Kurzarbeit für hunderte Stahlwerker in Hennigsdorf – ab Januar steht die Produktion für einige Zeit still. Auch das Wirtschaftsministerium in Potsdam schaltet sich ein.
Angesichts der Krise in der Stahlindustrie wird ab Januar die Produktion im Hennigsdorfer Stahlwerk stillstehen. Rund 600 Mitarbeiter – und damit fast die gesamte Belegschaft – seien von Kurzarbeit für zunächst drei Monate betroffen, teilte ein Sprecher der Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH mit. Das Unternehmen gehört zum Konzern Riva Stahl.
Der brandenburgische Wirtschaftsminister Daniel Keller (SPD) sagte auf Anfrage, sein Ministerium sei in Gesprächen mit Betriebsrat und Werkleitung. Die Stahlindustrie in Deutschland steckt in Schwierigkeiten. Dumpingpreise vor allem aus Fernost, hohe Energiekosten und eine schwierige „grüne“ Transformation belasten die Branche. Es droht ein Stellenabbau.
Unternehmen: Dauer des Stillstands von Konjunkturentwicklung abhängig
Der Sprecher der Hennigsdorfer Elektrostahlwerke GmbH teilte mit, das Unternehmen sehe sich aufgrund der anhaltend schwierigen wirtschaftlichen Lage gezwungen, ab dem 1. Januar 2025 Kurzarbeit einzuführen. Zunächst erstrecke sich die Planung auf drei Monate, verbunden mit der Hoffnung, die Anlagen so schnell wie möglich wieder in Betrieb zu nehmen.
Aufgrund einer Betriebsvereinbarung zur Kurzarbeit könnten Entlassungen oder Betriebsschließungen vermieden werden. Wie lange der Produktionsstillstand ab Januar dauern werde, hänge sehr stark von der weiteren konjunkturellen Entwicklung ab, hieß es.
BSW-Landtagsabgeordnete besuchten Werk
Am Montag besuchten Landtagsabgeordnete des Bündnisses Sahra Wagenknecht (BSW) das Stahlwerk. Verantwortlich für die Probleme machen sie die „desaströse Wirtschafts- und Energiepolitik der Ampel“, wie es in einer Mitteilung hieß. Das BSW regiert in Bandenburg seit vergangener Woche mit den Sozialdemokraten.
Das BSW werde sich für den Erhalt der Arbeitsplätze in Hennigsdorf und eine schnelle Genehmigung für den Werksausbau einsetzen, teilte der BSW-Fraktionsvorsitzende im Landtag, Niels-Olaf Lüders, mit. Er kritisierte unter anderem, die Energiepreise seien wegen der „selbst verhängten Wirtschaftssanktionen“ gestiegen. Das SPD-geführte Wirtschaftsministerium Potsdam teilt mit: „Wir haben als Koalition in Brandenburg die Aufgabe, die märkische Wirtschaft in Zeiten schwieriger Rahmenbedingungen zu stabilisieren.“
Verband: Stahlindustrie kämpft ums Überleben
„Die gesamte deutsche Stahlindustrie kämpft derzeit um ihr Überleben und ihre Zukunft“, sagte die Hauptgeschäftsführerin des Branchenverbandes Wirtschaftsvereinigung Stahl, Kerstin Maria Rippel. Zu hohe Energiekosten und unfair subventionierte Konkurrenzprodukte aus China drohten, den Unternehmen die Luft abzuschnüren. Zudem steht die Stahlindustrie vor einem tiefgreifenden, milliardenteuren Umbau Richtung Klimaneutralität.