Die Grundschule Gräfenau geriet ins Rampenlicht, weil viele Erstklässler das Jahr wiederholen mussten. Mittlerweile geht es voran, versichert Bildungsministerin Hubig.
Rheinland-Pfalz will Kinder mit großen Schwierigkeiten zum Start in der Schule gezielt unterstützen und diesen Grundschulkindern mehr Zeit einräumen. Acht Grundschulen beteiligten sich dafür an dem Pilotprojekt „First Class“, sagte Bildungsministerin Stefanie Hubig (SPD) der Deutschen Presse-Agentur in Mainz.
Geholfen werden soll Schülerinnen und Schülern, die beim Übergang von der Kita in die Schule noch sehr wenige Vorläuferfähigkeiten mitbringen. Dabei gehe es nicht nur um mangelnde Sprachkenntnisse, sondern auch darum, wie ein Stift und eine Schere richtig gehalten werden und auch das angemessene Verhalten in einer Gruppe.
Pilotprojekt „First Class“
Für diese Kinder soll es mit dem Pilotprojekt „First Class“ ermöglicht werden, die Eingangsstufe der ersten und zweiten Klasse bei Bedarf in drei Jahren zu absolvieren, erklärte die Bildungsministerin. Aus diesem Grund soll es die Möglichkeiten geben, die erste und zweite Klasse jahrgangsübergreifend zu unterrichten.
Die teilnehmenden Grundschulen sollen die Flexibilität haben, dass die Kinder nicht nur im Klassenverband vorrücken, sondern in Gruppen nach ihren Fähigkeiten organisiert werden können, berichtete Hubig.
Das Pilotprojekt knüpft an „First Class“ an, das an der Grundschule Gräfenau im vergangenen Schuljahr gestartet war. In Fokus dieses Vorhabens standen drei inhaltliche Schwerpunkte: die Förderung der Sprachkenntnisse, der mathematischen Grundkenntnisse sowie der feinmotorischen Fähigkeiten wie etwa das Stifthalten.
„First Class“ zuerst bei der Grundschule Gräfenau
Auslöser war, dass an der Grundschule mit einem Migrationsanteil von über 90 Prozent eine große Zahl von Kindern die erste Klasse wiederholen musste. Der Standort in der zweitgrößten Stadt in Rheinland-Pfalz wird von vielen als Brennpunkt oder Problemviertel bezeichnet. Viele Kinder sprechen wenig Deutsch oder kommen aus bildungsfernen Familien. Etliche der betroffenen Kinder waren nur kurz oder gar nicht in einem deutschen Kindergarten.
Die Methodik von „First Class“ mit einer stärkeren Vermittlung der sogenannten Vorläuferfähigkeiten werde mittlerweile an 30 Grundschulen in Rheinland-Pfalz angewendet, teilte die SPD-Politikerin mit. „Das bauen wir aus.“ Im nächsten Schuljahr sollen 30 weitere Grundschulen dazukommen. „Das wollen wir in den Grundschulen etablieren.“
Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft stand von Beginn an hinter dem Projekt „First Class“. Die GEW hatte sich früh dafür ausgesprochen, dass die Unterstützungsmaßnahmen von „First Class“ für frühkindliche Bildung und Grundschulbildung beispielgebend auch für andere Schulen in Rheinland-Pfalz sein könnten.
Ministerin: Es geht vorwärts
„Ich habe den Eindruck, dass es bei allen Schwierigkeiten an der Gräfenauschule vorwärtsgeht“, betonte die Bildungsministerin. Die Schulgemeinschaft sei engagiert und die Schule in vielen Landesprogrammen, es gebe Maßnahmen mit der Schulaufsicht und dem pädagogischen Landesinstitut.
Zum neuen Schuljahr sei die Ludwigshafener Grundschule etwa ein Familiengrundschulzentrum geworden und auch im Startchancen-Programms zur Förderung sozial benachteiligter Kinder und Jugendlicher in Rheinland-Pfalz, an dem überwiegend Grundschulen teilnehmen. Die Programme „Lesen macht stark“ und „Mathe macht stark“ seien verpflichtender Teil des Unterrichts.
Maßnahmenpaket
Die Familiengrundschulzentren sollen gezielt Kinder unterstützten, die nicht so gute Startvoraussetzungen haben wie andere. Das Konzept umfasst drei Säulen: Im Bereich Bildung gibt es etwa qualifizierte Hausaufgabenhilfe oder auch Sprachkurse für Eltern. Bei Beratungsangeboten für Kinder und Eltern sind auch Sprechstunden und eine Schuldenberatung angelegt. Die dritte Säule bilden soziale und kulturelle Angebote, um positive Erlebnisse zu ermöglichen und soziale Kompetenzen und Vernetzung zu fördern.
An Standorten wie der Gräfenauschule gebe es immer auch einen hohen Grad an Schulverweigerung aus unterschiedlichsten Gründen, berichtete Hubig. Deshalb gehe es bei diesen Hilfsangeboten auch darum, den Familien die Bedeutung von Schule und des Erziehungsauftrags zu vermitteln.
Das Startchancen-Programm richtet sich an sozial benachteiligte Kinder und Jugendliche, in Rheinland-Pfalz nehmen überwiegend Grundschulen an dem Förderprogramm teil. Insgesamt profitieren 200 Schulen im Land von den knapp 100 Millionen Euro pro Jahr, darunter 120 Grundschulen. Ziel des Programms ist es, die Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler vor allem beim Lesen und Schreiben sowie in der Mathematik zu stärken.