Koalition steht: Erste Brombeer-Koalition steht – neuer Regierungszuschnitt

Nach CDU und BSW hat auch die Thüringer SPD zugestimmt: Damit ist der Vertrag der ersten sogenannten Brombeer-Koalition perfekt. Auch die Verteilung der Ministerien ist bereits ausgehandelt.

Der Weg für die erste Koalition von CDU, BSW und SPD in Deutschland ist frei. Bei einer Mitgliederbefragung stimmte eine Mehrheit der Thüringer Sozialdemokraten für den Koalitionsvertrag des sogenannten Brombeer-Bündnisses, wie der SPD-Vorstand in Erfurt mitteilte. Parteitage von CDU und der Sahra-Wagenknecht-Partei BSW hatten den Regierungsvertrag, um den wochenlang gerungen wurde, bereits in den vergangenen Tagen gebilligt. Kurz nachdem der Regierungsvertrag perfekt war, erfolgte die Einigung über Zuschnitt und Verteilung der Ministerien.

Linker SPD-Flügel sieht Koalition kritisch

1.625 SPD-Mitglieder beteiligten sich laut Partei an der Online-Abstimmung, etwa 68 Prozent stimmten für den Koalitionsvertrag. Im Detail votierten 1.100 Mitglieder, mit Ja, 514 mit Nein und 11 enthielten sich. SPD-Landeschef Georg Maier sprach von einem deutlichen Votum angesichts der kontroversen Debatte. „Gut zwei Drittel der Teilnehmer haben dem Vertrag zugestimmt. Das ist eine klare Botschaft“, sagte Maier. „Die SPD übernimmt Verantwortung für das Land in schwierigen Zeiten. Wir wollen Politik gestalten und nicht nur aus der zweiten Reihe kommentieren.“ Insgesamt hat die SPD nach eigenen Angaben rund 3.400 Mitglieder in Thüringen.

Die CDU sprach von einem Meilenstein. „Diese breite Unterstützung bestätigt uns, dass wir im Geist der Kooperation einen Vertrag vorgelegt haben, der die richtigen Prioritäten setzt“, erklärte die CDU. Der ausgehandelte Koalitionsvertrag ist innerhalb der SPD allerdings umstritten. Vor allem der linke SPD-Flügel einschließlich der Jusos sieht Teile des Vertrags und die fehlende Mehrheit für die sogenannte Brombeer-Koalition kritisch und hätte lieber den Gang in die Opposition gewählt.

Zuschnitt der Ministerien steht fest 

Nun soll die CDU vier Ministerämter bekommen, die Wagenknecht-Partei drei und die SPD als kleinster Partner zwei. Damit bleibt es bei der bisherigen Zahl – die Ministerien werden allerdings größtenteils neu zugeschnitten. Das BSW erhält danach das Finanzministerium. Für das wichtige Ressort einschließlich der Zuständigkeit für die Kommunalfinanzen wird in Erfurt BSW-Landeschefin Katja Wolf gehandelt. Außerdem soll die junge Partei die Verantwortung für ein neu zugeschnittenes Ministerium für Digitales und Infrastruktur sowie das für Umwelt, Energie, Naturschutz und Forsten bekommen. 

Die CDU wird für Kernbereiche wie Wirtschaft, Bildung und Migration verantwortlich sein sowie den Minister in der Staatskanzlei stellen. Die SPD, die schon seit Jahren in Regierungsverantwortung steht, behält das Innenministerium und erhält das Sozialministerium. „Alle drei Partner haben so die Möglichkeit, ihre Handschrift deutlich zu machen und in ihren Ressorts das Beste für Thüringen herauszuholen“, erklärte CDU-Chef Mario Voigt.

Ministerpräsidentenwahl wird heikel

Nach dem SPD-Votum soll die Ministerpräsidentenwahl von Voigt voraussichtlich an diesem Donnerstag (12. Dezember) folgen. Sie gilt wegen eines Patts der Stimmen von Koalition und Opposition im Landtag als heikel. Welche Rolle die AfD mit ihrem Rechtsaußen Björn Höcke dabei spielen wird, ist noch offen. Die Wahl und die Berufung des Kabinetts sind die letzten Schritte zur Regierungsbildung nach der Landtagswahl Anfang September. Voigt will den langjährigen Amtsinhaber Bodo Ramelow von der Linken ablösen.

Linke stellt Bedingung für Voigts Wahl

Im Thüringer Parlament verfügen CDU, BSW und SPD über 44 Sitze, die AfD als stärkste Fraktion und die Linke als zweite Oppositions-Fraktion haben ebenfalls zusammen 44. Damit ist Voigt in den ersten beiden Wahlgängen bei der Ministerpräsidentenwahl auf mindestens eine Stimme der Opposition angewiesen. Erst im dritten Wahlgang reicht ihm die relative Mehrheit, die die Koalition hat.

Die Linke knüpft Stimmen für Voigt an eine schriftliche Vereinbarung. „Wenn es keine Vereinbarung gibt, gibt es keine Stimmen von uns für den Ministerpräsidentenkandidaten Mario Voigt“, sagte Linke-Fraktionschef Christian Schaft in Erfurt. Es gehe um eine Art Regelwerk für den Umgang miteinander. Ähnlich hatte sich auch Ramelow geäußert.

Die Linke will vereinbaren, dass bei der Ministerpräsidentenwahl sowie in der folgenden parlamentarischen Arbeit Kompromisse oder Mehrheiten nur unter den vier demokratischen Fraktionen gesucht werden – „um das Erpressungspotenzial der AfD auszuschließen“. CDU, BSW, SPD und Linke wollen laut Schaft an diesem Dienstag einen erneuten Anlauf starten. Bisher wurde eine Vereinbarung von der CDU jedoch abgelehnt.

Kontroverse über mögliche AfD-Stimmen

Seit Tagen wird darüber diskutiert, wie sich Voigt verhalten sollte, wenn die entscheidenden Stimmen in den ersten Durchgängen von der als rechtsextrem eingestuften Höcke-AfD kämen. BSW-Gründerin Sahra Wagenknecht vertrat beim Landesparteitag ihrer Partei am vergangenen Samstag die Auffassung, dass Voigt sich auch mit AfD-Stimmen wählen lassen könne. „Wir können doch nicht der AfD die Entscheidung darüber geben, ob jemand Ministerpräsident wird. Die Macht an Herrn Höcke auszuliefern, das wäre doch völlig verrückt.“

Auch innerhalb der Thüringer CDU wird diese Meinung vertreten – nicht aber in der SPD. Sie will das Risiko eine Ministerpräsidentenwahl mit AfD-Stimmen eigentlich nicht eingehen.