Prozess in Hamburg: Vater und Onkel erstochen – Täter kommt in Psychiatrie

Er tötet seinen Vater und seinen Onkel – doch ins Gefängnis muss der Angeklagte dafür nicht. Weil der 33-Jährige psychisch krank ist, treffen die Hamburger Richter eine andere Entscheidung.

Lange schon hat ein Mann psychische Probleme, immer wieder kommt es zu gefährlichen Vorfällen. Seine Familie versucht verzweifelt, ihm zu helfen – doch er zeigt keine Einsicht. Als es im Februar um eine Einweisung in die Psychiatrie geht, dreht der heute 33-Jährige durch und ersticht seinen Vater und seinen Onkel. In einem Prozess wegen Mordes und Totschlags haben ihn die Richter nun freigesprochen. Der Angeklagte wird in einem psychiatrischen Krankenhaus untergebracht.

Es sei nicht auszuschließen, dass der psychisch Erkrankte zum Zeitpunkt der Taten schuldunfähig gewesen sei, sagte die Vorsitzende Richterin Birgit Woitas. Der Angeklagte sei eine „tickende Zeitbombe“ gewesen. Auch jetzt sei er noch für die Allgemeinheit gefährlich. Das Bemerkenswerte an diesem Verfahren sei: Mit allen Mitteln habe der Angeklagte die Unterbringung in einer Psychiatrie verhindern wollen – und nun ende der Prozess mit einer langen Unterbringung.

Angeklagter: „Ich wollte das nicht“

Der Angeklagte werde wahrscheinlich sein ganzes Leben lang Medikamente einnehmen müssen, sagte Woitas weiter. Sie hoffe, dass er in Behandlung eine Einsichtsfähigkeit entwickele. Der 33-Jährige saß an diesem Prozesstag wie erstarrt und mit gesenktem Blick auf der Anklagebank. Im sogenannten letzten Wort sagte er mit leiser Stimme nur einen Satz: „Ich wollte das nicht und es tut mir leid.“

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Die Verteidigung, die wie auch die Staatsanwaltschaft eine Unterbringung in der Psychiatrie gefordert hatte, kündigte aber bereits an, keine Rechtsmittel einzulegen. Der vorbestrafte Deutsche hatte die Taten im Stadtteil Wilhelmsburg zu Prozessbeginn über seinen Anwalt eingeräumt.

Der Angeklagte hatte erklärt, er habe das Gefühl gehabt, der Vater habe sich bei einem Praxisbesuch mit einem Arzt abgesprochen, damit dieser eine Überweisung für die Psychiatrie ausstelle. Der Mediziner schrieb laut Staatsanwaltschaft eine Diagnose auf, die den Angeklagten wütend machte. 

Beim Verlassen der Praxis kam es zum Streit. Als der Vater und ein Onkel des Angeklagten in ein Auto einsteigen wollten, zückte der psychisch Erkrankte ein langes Messer und stach zu. Beide Opfer starben noch am Tatort an ihren Verletzungen.

Taten brachten großes Leid über die Familie

„Wir haben es mit einem besonders tragischen Fall zu tun“, sagte die Vorsitzende Richterin. Im Gerichtssaal saßen währenddessen mehrere Angehörige, die Nebenkläger waren. Tränen flossen. Anwälte der Nebenklage schilderten in ihren Plädoyers umfassend das Leid, das diese Tat über die Familie brachte.

Die Mutter des Angeklagten verlor bei der Attacke ihren Ehemann und ihren Bruder. Ihre Vertreterin sagte im Gerichtssaal: „Es gibt Dinge, die kann man nicht verarbeiten. Man kann nur lernen, damit zu leben.“ Ihre Mandantin wünsche sich weiterhin, dass ihrem Sohn in einer Psychiatrie geholfen werde. Die Familie habe sich schon vor den Taten mehrmals an zuständige Stellen gewandt. Die Juristin kritisierte, das System in Hamburg habe aber zu viele Hürden, um in solchen Fällen rechtzeitig wirkliche Hilfe zu bekommen.