EU-Vorstoß: Krebsforscher erklärt: Das würden Rauchverbote im Freien bewirken

Rauchen sollte im Freien verboten werden. Dieser Vorschlag kommt aus der EU, scheiterte aber zunächst. Doch was würde das bringen? Eine Menge, sagen Forscher.

Soll man im Freien nicht mehr rauchen dürfen? Diese Pläne sind zumindest hier in Europa erstmal in weitere Ferne gerückt, denn das EU-Parlament hat sich auf keine gemeinsame Erklärung zu möglichen Rauchverboten unter freiem Himmel einigen können. 

Eine solche Regelung hätte jedoch nach Einschätzung des Deutschen Krebsforschungszentrums (DKFZ) eine Wirkung auf die Gesellschaft und vor allem auf Kinder und Jugendliche: Seien seltener Menschen beim Rauchen zu sehen, werde das weniger als normales Verhalten wahrgenommen. „Dies ist ein wichtiger Effekt auf Kinder und Jugendliche.“

Voraussichtlich kommende Woche soll es nun noch eine Entscheidung über eine Empfehlung der EU-Kommission geben, rauchfreie Zonen auszuweiten – etwa auf Freizeitbereiche wie öffentliche Spielplätze, Freizeitparks und Freibäder sowie Haltestellen und Bahnhofsbereiche.

Öffentliche Wahrnehmung: Rauchen sollte nicht mehr „normal“ sein

Die Akzeptanz für das Rauchen sinke mit solchen Maßnahmen, wie die Einführung der Nichtraucherschutzgesetze hierzulande gezeigt habe, sagte Katrin Schaller von der DKFZ-Stabsstelle Krebsprävention in Heidelberg. „Auf einmal war es nicht mehr normal, dass man überall raucht, und dass Restaurants verqualmt sind. Stattdessen war es normal, dass man zum Rauchen nach draußen geht.“

In diesem Sinne könnten Rauchverbote im Freien dazu beitragen, dass weniger Jugendliche anfangen zu rauchen, erklärte Schaller. „Einfach deswegen, weil das Rauchen als gesellschaftlich weniger akzeptiert und erstrebenswert wahrgenommen wird“.

Der Vorschlag der EU-Kommission an die Staaten ist lediglich eine Empfehlung. Nichts davon verpflichtet Deutschland. Für Gesundheitspolitik sind die Mitgliedstaaten selbst zuständig.

Manche Staaten gehen mit gutem Beispiel voran

In einigen Ländern gebe es bereits Rauchverbote im öffentlichen Raum im Freien, sagte Schaller. „Beispielsweise ist in Australien in mehreren Staaten das Rauchen auf Restaurantterrassen verboten, in Barcelona sind die Strände rauchfrei.“ Solche Regelungen, die das Rauchen an bestimmten Orten untersagen, trügen dazu bei, dass einige rauchende Menschen über ihr Verhalten nachdenken, erklärte Schaller.

Dass Schutzmaßnahmen zumindest für einen Teil der Raucher eine Motivation zum Rauchstopp sein können, zeigen Ergebnisse einer Studie zur Bewertung der deutschen Tabakkontrollpolitik: Von 2007 bis 2009 haben demnach rund 14 Prozent der Raucher das Rauchen aufgegeben. Knapp 19 Prozent dieser ehemaligen Raucher gaben an, dass die eingeführten Rauchverbote ein Grund für den Rauchstopp gewesen seien. Und fast ein Drittel (30 Prozent) gaben an, dass die neuen Regelungen ihnen halfen, nicht wieder mit dem Rauchen anzufangen.

… Raucher greifen seltener zur Zigarette

Ein weiterer Effekt von Nichtraucherschutzgesetzen sei, dass rauchende Menschen weniger rauchen, ergänzte Schaller. „Es ist zu vermuten, dass ein ähnlicher Effekt eintritt, wenn im Freien Rauchverbote eingeführt werden.“ Mitunter vielleicht schlichtweg deshalb, weil Raucher keine Lust haben, extra für die nächste Zigarette die gemütliche Runde am Strand oder auf dem Weihnachtsmarkt zu verlassen.

Auch im Freien ist Passivrauchen ungesund

Nicht zu vernachlässigen sei bei der Diskussion um Rauchverbote im Freien das Passivrauchen, hieß es vom DKFZ weiter.“ Auch im Freien führt Rauchen zu einer Belastung der Umgebungsluft mit Schadstoffen.“ Zwar sei die Belastung draußen geringer als in geschlossenen Räumen, aber bei Messungen auf Restaurantterrassen habe sich gezeigt, dass die Tabakrauchbelastung auch dort durchaus beträchtlich sein kann.

In der Summe seien umfassende Nichtraucherschutzgesetze eine wirksame Maßnahme, um den Anteil rauchender Menschen in der Bevölkerung zu senken, betonte Schaller. Dafür müssten sie auch die Einrichtung von Raucherräumen und Raucherkneipen untersagen, sich auch auf Außenbereiche erstrecken und auch Tabakerzeugnissen verwandte Produkte wie E-Zigaretten und Tabakerhitzer erfassen.

Deutschland im internationalen Vergleich rückständig bei diesem Thema

Vorbildlich agierten Neuseeland und Großbritannien, die in den letzten Jahrzehnten viele wirksame Tabakpräventionsmaßnahmen umgesetzt hätten. Deutschland hingegen habe in den  vergangenen 20 Jahren kaum Tabakkontrollmaßnahmen umgesetzt, so Schaller, „und wenn, dann zumeist weniger aus eigenem Antrieb als vielmehr, um europäische Regelungen umzusetzen“. Bis zur ersten rauchfreien Generation sei es darum hierzulande noch ein weiter Weg.