Einfach erklärt: Das waren die wichtigsten Ereignisse im syrischen Bürgerkrieg

Die Flucht Baschar al-Assads markiert den Höhepunkt eines 13 Jahre langen Konflikts, der einst als Bürgerkrieg begann. Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick.

13 Jahre Bürgerkrieg haben Syrien dramatisch verändert. Vor Beginn des Krieges mit internationaler Beteiligung lebten 21 Millionen Menschen in dem Land. Heute ist die Bevölkerung nach langen Kriegsjahren ausgedünnt: Schätzungen der Vereinten Nationen starben mehr als eine halbe Million Menschen im Syrien-Krieg. Sieben Millionen Syrer flohen in die arabischen Nachbarländer, nach Europa, Australien oder in die USA. Hinzu kommen sieben Millionen Binnenvertriebene.

Baschar al-Assad war seit dem Jahr 2000 Machthaber in Syrien, er übernahm das Amt des Präsidenten nach dem Tod seines Vaters Hafez al-Assad. In der Bevölkerung herrschte zu Beginn der 2000er große Unzufriedenheit: Politische Gegner des Regimes wurden verfolgt, Versammlungen verboten und Medien zensiert. Mehr als die Hälfte der Bevölkerung war jünger als 25 Jahre; trotz guter Schulbildung lag die Arbeitslosigkeit bei 25 Prozent. In dieser Ausgangslage destabilisierte der Arabische Frühling das Regime von Machthaber Assad. 

Der Arabische Frühling

Die Protestwelle gegen die autoritären Regierungen in Tunesien, Ägypten und Libyen im Frühjahr 2011 erreichte auch Syrien. Die Menschen demonstrierten friedlich für Demokratie und Freiheitsrechte, forderten bessere Lebensbedingungen. Doch der Protest verlief anders als in den arabischen Nachbarländern. „Das Volk will den Sturz des Regimes“, sprühten Jugendliche mit Graffiti an eine Hauswand in Daraa, einer ländlich geprägten Stadt im Südwesten des Landes. Daraufhin eskalierten Assads Truppen die angespannte Situation: Die Jugendlichen wurden festgenommen und vom Geheimdienst gefoltert. Als Reaktion organisierten sich Proteste im ganzen Land. Sicherheitskräfte feuerten in die Mengen, hunderte Zivilisten wurden getötet. Ende Juli 2011 bildeten Deserteure, die sich weigerten, auf die eigene Bevölkerung zu schießen, die „Freie Syrische Armee„. Gemeinsam mit kurdischen Milizen kämpften sie gegen das Regime und übernahmen die Kontrolle über den Norden und Osten des Landes.  

Syrien

Der Einsatz von Giftgas

Am 21. August 2013 hörten Bewohner von einem Vorort von Damaskus laute Explosionen. Sie vermuteten einen Bombenangriff, viele von ihnen brachten sich in ihren Kellern in vermeintliche Sicherheit – und erstickten dort. Die Waffe: das Giftgas Sarin. Chemiewaffeninspekteure der Vereinten Nationen fanden Beweise für den Einsatz von Boden-Boden-Raketen, über deren Abschussvorrichtungen allein die syrische Regierung verfügte. Baschar al-Assad wies die Anschuldigung, er habe sein eigenes Volk vergiftet, jedoch zurück. Eine endgültige Aufklärung gelang nicht. Das „Syrian Network für Human Rights“ verzeichnete im Laufe des Bürgerkriegs 1514 Tote und 12.000 Verletzte durch Giftgasangriffe.

Nach einem Angriff mit Giftgas sind die Verstorbenen in einem Vorort von Damaskus in Tücher eingewickelt
© imago/ZUMA Press

Ein Krieg der Konfessionen

Zunächst verliefen die Konfliktlinien in Syrien entlang religiöser oder ethnischer Zugehörigkeiten. Vor Beginn des Bürgerkrieges waren 64 Prozent der Bevölkerung arabische und 14 Prozent kurdische Sunniten. Die Regierung um den Assad-Clan gehört zu den schiitischen Alawiten, die etwa 10 Prozent der Bevölkerung ausmachten. Die Sunniten wünschten sich mehr Einfluss. Schon bald wurde die „Freie Syrische Armee“ von jihadistischen Gruppen verdrängt. Ab 2013 trat auch in Syrien der Islamische Staat auf, der im Irak entstanden war – er eroberte den Osten des Landes und rief ein Kalifat aus. Selbsternannte Kämpfer aus dem Ausland schlossen sich den Kampfgruppen des IS an, auch aus Deutschland. Mit Anschlägen im europäischen Ausland bekam der Konflikt eine zunehmend internationale Dimension. 

Internationale Stippenzieher: Der russische Präsident Putin und der türkische Präsident Erdogan
© IMAGO/SNA

Ein Krieg der Stellvertreter

Verschiedene Großmächte sind an dem Konflikt in Syrien beteiligt. Das sunnitisch geprägte Saudi-Arabien unterstützte die Aufständischen, ebenso Israel und die USA. Der schiitische Iran, die libanesische Hisbollah und Russland unterstützen dagegen das Assad-Regime. Auch die Türkei spielt eine wichtige Rolle in dem Konflikt: Sie geht militärisch gegen kurdische Milizen an der türkisch-syrischen Grenze vor, die nach Autonomie streben. Die Beteiligung der USA und Russland an dem Konflikt lähmt die Arbeit des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen. In den vergangenen dreizehn Jahren wurden Resolutionen blockiert oder stark abgeschwächt. Auch die Bemühungen einer Reihe von Sondergesandten für Syrien, namentlich Kofi Annan, Lakhdar Brahimi, Staffan de Mistura und seit 2019 Geir Pedersen, blieben erfolglos. Friedensgespräche zwischen den Konfliktparteien scheiterten wiederholt. Der Einfluss der Vereinten Nationen beschränkt sich daher auf humanitäre Hilfe.

Die Zerstörung von Palmyra 

Die Zerstörung des UNESCO-Weltkulturerbes Palmyra sorgte im Jahr 2015 für internationale Bestürzung. Der Islamische Staat eroberte die griechisch-römische Stadt in der Wüste von Syrien und sprengte einen Großteil der Ruinenstätte. Eine Zerstörung mit Symbolkraft: Die Islamisten löschte damit ein Zeugnis der kulturellen Vielfalt Syriens weitgehend aus. Ein Tempel soll zu einem Gefängnis mit Gerichtssaal umgewandelt worden sein, der Chef-Archäologe von Palmyra, der 82-jährige Khaleed al-Assaad, wurde enthauptet und sein Leichnam in den Ruinen aufgehängt. 

Die Ruinen in Palmyra waren zum UNESCO-Weltkulturerbe erklärt worden. Anhänger des Islamischen Staats eroberten und zerstörten sie im August 2015.
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Das Zurückdrängen des Islamischen Staates

Während des Krieges verübte der Islamische Staat sowohl in Syrien als auch im Irak zahlreiche Kriegsverbrechen – darunter Massenmorde und Folter. Den Streitkräften der syrischen Regierung und der internationalen Anti-IS-Koalition unter Führung der USA gelang es, die Kämpfer des Islamischen Staats zurückzudrängen. Seit 2020 kontrollierte das Assad-Regime wieder einen Großteil des Landes. Doch rund 10.000 Jihadisten sollen in der syrischen Wüste untergetaucht sein und sich noch immer dort befinden.

Pandemie und Krieg 

Nach mehr als zehn Jahren Krieg ist die syrische Infrastruktur zerstört, Gesundheitseinrichtungen zerbombt. Der Ausbruch der Corona-Pandemie im Jahr 2020 traf eine schutzlose Bevölkerung, die zusätzlich unter einer grassierenden Cholera-Epidemie litt. Im Jahr 2022 lebten 90 Prozent der syrischen Bevölkerung in Armut, 60 Prozent litten an Hunger. Im Jahr 2023 wurde Syrien außerdem von einem schweren Erdbeben erschüttert. Machthaber Baschar al-Assad ist abhängig von Russland und dem Iran, doch die Ressourcen seiner Unterstützer sind anderweitig gebunden: Russland führt einen Krieg in der Ukraine, der Iran ist in den Krieg in Gaza involviert. 

FS Syrien Putsch Damaskus Syrien Bilder 09.50

Das Ende von Assad 

Am 27. November 2024 startete eine Allianz aus islamistischen Rebellen mit Kontakten zum türkischen Militär eine Offensive – am 7. Dezember 2024 erreichten sie die Hauptstadt Damaskus. Baschar al-Assad soll Syrien verlassen haben. Der Zerfall seines Regimes wird von syrischen Exil-Oppositionellen auf der ganzen Welt gefeiert. Wie die Machtverhältnisse in Syrien sich nun entwickeln, ist unklar.