Bund, Länder und kommunale Spitzenverbände haben sich auf eine neue Instanz im Verfahren zur Rückgabe von NS-Raubgut geeinigt. Das hat auch Konsequenzen für Bayern.
Kritiker haben den Freistaat Bayern bei der Rückgabe von NS-Raubkunst eher für einen Bremser gehalten – jetzt will Kunstminister Markus Blume (CSU) aufs Gas drücken. „Wir dürfen in Sachen Restitution keine Zeit mehr verlieren“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur vor seinem Bericht in einer gemeinsamen Sitzung des Haushaltsausschusses und des Ausschusses für Wissenschaft und Kunst im bayerischen Landtag. „Unser Anspruch: Die Schiedsgerichte sollen noch im Jahr 2025 mit ihrer Arbeit beginnen können.“
Bund und Länder einigten sich auf Reform
Genau das ist allerdings ohnehin der Plan von Bund, Ländern und kommunalen Spitzenverbänden, die sich bereits im März auf eine Reform der Rückgabe von während der Zeit des Nationalsozialismus entzogenem Kulturgut, insbesondere aus jüdischem Besitz, geeinigt hatten.
Beim 21. Kulturpolitischen Spitzengespräch im Oktober in Berlin wurde die Einrichtung eines gemeinsamen Schiedsgerichtes offiziell beschlossen. Das neue Schiedsgericht soll künftig abschließend entscheiden, wenn Rückgaben von NS-Raubgut zwischen den Parteien strittig bleiben.
Neu ist vor allem, dass dieses Gericht auch nur von einer Streitpartei angerufen werden kann. Bislang mussten beide Parteien – also sowohl die Nachfahren der ehemaligen Besitzer als auch das Museum, in dem sich die strittigen Gegenstände befinden – zustimmen, damit die bisher zuständige Beratende Kommission angerufen werden kann.
Bayern sperrte sich Jahre gegen Entscheidung über „Madame Soler“
Weil das so war, konnte sich der Freistaat beispielsweise auch jahrelang dagegen sperren, die Herkunft des Picasso-Gemäldes „Madame Soler“, das sich seit den 1960er Jahren in den Bayerischen Staatsgemäldesammlungen befindet, von der Kommission begutachten zu lassen.
Die Erben des jüdischen Kunstsammlers Paul von Mendelssohn-Bartholdy erheben Anspruch auf das Werk, Bayern war wegen seiner jahrelangen Blockadehaltung scharf kritisiert worden. Auch Kulturstaatsministerin Claudia Roth (Grüne) fand deutliche Worte. Dass sie im Dezember 2023 ankündigte, Fördergelder für Kultureinrichtungen an die Akzeptanz von Neuregelungen bei der Rückgabe von NS-Raubgut zu koppeln, verstanden viele als Signal an Bayern.
Blume: Bisherige Restitutionspraxis war ungenügend
„Die bisherige Restitutionspraxis war ungenügend“, sagt Blume nun. „Die Neuregelung bedeutet eine wesentliche Stärkung der Antragssteller.“ Er betonte, dass Bayern im November mit Beschluss des Ministerrats „als erstes Bundesland die rechtlichen Grundlagen für die schnellstmögliche Einführung der Schiedsgerichtsbarkeit geschaffen“ habe.
Blume hatte immer wieder eine neue rechtliche Grundlage, ein Restitutionsgesetz, gefordert, was allerdings außerhalb Bayerns vielfach auch als Verzögerungstaktik gewertet wurde.
In der gemeinsamen Sitzung der beiden Ausschüsse im bayerischen Landtag an diesem Mittwoch wollte Blume nach Angaben seines Ministeriums nicht nur über die künftige Regelung der Rückgabe von Raubkunst informieren, sondern auch einen Überblick über Restitutionen aus staatlichen Museen in Bayern geben sowie über „fünf aktuell entschiedene Restitutionsfälle im Bestand der Bayerischen Staatsgemäldesammlungen“ sprechen.