Ein Autofahrer rast in einen Kleinwagen. Die Beifahrerin im anderen Auto stirbt. Jetzt steht der Unfallverursacher wegen Mordes vor Gericht – und schweigt.
Das Gaspedal war angeblich bis zum Anschlag durchgedrückt: Vor rund neun Monaten ist ein Autofahrer in Mülheim an der Ruhr ungebremst in einen Kleinwagen gerast – mit 120 Kilometer pro Stunde. Erlaubt war Tempo 50. Die Beifahrerin im anderen Auto stirbt, ihr Mann und ihr zehnjähriger Sohn werden schwer verletzt. Seit heute steht der Unfallverursacher in Duisburg vor Gericht. Die Anklage lautet auf Mord.
Es war der 7. März dieses Jahres, als der 28-Jährige mit seinem Wagen auf einem Autobahnzubringer unterwegs war. Seine Geschwindigkeit betrug laut Anklage 100 bis 120 Kilometer pro Stunde. Er soll mehrere rote Ampeln überfahren und andere Autos im Slalom überholt haben. Die letzte Ampel zeigte laut Anklage schon 50 Sekunden Rot.
Im Krankenhaus verstorben
Die Staatsanwaltschaft geht davon aus, dass sich der Kleinwagen im Abbiegevorgang befunden hat, als er seitlich erfasst wurde. Die 47-jährige Beifahrerin starb knapp zwei Stunden später im Krankenhaus. „Dem Angeklagten war es bewusst, dass er mit seiner riskanten Fahrweise Menschenleben gefährdet“, heißt es in der Anklage. „Es kam ihm darauf an, die Strecke mit einer Höchstgeschwindigkeit zu fahren.“
Ehemann und Tochter im Gericht
Zum Prozessauftakt hat sich der deutsche Angeklagte bisher nicht zu den Vorwürfen geäußert. Das soll erst zu einem späteren Zeitpunkt erfolgen. Der Ehemann der Getöteten und deren 20 Jahre alte Tochter waren ebenfalls ins Gericht gekommen. „Ich hätte mir gewünscht, dass der Angeklagte zumindest irgendein Wort des Bedauerns an die Hinterbliebenen richtet“, sagte Anwalt Carsten Engel, der den 47-jährigen Vater vertritt, am Rande des Prozesses. „Doch wir haben nichts gehört – auch im Vorfeld des Prozesses nicht.“
Hintergründe völlig unklar
Die Hintergründe der Todesfahrt sind noch völlig unklar. Auch deshalb nehme die Familie am Prozess teil. „Sie möchte Antworten haben – warum so etwas passiert ist“, so Engel. Dass jemand mit so hoher Geschwindigkeit in ein anderes Auto fahre, spreche für „Rücksichtslosigkeit“. Außerdem habe die Familie im Hinterkopf, dass ein Urteil eine abschreckende Wirkung auf andere, gleich gelagerte Fälle haben sollte. „Sie möchte, dass es nicht ungesühnt bleibt, wenn jemand so ein Verhalten an den Tag legt.“
Angeklagter ebenfalls verletzt
Der Angeklagte war bei dem Unfall ebenfalls schwer verletzt worden. Er soll mit einem Wirbelsäulenbruch ins Krankenhaus eingeliefert worden sein. Alleine saß er damals angeblich nicht im Auto. Auf dem Beifahrersitz soll sich noch eine weitere Person befunden haben.
Die Anklage der Staatsanwaltschaft lautet auf Mord aus Heimtücke, niedrigen Beweggründen und mit gemeingefährlichen Mitteln. Das Duisburger Schwurgericht hat für den Prozess zunächst noch neun Verhandlungstage vorgesehen. Mit einem Urteil ist voraussichtlich Mitte März nächsten Jahres zu rechnen.