben“. Diese Frist war knapp bemessen: Nur sechs Wochen später ging Scholz als Finanzminister nach Berlin. Der Oppositionsführer in der Bürgerschaft wählte zum Abschied einen bemerkenswerten Vergleich: „Inspiration und Begeisterung“ habe man beim scheidenden Bürgermeister vergebens gesucht, lästerte CDU-Fraktionschef André Trepoll. Scholz sei „damit der HSV unter den Regierungschefs gewesen“.

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Von Trepoll hörte man danach nicht mehr viel. Scholz wurde immerhin Kanzler. „Schaut nicht auf andere, denkt nicht darüber nach, was andere denken.“ Diesen Rat gab er jetzt der Nationalmannschaft. Mit anderen Worten: Sie sollen spielen, wie er regiert. Nun denn.

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