Laut Familienministerium verwenden Frauen aktuell täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer. Damit sich das ändert, sieht eine Soziologin die Regierung in der Pflicht.
Die Chancen für mehr Väter-Engagement bei der Kinderbetreuung stehen aus Expertensicht gut – wenn die Politik liefert. „In allen unseren Befragungen sagen Väter, sie würden mehr Zeit für ihre Kinder verwenden wollen“, sagte die Präsidentin des Wissenschaftszentrums Berlin für Sozialforschung (WZB), Jutta Allmendinger, der Deutschen Presse-Agentur. „Alle Mütter sagen, sie würden mehr Zeit für die Erwerbstätigkeit verwenden wollen. Aufbruchstimmung und Veränderungsbereitschaft sind also da.“
Der Status quo mit der deutlichen Mehrbelastung von Müttern bei der Care-Arbeit sei unter anderem auf die Politik zurückzuführen. „Auf der einen Seite sagen wir: Väter, geht auch in Elternzeit!“, sagte Allmendinger. „Auf der anderen Seite erhalten wir Strukturen, die das Gegenteil bewirken.“
Konkret meint die Soziologin etwa das „sehr teure Ehegattensplitting“, das bei großen Einkommensunterschieden Anreize dafür schaffe, dass Mütter nach der Geburt länger zu Hause blieben und später in Teilzeit arbeiteten. Zumindest sollte aus ihrer Sicht der Koalitionsvertrag umgesetzt werden. Darin festgeschrieben sind eine Familienstartzeit und mehr Vätermonate. Angedeutet sei zudem ein Einstieg in den Ausstieg aus dem Ehegattensplitting.
Im Jahr 2022 waren laut Statistischem Bundesamt nur 1,9 Prozent der Väter, deren jüngstes Kind unter sechs Jahren ist, in Elternzeit. Bei den Müttern war es gut ein Viertel. Dem Bundesfamilienministerium zufolge verwenden Frauen zudem aktuell täglich 44,3 Prozent mehr Zeit für unbezahlte Sorgearbeit als Männer.