Knapp drei Monate nach der Landtagswahl in Brandenburg hat das Parlament in Potsdam Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) im zweiten Wahlgang in seinem Amt bestätigt. Für den 63-Jährigen an der Spitze einer Koalition aus SPD und dem Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) stimmten am Mittwoch 50 Abgeordnete, womit Woidke die nötige absolute Mehrheit von 45 Stimmen übertraf. Woidke nahm die Wahl an und wurde von Landtagspräsidentin Ulrike Liedtke (SPD) vereidigt. Im Anschluss wurden die künftigen Ministerinnen und Minister ernannt und vereidigt – mit einer Ausnahme.
Woidke, der seit 2013 Ministerpräsident des Landes ist, war im ersten Wahlgang zunächst gescheitert, weil nur 43 der anwesenden 87 Abgeordneten für ihn stimmten. Im zweiten Wahlgang erhielt er hingegen offensichtlich auch Stimmen aus der Opposition. Die SPD und das BSW, welche die künftige Koalition bilden, haben zusammen 46 Sitze im Brandenburger Parlament. Die AfD hat 30 Sitze, die CDU zwölf. Ein AfD-Abgeordneter fehlte in der Sitzung. Die Wahl war geheim.
CDU-Landtagsfraktionschef Jan Redmann warf Woidke vor, er habe sich auch mit Stimmen der AfD wählen lassen. „Aus der CDU gab es keine Zustimmung für diese Koalition“, erklärte er. „Dietmar Woidke ist nach Thomas Kemmerich der zweite Ministerpräsident, der mit den Stimmen der AfD ins Amt kommt“, erklärte Redmann mit Blick auf die Wahl des FDP-Politikers in Thüringen im Jahr 2020. Vor der Landtagswahl habe sich die SPD noch als Bollwerk gegen die AfD inszeniert. Heute mache sie „mit dieser Partei einen Kuhhandel um Stimmen“, erklärte Redmann.
Der BSW-Fraktionsvorsitzende Robert Crumbach teilte nach der Wahl mit, es sei „eine große Ehre und Verantwortung“ für das Bündnis Sahra Wagenknecht als junge Partei, nun die Geschicke des Bundeslandes mitzubestimmen. Der parlamentarische Geschäftsführer des BSW, Falk Peschel, kündigte an, dass seine Fraktion gesellschaftliche Gräben zuschütten und mit allen ins Gespräch kommen wolle. „Wir werden ein selbstbewusster Koalitionspartner sein – wir regieren, um das Land wirklich zu verändern.“
Nach seiner Wahl ernannte Woidke seine künftigen Kabinettsmitglieder – sechs aus den Reihen der SPD, drei vom BSW. Für die SPD ist der bisherige SPD-Landtagsfraktionschef Daniel Keller nun Minister für Wirtschaft, Arbeit, Energie und Klimaschutz. Das Ministerium für Justiz und Digitalisierung ging an den bisherigen Staatssekretär in der Staatskanzlei, Benjamin Grimm. Erneut zum Minister für Bildung, Jugend und Sport ernannt wurde Steffen Freiberg, Manja Schüle behielt ihr Amt als Ministerin für Wissenschaft, Forschung und Kultur. Kathrin Schneider bleibt Staatskanzleichefin.
Ebenfalls von der SPD besetzt wird das Ministerium für Land- und Ernährungswissenschaft, Umwelt und Verbraucherschutz. Die dafür vorgesehene SPD-Politikerin Hanka Mittelstädt kann aber erst vereidigt werden, wenn die notarielle Niederlegung ihrer „gesellschaftsrechtlichen Verpflichtungen“ erfolgt ist, wie sie selbst am Mittwochmorgen mitteilte. „Alle rechtlichen Voraussetzungen werden bis Ende der Woche erfolgt sein“, erklärte sie. Mittelstädt war bislang Geschäftsführerin der Ucker-Ei GmbH.
Beim BSW wurde Fraktions- und Parteichef Robert Crumbach zum stellvertretenden Ministerpräsidenten und Minister für Finanzen und Europa ernannt. Die frühere SPD-Landtagsabgeordnete Britta Müller übernahm das Ressort Gesundheit und Soziales. Das Amt des Ministers für Infrastruktur und Landesplanung bekam der bisherige Bürgermeister der Brandenburger Stadt Templin, Detlef Tabbert.
Bis auf Mittelstädt wurden alle Ministerinnen und Minister nach ihrer Ernennung von Landtagspräsidentin Liedtke vereidigt. Anschließend sollte die erste konstituierende Sitzung der neuen Landesregierung sowie die Ernennung der Staatssekretärinnen und Staatssekretäre erfolgen.
Die Landtagswahl am 22. September hatte die SPD knapp vor der AfD gewonnen. Da es für ein Zweierbündnis mit der CDU nicht reichte, Grüne und Linke aus dem Landtag ausschieden und die SPD eine Zusammenarbeit mit der AfD ausschloss, blieb nur die Option einer Koalition mit dem BSW. Der knapp 70 Seiten lange Koalitionsvertrag sieht unter anderem eine Begrenzung der Migration, den Erhalt von Klinikstandorten und mehr Polizisten vor.