Angesichts des Vorrückens der dschihadistischen Milizen in Syrien ist der Iran eigenen Angaben zufolge dazu bereit, Truppenentsendungen in das verbündete Land zu „prüfen“. „Wenn uns die syrische Regierung darum bittet, Truppen nach Syrien zu schicken, werden wir diese Anfrage prüfen“, wurde Irans Außenminister Abbas Araghtschi am Dienstag in seinem Kanal des Onlinedienstes Telegram aus einem Interview mit der arabischsprachigen Zeitung „Al-Arabi al-Dschadid“ zitiert.
Der Iran hatte sich bisher nicht in dieser Deutlichkeit zu einer unmittelbaren Unterstützung syrischer Regierungstruppen durch iranische Soldaten geäußert. Die Regierung in Teheran bezeichnete die Offensive der Dschihadisten-Milizen als israelisch-amerikanischen Versuch zur „Destabilisierung“ des Nahen Ostens.
Den Milizen gelang es bei ihrer am Mittwoch begonnenen Offensive, neben zahlreichen Ortschaften auch die Millionenstadt Aleppo nahezu vollständig unter ihre Kontrolle zu bringen. Seit dem Beginn der Offensive wurden jüngsten Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte zufolge 602 Menschen getötet, darunter 104 Zivilistinnen und Zivilisten, 299 Kämpfer sowie 199 syrische Soldaten und regierungsnahe Kämpfer.
Die Organisation mit Sitz in Großbritannien bezieht ihre Informationen aus einem Netzwerk verschiedener Quellen in Syrien. Ihre Angaben sind von unabhängiger Seite kaum zu überprüfen.
Der Generalstabschef der iranischen Armee, Mohammad Bagheri, beriet sich angesichts der „gefährlichen“ Entwicklungen in der Region in separaten Gesprächen am Dienstag mit seinen Amtskollegen im Irak und Syrien sowie mit dem russischen Verteidigungsminister Andrej Beloussow, wie das iranische Staatsfernsehen berichtete. Alle Entscheidungsträger erklärten daraufhin, sie seien bereit, „die notwendigen Schritte zur Unterstützung der syrischen Armee“ zu unternehmen.
Der Iran ist neben Russland der wichtigste Verbündete der Regierung des syrischen Machthabers Baschar al-Assad. Teheran unterstützt diese eigenen Angaben zufolge seit dem Beginn des Bürgerkriegs in Syrien 2011 mit „militärischen Beratern“. Auch pro-iranische schiitische Milizen sind in Syrien vertreten.
Die Lage in Syrien stand nach Angaben des Kremls auch im Fokus eines Telefonats zwischen dem russischen Präsidenten Wladimir Putin und dem türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdogan. Demnach sagte Putin, „die „terroristische Aggression gegen den syrischen Staat“ müsse schnell beendet werden. Die Türkei müsse ihre „Fähigkeiten in der Region“ einsetzen.
Zudem hätten Putin und Erdogan über die Verstärkung ihrer Zusammenarbeit gesprochen, wie der Kreml weiter mitteilte. Russland, die Türkei und der Iran müssten weiter eng zusammenarbeiten, um die „Situation in Syrien zu normalisieren“.
Russland hatte 2015 zugunsten des syrischen Machthabers in den syrischen Bürgerkrieg eingegriffen. Die Türkei unterstützte hingegen die Rebellen in Syrien, bemühte sich jedoch in den vergangenen Monaten um eine Annäherung an die Regierung des Nachbarlandes.
Erdogan rief die Regierung in Damaskus am Dienstag dazu auf, „sich an einem echten politischen Prozess zu beteiligen, um eine Eskalation der Lage zu vermeiden“. Im Nordosten Syriens hatten pro-türkische Kämpfer im Zuge der Rebellenoffensive kurdische Kämpfer angegriffen. Erdogan erklärte, er habe „Maßnahmen“ ergriffen, um zu verhindern, dass die verbotene Arbeiterpartei Kurdistans (PKK) von den Entwicklungen in Syrien profitiert.
kü/kas