Hans Vorländer gilt als scharfer Analytiker der Parteienlandschaft in Deutschland. Sachsen steht für ihn nun vor einer besonderen Herausforderung.
Der Dresdner Politikwissenschaftler Hans Vorländer sagt nach den jüngsten Wahlergebnissen eine schwierige Regierungsbildung nach der Landtagswahl in Sachsen am 1. September voraus. Hintergrund ist der starke Auftritt der AfD bei der Europawahl am Sonntag. Die AfD hatte die CDU um 10 Prozentpunkte abgehängt. Die beiden Koalitionspartner der Union im Freistaat – Grüne und SPD – kamen auf nur 5,9 Prozent beziehungsweise 6,9 Prozent. Das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) schaffte es dagegen aus dem Stand auf 12,6 Prozent.
Nach dem jetzigen Ergebnis könne man nicht annehmen, dass die Kenia-Koalition im Freistaat einfach eine Mehrheit zustande bringen könne, sagte Vorländer am Montag der Deutschen Presse-Agentur. „Es wird auf das BSW ankommen.“ Man müsse sogar die Möglichkeit in Betracht ziehen, dass nur die AfD, die CDU und das BSW in den Landtag einziehen. „Dann hat die CDU ein großes Problem“.
Zugleich ist Vorländer überzeugt, dass es bei der Landtagswahl stärker auf die Person von Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU) hinauslaufen wird, der in Umfragen auf gute persönliche Werte verweisen kann. „Es wird darauf ankommen, ob er es noch einmal schafft, die CDU vor die AfD zu ziehen.“ Nach dem jetzigen Ergebnis gebe es aber Zweifel. „Die AfD ist in Sachsen eine Macht. Sie ist stark verwurzelt und hat sich bei dieser Wahl noch einmal behauptet. Das gilt vor allem für Ostsachsen.“
Vorländer sprach von einem eindeutigen Ergebnis. Lichtblicke gebe es für die CDU in Westsachsen im Landkreis Zwickau und in Leipzig. „Ostsachsen ist weitestgehend in der Hand der AfD.“ Der Parteienforscher wollte nicht darüber spekulieren, ob ein solches Abschneiden der CDU bei der Landtagswahl das Aus für Kretschmer bedeuten könnte. Die CDU habe nicht wirklich personelle Alternativen zur Hand. „Überraschungen sind aber immer möglich, wenn die CDU gänzlich verzweifelt ist.“
Für die Zeit bis zur Landtagswahl sieht Vorländer die Parteien nun vor folgender Aufgabe: „Sie müssen zuspitzen, was die Personen und was die Themen betrifft. Und sie müssen sehr klar sagen, was ihre Visionen und Zukunftsprojekte für Sachsen sind.“ Ansonsten müssten die Koalitionsparteien darauf hoffen, dass Deutschland Fußball-Europameister wird und bei den Olympischen Spielen ein paar Medaillen gewinnt, sagte Vorländer mit einem Augenzwinkern. Wenn im Sommer das Wetter schön werde und die Sachsen gut gelaunt aus dem Urlaub zurückkehren, sei das gleichfalls gut für die Stimmung.