Mehr als ein Vierteljahrhundert ist es her, dass sich die Bundespolitik letztmals so richtig das Postgesetz vornahm – seither gelten Regeln, die im Digitalzeitalter ziemlich verstaubt wirken.
Die Reform des veralteten Postgesetzes kommt voran. Vertreter der Ampel-Koalition im Bundestag gaben in Berlin bekannt, dass sie sich auf einen Kompromiss geeinigt haben. Das von SPD und Grünen geforderte Verbot von Sub-Subunternehmen – also der Weitergabe von ohnehin schon extern vergebenen Aufträgen – ist vom Tisch. Stattdessen setzen die Fraktionen auf relativ scharfe Kontrollpflichten.
Außerdem sollen die Subfirmen verpflichtet werden, unter anderem Informationen zur Arbeitszeit vorzuhalten. Behörden könnten diese Informationen mit den Daten vergleichen, die bei der Abgabe von Paketen erfasst wurden – und so Verstöße gegen das Arbeitszeitgesetz feststellen. Zuvor hatte das „Handelsblatt“ berichtet.
Unklarheit bei Paketen ab 20 Kilo
Strittig war zudem, ob Pakete ab 20 Kilo nur zu zweit ausgeliefert werden dürfen. Hier einigten sich die Koalitionsvertreter darauf, dass dies der Regelfall sein soll, außer wenn ein geeignetes technisches Hilfsmittel zur Verfügung steht. Dann ist auch die Ein-Personen-Zustellung zulässig. Welches Hilfsmittel das sein kann, soll das SPD-geführte Bundesarbeitsministerium in einer ergänzenden Verordnung binnen sechs Monaten klären.
„Besonders wichtig im Gesetz ist, dass wir den Arbeitsschutz im Paketbereich stärken und Maßnahmen gegen den Missbrauch bei der Paketzustellung ergreifen“, sagte der SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Roloff.
Postgesetz schon seit 1998 gültig
Das Postgesetz ist in seinen wesentlichen Teilen schon seit 1998 gültig. Es wurde also letztmals umfassend reformiert, als der Online-Handel noch in den Kinderschulen steckte und Briefe eine zentrale Rolle spielten in der Alltagskommunikation der Menschen. Seither hat sich die Nachfrage fundamental geändert – Briefe sind angesichts von Mails und Chatnachrichten aus der Mode gekommen, und die Anzahl der Pakete steigt seit langem.
Briefversand wird länger dauern
Weitgehend unstrittig war in den Verhandlungen der Ampel-Koalitionäre der Vorschlag der Bundesregierung, dass die Post künftig weniger Zeitdruck haben soll. Bisher muss sie 80 Prozent der Briefe am nächsten Werktag zustellen und 95 Prozent am übernächsten. Künftig soll dieser Pflichtwert erst am dritten Tag nach dem Einwurf in den Briefkasten greifen.
Durch diesen verminderten Zeitdruck kann die Post Kosten senken. Ihre nächtliche inländische Briefbeförderung im Flugzeug hat sie unlängst bereits eingestellt. Diese Inlandsflüge waren angesichts des CO2-Ausstoßes in puncto Klimaschutzes fragwürdig. Für den Verbraucher heißt das, dass er im Schnitt etwas länger warten wird auf einen Brief.
Ampel-Vertreter erleichtert
Die Postdienstleistungen würden ökologischer gestaltet, sagte die Grünen-Bundestagsabgeordnete Sandra Detzer. „Nachtflüge gehören der Vergangenheit an, und bis zu 80 Prozent der Emissionen können eingespart werden.“ Reinhard Houben von der FDP sagte, dass man mit dem neuen Postgesetz den Wettbewerb im Paketmarkt sicherstelle. „Davon profitieren Verbraucherinnen und Verbraucher.“
Das Postgesetz beweise die Handlungsfähigkeit der Koalition, hieß es in einer gemeinsamen Mitteilung von Grünen, SPD und FDP. „Die rot-grün-gelbe Koalition beweist ein weiteres Mal: Wir packen schwierige Themen an und machen dieses Land fit für die Zukunft“, so Detzer.
Nach der Einigung der Koalitionäre nach langen Verhandlungen soll es nun schnell gehen: Am Mittwoch soll der Gesetzesvorschlag in den Wirtschaftsausschuss des Bundestags und noch bis Ende der Woche ins Plenum kommen. Stimmt der Bundesrat im Juli zu, wäre das Gesetz noch vor der Sommerpause beschlossene Sache.