Rechtes Lager geht gestärkt aus Europawahl hervor

Das rechte Lager ist gestärkt aus der Europawahl hervorgegangen: Die AfD und Rechtsaußenparteien in Frankreich und Österreich konnten deutliche Gewinne einfahren, wie Hochrechnungen am Sonntag ergaben. In Frankreich fuhren die Rechtspopulisten von Marine Le Pen einen klaren Sieg ein und fügten dem Regierungslager eine herbe Niederlage zu, Präsident Emmanuel Macron löste daraufhin die Nationalversammlung auf und kündige Neuwahlen an. Stärkste Kraft im EU-Parlament bleibt aber die Europäische Volkspartei (EVP) um CDU und CSU.

Die AfD wurde in Deutschland mit mehr als 16 Prozent zweitstärkste Kraft hinter den Unionsparteien, wie Hochrechnungen von ARD und ZDF ergaben. In Frankreich erzielte Le Pens Partei RN (Rassemblement National) etwa 32 Prozent der Stimmen, mehr als doppelt so viel wie Macrons Liste Renaissance. Auch in Österreich lagen die Rechtspopulisten von der FPÖ mit 27 Prozent laut Prognosen weit vorn. 

Frankreichs Präsident Macron sprach von einer Niederlage für alle Pro-Europäer. Die Wahlergebnisse seien „nicht gut für die Parteien, die Europa verteidigen“, sagte er in Paris. Er kündigte Parlamentsneuwahlen für den 30. Juni an.

Das Rechtsaußen-Lager im Europaparlament dürfte mit den Zugewinnen in mehreren Ländern stärker werden. Größte Formation bleibt aber die EVP. EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen war als europäische Spitzenkandidatin für die Konservativen angetreten und beanspruchte in Brüssel den Sieg für das bürgerliche Lager. „Wir werden ein Bollwerk gegen Links- und Rechtsextreme errichten“, sagte sie bei einem Auftritt mit EVP-Chef Manfred Weber (CSU). Von der Leyen hofft nun auf eine zweite fünfjährige Amtszeit an der Kommissionsspitze.

Nach einer Prognose auf Grundlage von 15 Mitgliedsländern kann die EVP mit 186 (bisher 176) der insgesamt 720 Sitze im neu gewählten Europaparlament rechnen. Zweitgrößte Fraktion sind demnach weiter die Sozialdemokraten mit 133 (bislang 139) Sitzen. Deutliche Verluste mussten Liberale und Grüne einstecken.

Die beiden Rechtsaußen-Fraktionen erzielten demnach Zugewinne: Die Fraktion der Europäischen Konservativen und Reformer (EKR), in der unter anderem die Partei der italienischen Regierungschefin Giorgia Meloni sitzt, kann mit leichten Gewinnen rechnen und kommt den Prognosen zufolge auf 70 (bislang 69) Sitze. Diese Zahl dürfte sich noch erhöhen, wenn die Stimmen in Italien ausgezählt sind.

Die zweite Rechtsaußen-Fraktion Identität und Demokratie (ID) wächst demnach von zuletzt 49 auf 60 Abgeordnete. In der ID sitzen unter anderem Le Pens Rechtspopulisten und die österreichische FPÖ. Die AfD war nach verharmlosenden Aussagen des Spitzenkandidaten Maximilian Krah zur SS erst kürzlich aus der Fraktion ausgeschlossen worden. Zuletzt hatten Affären um Krah und den AfD-Listenzweiten Petr Bystron die Partei belastet. Gegen beide wird wegen Vorwürfen der Einflussnahme aus Russland ermittelt.

In den Niederlanden wurde die rechtspopulistische Partei für die Freiheit (PVV) von Geert Wilders zweitstärkste Kraft mit 17,7 Prozent. Der ehemalige EU-Kommissar Frans Timmermans siegte den Prognosen zufolge aber mit dem Bündnis Groenlinks/PvdA von Grünen und Linken und kam auf 21,6 Prozent. 

Die Niederländer hatten am Donnerstag als EU-weit erste ihre Stimmen für das Europaparlament abgegeben. Die Europawahl steht unter dem Eindruck der Kriege in der Ukraine und im Gazastreifen. Sorgen bereiten vielen Wählerinnen und Wählern auch der Klimawandel, die soziale Sicherheit sowie die Migration. 

Insgesamt waren mehr als 360 Millionen Europäer zur Stimmabgabe aufgerufen. Die Wahlbeteiligung lag EU-weit nach ersten Schätzungen mit rund 51 Prozent etwa auf dem Niveau von 2019. In Deutschland war sie mit rund 65 Prozent nach Angaben der Fernsehsender deutlich höher.