Nach dem Rekordergebnis bei der Europawahl sieht sich die AfD für die Landtagswahlen in Ostdeutschland gestärkt – und will mit einer neuen Delegationsleitung im Europaparlament zügig Gespräche über die Wiederaufnahme in die ID-Fraktion führen. Bei ihrer konstituierenden Sitzung verwehrte die neu gewählte Delegation am Montag dem umstrittenen Spitzenkandidaten Maximilian Krah die Aufnahme. Zum neuen Delegationsleiter wurde erwartungsgemäß der Listendritte René Aust gewählt.
Co-Parteichefin Alice Weidel nannte die Wahl vom Sonntag einen „guten Tag für die Demokratie“. Die 15,9 Prozent seien ein „tolles Ergebnis“, sagte Co-Parteichef Tino Chrupalla. Die Zugewinne hätten gezeigt, dass die Partei „ein breites Spektrum“ bediene. Weidel forderte mit Blick auf die Einbußen der Regierungsparteien baldige Neuwahlen im Bund – so wie zuvor bereits CSU-Chef Markus Söder.
Obwohl die AfD ihre Umfragewerte von mehr als 20 Prozent vom Beginn des Jahres nicht in Stimmen umwandeln konnte, wertet die Parteiführung das Ergebnis als klares Signal in Richtung der Landtagswahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg im September. Dieses gebe „Motivation“ und „Rückenwind“, sagte Chrupalla mit Blick auf die besonders hohen Europawahl-Ergebnisse der AfD in Ostdeutschland. „Wenn Sie sich die Ergebnisse in Sachsen ansehen, wissen Sie, wer den nächsten Ministerpräsidenten stellt“, fügte Weidel hinzu.
Die Parteichefin zeigte sich in den Ländern auch offen für eine Koalition mit dem BSW, das ebenfalls im Osten starke Ergebnisse einfuhr. „An uns soll es nicht liegen“, sagte Weidel. „Wir haben keine Brandmauer.“
Nach den Affären um Spitzenkandidat Krah räumte die Parteiführung aber auch Fehler ein. Dieser bleibe Mitglied der Partei, „insgesamt hat sich aber auch da gezeigt, welche Fehler wir im Wahlkampf gemacht haben“, sagte Chrupalla. Er nehme „Punkte wahr, wo wir hätten nachsteuern können“.
Weidel und Chrupalla wurde immer wieder vorgeworfen, sich aus Rücksicht vor radikalen Kräften in der Partei trotz inhaltlicher Differenzen und sinkender Umfragewerte nicht rechtzeitig von Spitzenkandidat Krah getrennt oder klar genug distanziert zu haben.
Mit René Aust hat nun ein enger Vertrauter des thüringischen Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten Björn Höcke eine Führungsposition in der AfD bekommen. Der stellvertretende Vorsitzende des als gesichert rechtsextremistisch eingestuften thüringischen Landesverband war 2019 als Direktkandidat in das Landesparlament in Erfurt eingezogen. Im September tritt er nicht erneut an.
Krah hatte wenige Wochen vor der Wahl mit verharmlosenden SS-Äußerungen für den Bruch mit der ID-Fraktion gesorgt. Nach seinem Rausschmiss aus der Delegation am Montag sagte er, acht der mit ihm 15 Abgeordneten hätten sich gegen ihn ausgesprochen. Er halte den Schritt für „strategisch falsch“. Ein Sprecher Krahs sagte, dieser werde dennoch „selbstverständlich“ im Parlament bleiben. Aufgenommen in die nun noch 14-köpfige Gruppe wurde hingegen trotz strafrechtlicher Ermittlungen gegen ihn der umstrittene Listenzweite Petr Bystron. Es gelte die Unschuldsvermutung, sagte Aust.
Mit der ID-Fraktion, der unter anderem der französische Rassemblement National (RN) angehört, strebt Aust nun baldige Gespräche zu einer Wiederaufnahme an. Laut Weidel geht die Partei „sehr selbstbewusst und mit größter Gelassenheit“ in die Verhandlungen. „Wenn man Erfolge hat, muss man sich nicht zusätzlich hübsch machen“, fügte Chrupalla hinzu.
Eine mögliche Zusammenarbeit in einer Fraktion müsse aber „auf Augenhöhe“ stattfinden, stellte Aust klar. Bis Anfang Juli müsse seine Delegation einer Fraktion beitreten oder eine eigene gründen. Krah sei rausgeworfen worden, „damit die Gespräche nicht überlagert werden“, sagte Aust weiter. Nun habe Krah „die Möglichkeit, außerhalb des Rampenlichts die Verhältnisse zu ordnen und alles, was im Raum steht, zu klären.“ Krah selbst wünschte Aust bei den Verhandlungen „selbstverständlich sehr viel Glück“.