Im Eiltempo rüstet Frankreich sich für die kurzfristige Parlamentswahl. Präsident Macron will nach seiner Schlappe bei der Europawahl klare Verhältnisse. Le Pens Rechtsnationale geht es um die Macht.
Frankreich wechselt nach der Auflösung der Nationalversammlung nach der Niederlage von Präsident Emmanuel Macron bei der Europawahl unvermittelt in den Wahlkampfmodus. Bei etlichen Parteien liefen bereits strategische Überlegungen zum Antreten bei der Parlamentswahl, die Macron in zwei Wahlgängen kurzfristig am 30. Juni und 7. Juli angesetzt hat.
Macrons Mitte-Lager geht es darum, möglichst viele Abgeordnete der Konservativen und Sozialisten für ein künftiges Regierungsbündnis zu gewinnen und die Wahl für sich zu entscheiden. Die Linkspartei La France insoumise, die Sozialisten und Kommunisten sowie die Grünen wollen unterdessen ein neues Linksbündnis schmieden, um wie schon 2022 gemeinsam zur Wahl anzutreten. Während die konservativen Républicains eine Koalition mit Macrons Lager ausgeschlossen haben, will das rechtsnationale Rassemblement National (RN) seinen überwältigen Erfolg bei der Europawahl bei der Parlamentswahl wiederholen und RN-Chef Jordan Bardella als künftigen Premierminister platzieren.
Macron löst Nationalversammlung auf
Das RN um Marine Le Pen geht als klarer Sieger aus der Europawahl in Frankreich hervor. Die Europaskeptiker kamen dem vorläufigen amtlichen Ergebnis zufolge auf 31,36 Prozent der Stimmen, wie das französische Innenministerium nach Auszählung aller Stimmen mitteilte. Die Liste der Partei von Staatschef Macron und Verbündeten landete mit 14,6 Prozent abgeschlagen auf Platz zwei. Sie erzielte weniger als die Hälfte der Stimmen, die die Rechtsnationalen einfuhren. Die Sozialisten schafften es mit 13,83 Prozent auf den dritten Platz. Die rechtsextreme Partei Reconquête holte 5,47 Prozent der Stimmen.
Als Reaktion auf die herbe Niederlage seines Mitte-Lagers löste Macron noch am Sonntag die französische Nationalversammlung auf und kündigte die Neuwahl der Parlamentskammer in nur wenigen Wochen an. Um seinen Posten geht es dabei aber nicht. Die nächste Präsidentschaftswahl ist erst für 2027 vorgesehen. Macron hofft, mit dem riskanten Manöver eine stabilere Mehrheit für seine verbleibende Amtszeit zu schaffen. Sein Regierungslager hat seit zwei Jahren keine absolute Mehrheit in der Nationalversammlung. Das Regieren gestaltete sich seitdem mühselig.
In Frankreichs jüngerer Geschichte war die Nationalversammlung bisher fünfmal aufgelöst worden. Macrons Schritt ist nun die erste Auflösung der Parlamentskammer in mehr als 25 Jahren. Die Nationalversammlung ist eine von zwei französischen Parlamentskammern. Sie ist an der Gesetzgebung beteiligt und kann per Misstrauensvotum die Regierung stürzen. Ohne Mehrheit im Parlament ist das Regieren in Frankreich schwierig.