Im Mai begeistert Marius Müller-Westernhagen seine Fans in der Berliner Waldbühne. Jetzt erscheint der Mitschnitt als Album – mit einem emotionalen Höhepunkt.
„Alle, die von Freiheit träumen, sollen’s feiern nicht versäumen“: Wenn Marius Müller-Westernhagen auf der Bühne diesen geschichtsträchtigen Klassiker anstimmt, erreichen seine Konzerte den emotionalen Höhepunkt. Den Auftritt aus dem Frühjahr in einer der schönsten Freiluftarenen Deutschlands, der Berliner Waldbühne, gibt es ab heute als Livemitschnitt auf zwei CDs: „Live Waldbühne Berlin“.
„Es ist meine absolute Lieblings-Location, wenn es um Open Airs geht. Das ist ein Amphitheater und du spielst praktisch gegen eine Wand von Publikum“, schwärmt der Rockmusiker im Gespräch mit der Deutschen Presse-Agentur. „Ich kenne keinen Musiker, der da nicht gerne spielt.“
Dabei sieht es an diesem regnerischen Tag im Mai gar nicht so gut aus. Ein Wolkenbruch hätte den Hauptstadt-Gig der „75 Live“-Tour fast verhindert. Doch mit 40 Minuten Verspätung betritt Westernhagen dann im weißen Anzug die Bühne. Begleitet wird der Mittsiebziger von drei Background-Sängerinnen und einer siebenköpfigen US-Band, die sich auf Blues und Rock spezialisiert hat.
21 Songs spielt der Rockstar an diesem Abend vor 22.000 Fans. Neben neueren Stücken wie „Ich will raus hier“ oder „Zeitgeist“ sind es vor allem die Klassiker aus den 80ern und 90ern, die das Publikum begeistern – und nostalgisch werden lassen.
Westernhagen beglückt die Fans mit seinen größten Hits
„Mit Pfefferminz bin ich dein Prinz“, „Fertig“, „Sexy“, „Johnny Walker“, „Es geht mir gut“ oder „Lass uns leben“: Westernhagen lässt kaum einen der Hits aus, die ihn in den 90ern zum größten deutschen Rockstar werden ließen. Mit dem ganz großen Ruhm fremdelt der in Düsseldorf geborene Sänger bis heute. Dennoch zieht er die Fans in seiner Wahlheimat Berlin sofort in seinen Bann.
„So ein Konzert funktioniert ja nur, wenn ein Energieaustausch stattfindet. Also brauche ich auch das Publikum dazu. Es gab wirklich eine hohe Emotionalität, nicht nur an dem Abend, sondern während dieser ganzen Konzerte. Das ist auch körperlich spürbar.“
Das „Alphatier“, mit diesem Song startet Westernhagen sein Konzert, spielt an diesem Abend oft selbst Akustikgitarre oder Mundharmonika. Ehefrau Lindiwe Suttle begleitet ihn bei der Liebesballade „Luft um zu atmen“, wie schon 2016 auf seinem letzten Livealbum „MTV Unplugged“.
Das Comeback des „Taximann“
Zur Freude seiner Anhänger spielt der Sänger mit der Reibeisenstimme auch seinen großen Hit „Taximann“ vom ersten und kommerziell nicht wirklich erfolgreichen Album „Das erste Mal“ von 1975. „“Taximann“ habe ich viele Jahre nicht gespielt, weil es vom Arrangement her sehr nach den 80ern klingt. Das gefällt mir nicht. Aber ich habe den Song dann etwas anders arrangiert und aus meiner Sicht verbessert.“
Auf andere Klassiker verzichtet der Songwriter dagegen. Das poppige „Willenlos“ mag er heute nicht mehr, „Dicke“ habe mit seinen teils drastischen Liedzeilen Menschen verletzt. Heute sagt Westernhagen dazu: „Ich hatte bestimmt nicht die Absicht, Dicke zu beleidigen. Sondern ich wollte eigentlich nur den Leuten den Spiegel vorhalten und ihnen sagen: „So redet ihr hinter dem Rücken von Menschen, die diskreditiert und diskriminiert werden.“ Es war sicher eine Provokation.“
Ein Livemitschnitt als Zeitdokument
Provokant sind die Konzerte des Musikers, der heute 76 Jahre alt geworden ist, nun nicht mehr. Westernhagen zeigt sich auf der Bühne lässig, routiniert und topfit. Sein mittlerweile fünftes Livealbum ist ein beeindruckendes Zeitdokument eines der erfolgreichsten deutschen Musiker – mit neuen, vielschichtigen Arrangements. Und es erlebt mit einer soulig angehauchten Version von „Freiheit“ einen angemessenen Schlussakkord.