Nach fünf Verhandlungstagen zeichnet sich eine Einigung im VW-Tarifstreit ab. Die Verhandler hoffen, dass die Zitterpartie vor Weihnachten endet. Sonst drohen Streiks.
In der Tarifrunde bei Volkswagen haben sich der Vorstand des Autobauers und der Betriebsrat einem Bericht zufolge grundsätzlich auf ein milliardenschweres Sparprogramm geeinigt. Wie das „Handelsblatt“ am Freitag unter Berufung auf mit den Vorgängen vertraute Quellen berichtete, wird damit das avisierte Sparziel erreicht, das zuletzt bei vier Milliarden Euro gelegen hatte. Weniger drastisch als erwartet sollen die Einschnitte im Fabriknetzwerk ausfallen.
Dem Kompromiss zufolge sollen laut „Handelsblatt“ für das Werk Osnabrück ein Käufer gefunden und die kleinere Fertigung in Dresden umgewidmet oder geschlossen werden. Eine Schließung der Fabriken in Zwickau oder Emden soll vom Tisch sein, berichtete die Zeitung weiter.Anpalagan VW 18.05
Final ist diese Einigung jedoch noch nicht, wie es weiter hieß, da die zuständigen Gremien noch zustimmen müssen. So wollten am Freitagnachmittag der Vorstand, das Präsidium des Aufsichtsrats sowie die Tarifkommission der Arbeitnehmerseite über die ausgehandelten Lösungen beraten. „Es kann also noch scheitern“, zitierte das „Handelsblatt“ aus Kreisen der Unterhändler.
Ohne Einigung bei VW drohen Streiks im neuen Jahr
Die fünfte Verhandlungsrunde in dem Konflikt läuft seit Montag. Beide Seiten haben mehrere Nächte durchverhandelt, nur unterbrochen durch kurze Schlafpausen. Es ist der längste Verhandlungsmarathon in der Geschichte von Volkswagen. Die IG Metall machte am Donnerstagabend das VW-Management für die Zitterpartie verantwortlich. „Der Verhandlungsprozess hakt insbesondere in den internen Abläufen der Arbeitgeberseite“, teilte die Gewerkschaft mit. Ziel sei es weiterhin, eine Lösung vor Weihnachten zu finden. „Wir erwarten nun, dass das Unternehmen schnellstmöglich interne Klarheit schafft!“.
Hauptstreitpunkte waren zuletzt vor allem die Zukunft der Werke und die Beschäftigungssicherung. Betriebsratschefin Daniela Cavallo hat wiederholt deutlich gemacht, dass es mit ihr keine Werksschließungen geben werde. Es gebe ein Paket, die Lösungen lägen auf dem Tisch, hieß es aus Unternehmenskreisen. Das gelte auch für die Frage der Werke und der Beschäftigungssicherung. Entscheidend sei, dass die Verträge auch rechtlich korrekt abgeschlossen würden.
Der Vorstand um Konzernchef Oliver Blume verlangt in dem Konflikt unter anderem eine Lohnkürzung von zehn Prozent und droht mit Werkschließungen. Finanzchef Arno Antlitz verwies wiederholt auf massive Überkapazitäten: Auf dem europäischen Automarkt würden dauerhaft zwei Millionen Autos weniger verkauft als vor der Pandemie. Für VW bedeute das, dass etwa 500.000 Fahrzeuge pro Jahr fehlten – das entspricht der Produktion von zwei größeren Werken.PAID Elektroauto VW E-Up_9.40Uhr
Unterstützt wird der Sparkurs von den Familien Porsche und Piech, die die Mehrheit an dem Wolfsburger Autobauer halten. VW-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch, der auch die familieneigene Porsche SE leitet, erklärte vor Beginn der laufenden Verhandlungsrunde am Montag, die Porsche SE-Führung sowie die Familien ermutigten die VW-Führung zu Einsparungen und einer Restrukturierung. „Wir sind davon überzeugt, dass VW in der Lage ist, sein Geschäft anzupassen und sich in diesem herausfordernden Wettbewerbsumfeld zu behaupten.“
Sollte es nicht gelingen, bis Weihnachten eine Einigung für die rund 130.000 VW-Mitarbeiter zu erzielen, drohen ab Januar Streiks. Schon in den vergangenen Wochen hatten sich an zwei Warnstreiks nach Gewerkschaftsangaben jeweils rund 100.000 VW-Mitarbeiter beteiligt. Ein längerer Streik könnte für Volkswagen teuer werden. UBS-Analyst Patrick Hummel bezifferte den möglichen Umsatzausfall auf bis zu 100 Millionen Euro pro Tag. „Das Risiko weiterer Streiks im ersten Quartal 2025 ist signifikant und könnte unserer Einschätzung nach möglicherweise Auswirkungen auf die Gewinnprognose für das Gesamtjahr haben.“