Assads Fall: Er machte ein Selfie mit Angela Merkel – wie geht es ihm jetzt?

Ein Selfie mit Angela Merkel machte den Flüchtling Anas Modamani aus Syrien 2015 berühmt. Dem stern erzählt er, wie er jetzt die Befreiung seiner Heimat erlebte. 

Es war eines der Fotos vom Flüchtlingssommer 2015: Die Kanzlerin und das Selfie mit Anas Modamani. Der junge Syrer war vor Diktator Bashar al-Assad nach Deutschland geflüchtet. Im August besuchte Angela Merkel seine Flüchtlingsunterkunft in Berlin-Spandau. Modamani bat sie spontan um ein Selfie, ein Pressefotograf hielt die Szene fest, das Foto ging viral – und machte den Syrer berühmt.

Doch die Aufmerksamkeit hatte auch Schattenseiten. Nach den Anschlägen in Brüssel 2016 verbreiten Rechtsextreme auf Facebook, Modamani sei einer der Attentäter. Er klagte gegen Facebook, forderte die Löschung der Bilder, unterlag aber. 

Modamani lebt in Berlin.

Herr Modamani, wie haben Sie vom Sturz des Diktaturs Bashar al-Assad erfahren?
Ich habe in den vergangenen Tagen mein Smartphone nicht aus der Hand gelegt, habe kaum geschlafen, die ganze Zeit, die Nachrichten verfolgt. Ich hätte nicht gedacht, dass Damaskus so schnell eingenommen wird. Als dann die Nachricht kam, dass Assad außer Landes geflohen ist, war da eine Riesenfreude. 

Seit zehn Jahren die Familie in Syrien nicht gesehen

Wie geht es Ihnen?
Ich bin extrem glücklich. Am Sonntag war ich auf dem Moritzplatz in Berlin, um spontan die Befreiung Syriens zu feiern. Der ganze Platz und die Straßen waren voller syrischer Flaggen. Da waren nicht nur Syrer, sondern auch Deutsche, Türken, ganz viele Nationen. Alle haben gefeiert, dass das Land endlich frei ist. Syrien hat so lange gelitten. Assad ist der schlimmste Mensch der Welt, er war kein Präsident, sondern ein Mörder. 

Auf den Straßen Berlins feierte Anas Modamani am Sonntag die Befreiung Syriens.
© Privat

Wann waren Sie das letzte Mal in Syrien?
Vor zehn Jahren, vor meiner Flucht. Meine ganze Familie lebt immer noch in einem Vorort von Damaskus. Ich habe sie seither nicht mehr gesehen. Seit über zehn Jahren hat mich meine Mutter bei jedem Telefonat gefragt: „Wann kommst du?“ Und ich habe gesagt: „Wenn das Regime fällt.“ Jetzt ist es endlich passiert. Ich will gleich im Januar nach Syrien fliegen. 

Wie erlebt Ihre Familie die aktuelle Situation?
Alle sind sehr glücklich, dass Assad weg ist. Ich habe mir vorher die ganze Zeit Sorgen gemacht und meinem Vater immer wieder gesagt, dass er nicht soviel rausgehen soll. Weil ich wusste, dass das Regime Leute auf der Straße ohne Grund verhaftet, in Gefängnis gesteckt und gefoltert hat. Angst hat meine Familie vor den israelischen Raketenangriffen, die gerade stattfinden. Immer wieder müssen sie in den Keller. Das ist sehr belastend.

Eines der letzten Fotos aus Syrien, bevor Anas Modamani nach Deutschland flüchtete.
© Privat

Planen Sie, wieder nach Syrien zurückzukehren?
Nein. Ich bin seit über zwei Jahren Deutscher. Berlin ist meine Heimat geworden. Ich habe mir hier ein Leben aufgebaut, arbeite für die Deutsche Welle, habe Freunde und bin verlobt. Aber ich werde auf jeden Fall oft nach Syrien reisen, um meine Familie und meine Freunde zu sehen. Und ich überlege, ob wir unsere Hochzeit in Syrien feiern. 

„Bei den Älteren werden viele zurückwollen“

Glauben Sie, dass viele der Syrer, die hier in Deutschland sind, wieder zurückkehren werden?
Momentan ist Syrien noch nicht sicher. Ich glaube, die Jüngeren werden nicht zurückkehren, die sind dort nicht verankert. Aber bei den Älteren denke ich schon, dass viele wieder in die Heimat wollen. Und sicherlich werden auch die Geschäftsleute zurückkehren.

Was sollte Deutschland jetzt tun?
Deutschland sollte jetzt so schnell wie möglich humanitäre Hilfe leisten und finanziell beim Wiederaufbau helfen. Wenn die Leute sehen, dass Deutschland Syrien unterstützt, wird sie das motivieren, nach Syrien zurückzukehren und das Land wieder aufzubauen. Außerdem sollte Deutschland mit Israel reden, dass die Raketenangriffe auf Syrien aufhören. Assad ist weg, der Krieg ist vorbei.