Seit der ersten Europawahl in MV 1994 lag im Land stets die CDU vorn. Den Spitzenplatz muss sie nun abtreten. Und auch bei den Kommunalwahlen im Land zeichnet sich ein Sieg der AfD ab.
Die AfD in Mecklenburg-Vorpommern hat bei der Europawahl am Sonntag ihren Stimmenanteil gegenüber 2019 deutlich ausgebaut und ist im Nordosten klare Wahlsiegerin. Dem vorläufigen Endergebnis zufolge, das der Landeswahlleiter in Schwerin am frühen Montagmorgen bekanntgab, kam die Partei auf 28,3 Prozent der Stimmen. Vor fünf Jahren hatte sie im Land 17,7 Prozent erreicht. Mit dem kräftigen Zuwachs lag sie klar vor der CDU, die bislang alle Europawahlen im Nordosten gewonnen hatte, nun aber erneut Verluste hinnehmen musste und noch auf 21,5 Prozent kam. Vor fünf Jahren waren es 24,5 Prozent.
Die SPD verlor mit gut 5 Prozentpunkten noch deutlicher und fiel mit nun 10,3 Prozent hinter die neu gegründete Wagenknecht-Partei BSW zurück, die erstmals zur Europawahl antrat und auf 16,4 Prozent kam. Die Linke büßte gegenüber der Wahl 2019 etwa zwei Drittel ihrer Wählerschaft ein und erreichte noch 4,9 Prozent. Knapp dahinter kommen die Grünen, die von 10,8 auf 4,8 Prozent zurückfielen. Auch die FDP im Land verlor und sackte von 3,9 auf 2,6 Prozent ab. Die Wahlbeteiligung lag mit 65,7 Prozent deutlich höher als 2019. Damals machten nur 58,4 Prozent der Stimmberechtigten vom Wahlrecht Gebrauch.
Wie bei der Europawahl droht die Nordost-CDU auch bei den Kommunalwahlen ihren Spitzenplatz in der Wählergunst zu verlieren. Nach Auszählung von etwa 1800 der knapp 2000 Kommunalwahlbezirke erreichte die AfD etwa 26 Prozent der Stimmen. Bei leichten Verlusten kam die CDU auf rund 24 Prozent. Die Linke, vor fünf Jahren mit 16,3 Prozent noch zweitstärkste Kraft bei der Kommunalwahl, stürzt auf 9 Prozent ab, die SPD erreicht laut Zwischenstand statt 15,4 nun noch etwa 13 Prozent.
Die Wagenknecht-Partei BSW erzielt etwa 6 Prozent, obwohl sie nur für die Kreistage in drei der sechs Landkreise sowie in Rostock Kandidaten ins Rennen geschickt hatte. Das Ergebnis der Grünen halbiert sich von 10,3 auf etwa 5 Prozent. Die FDP liegt mit voraussichtlich etwa 2,8 Prozent nur knapp vor den Freien Wählern.
Für die 520 Sitze in den sechs Kreistagen und den beiden Stadtvertretungen in Rostock und Schwerin hatten sich laut Landeswahlleiter 2450 Kandidatinnen und Kandidaten beworben. Die Resultate in den Kreisen und beiden kreisfreien Städten sind entscheidend für das amtliche Landeswahlergebnis.
AfD-Landeschef Leif-Erik Holm zeigte sich hocherfreut über die Stimmengewinne seiner Partei bei der Europawahl. „Das ist für uns ein großer Erfolg. Ich kann mich nur bei unseren Wählern bedanken, die uns trotz der Dauerdiffamierungskampagnen zum klaren Wahlsieger gemacht haben“, sagte Holm nach der Veröffentlichung erster Hochrechnungen auf Bundesebene. Danach kommt die AfD bundesweit auf etwa 16,5 Prozent und wäre hinter der Union dann zweitstärkste Kraft. Holm wertete das Wahlergebnis auch als Zeichen der Unzufriedenheit mit der Ampel-Regierung in Berlin.
Ministerpräsidentin und SPD-Landeschefin Manuela Schwesig äußerte sich besorgt darüber, dass die AfD in den ostdeutschen Ländern stärkste Kraft wurde. „Keine demokratische Partei kann sich heute als Sieger fühlen“, sagte sie. Das Abschneiden ihrer Partei bezeichnete sie als enttäuschend. Die Gründe dafür sieht sie im Agieren der Bundesregierung. „Das Wahlergebnis ist ein Signal an die Ampel in Berlin. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten, dass Aufgaben gemeinsam angepackt werden“, betonte Schwesig.
Hochrechnungen zufolge fällt die Kanzlerpartei mit bundesweit 14 Prozent noch hinter ihr schlechtes Ergebnis von 2019 zurück. Dennoch wird laut Schwesig nach fünfjähriger Unterbrechung mit Sabrina Repp aus Rostock aller Wahrscheinlichkeit nach wieder eine Sozialdemokratin aus Mecklenburg-Vorpommern im Europäischen Parlament vertreten sein.
CDU-Landeschef Daniel Peters äußerte sich in einer ersten Reaktion erfreut über den Sieg seiner Partei bei der Europawahl. „Die Union hat ein starkes Ergebnis geholt“, sagte er nach Veröffentlichung der Hochrechnungen, nach der bundesweit CDU und CSU zusammen auf etwa 30 Prozent kommen. „Die Union ist die einzige Bastion gegen den rechten und den linken Rand. Die Wahl ist auch eine Abstimmung über die Arbeit der Ampel. Und diese Abstimmung hat Kanzler Scholz krachend verloren“, erklärte Peters.
Die Grünen in Mecklenburg-Vorpommern bezeichneten das Ergebnis ihrer Partei bei der Europawahl als nicht zufriedenstellend. „Seit 2019 hat sich die Grundstimmung im Land deutlich verändert und ist nun durch Ängste und Sorgen geprägt“, führte der Co-Landesvorsitzende Ole Krüger als Begründung an. Ersten Hochrechnungen zufolge kommen die Grünen bundesweit noch auf 12 Prozent. 2019 war es mit 20,5 Prozent fast doppelt so viel. Damals hatte überraschend auch der Rostocker Grünen-Politiker Niklas Nienaß den Sprung ins Europaparlament geschafft, was ihm dieses Mal verwehrt bleibt.
Wahlinformationen