Untersuchungsausschuss: Kanzler Scholz erneut im „Cum-Ex“-Ausschuss geladen

Es wäre sein dritter Auftritt vor dem Hamburger Untersuchungsausschuss zum „Cum-Ex“-Skandal. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll am Freitag erneut in der Hansestadt als Zeuge vernommen werden.

Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) soll heute (13.30 Uhr) zum dritten Mal als Zeuge vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum sogenannten Cum-Ex-Skandal aussagen. Diesmal soll es um Machenschaften der ehemals staatlichen HSH Nordbank gehen. Ursprünglich hatte der Ausschuss nur eine mögliche politische Einflussnahme auf den Steuerfall der in den Skandal verstrickten Hamburger Warburg Bank untersucht. Auf Drängen der Opposition war er Ende 2022 auf weitere „Cum-Ex“-Fälle erweitert worden.

Die HSH Nordbank hatte sich zwischen 2008 und 2011 in 29 Fällen Kapitalertragssteuern erstatten lassen, die zuvor gar nicht gezahlt worden waren. Das hatte eine Untersuchung der Wirtschaftskanzlei Clifford Chance ergeben, die von der Bank selbst beauftragt worden war. Die Fälle seien bei der Staatsanwaltschaft angezeigt und 2014 schließlich rund 126 Millionen Euro an die Steuerverwaltung zurückgezahlt worden, hatte die Bank mitgeteilt. Ende 2018 war die ehemalige Landesbank von Hamburg und Schleswig-Holstein auf Anweisung der EU-Kommission an US-Investoren verkauft und nach der Privatisierung in Hamburg Commercial Bank (HCOB) umbenannt worden.

Scholz kann sich bei zwei Vernehmungen nicht erinnern

Bundeskanzler Scholz war bereits zwei Mal vor dem Ausschuss aufgetreten. Dabei hatte der frühere Hamburger Bürgermeister im Zusammenhang mit Geschäften der Warburg Bank mehrfach erklärt, sich nicht erinnern zu können, aber eine politische Einflussnahme ausschließen zu können. An diese „Erinnerungslücken“ will die Bürgerbewegung Finanzwende heute noch vor der Zeugenbefragung auf der nahegelegenen Mönckebergstraße mit einer Protestaktion hinweisen.

Neben Scholz sind weitere amtierende und ehemalige Regierungsvertreter als Zeugen geladen, etwa der frühere Finanzsenator und heutige Hamburger Bürgermeister Peter Tschentscher (SPD) sowie Ex-Finanzsenator Wolfram Peiner (CDU). Aus Schleswig-Holstein sollen der frühere Ministerpräsident Peter Harry Carstensen (CDU) sowie die ehemalige Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) anreisen.

Ausschuss drehte sich ursprünglich nur um die Warburg Bank

Der Ausschuss war Ende Oktober 2020 eigentlich eingerichtet worden, um eine mögliche politische Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der Hamburger Privatbank zu klären. Hintergrund waren drei Treffen des damaligen Bürgermeisters Scholz mit den Warburg-Gesellschaftern Christian Olearius und Max Warburg 2016 und 2017, die Scholz erst nach und nach bestätigt hatte. Gegen Olearius war damals bereits wegen des Verdachts des schweren Steuerbetrugs ermittelt worden.

Nach den ersten Treffen hatte die Finanzverwaltung entgegen ursprünglicher Pläne auf die Rückforderungen von 47 Millionen Euro zu unrecht erstatteter Kapitalertragssteuer gegen die Bank verzichtet – und diese nach Ansicht der an der Entscheidung Beteiligten in die Verjährung laufenlassen. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst auf Weisung des Bundesfinanzministeriums kurz vor Eintritt der Verjährung eingefordert. 

SPD und Grüne wollen CDU-Regierungsmitglieder vernehmen

Während SPD und Grüne keinen Beleg für eine politische Einflussnahme sehen, werten CDU, Linke und AfD Indizien als Beleg dafür, dass sowohl Scholz als auch Tschentscher Einfluss genommen hätten.

Beim Komplex der HSH Nordbank möchten SPD und Grüne auch noch die früheren CDU-Bürgermeister Ole von Beust und Christoph Ahlhaus sowie Nordrhein-Westfalens Ministerpräsidenten Hendrik Wüst (CDU) befragen. Von ihm erhoffen sich beide Parteien Informationen zum Stand der Aufklärung der „Cum-Ex“-Geschäfte bei der WestLB.

Letzter Termin für die Zeugenbefragung ist bislang der 20. Dezember. Danach geht es den Planungen zufolge ausschließlich um das Erarbeiten des Abschlussberichts, über den am 17. Januar abschließend entschieden werden soll. Sollte der angedachte Fahrplan halten, würde der vor mehr als vier Jahren beschlossene Untersuchungsausschuss regulär noch vor der nächsten Bürgerschaftswahl am 2. März enden.