Syrer bei Trigema: Bonita Grupp: „Es wäre ein herber Verlust, auf sie verzichten zu müssen“

Trigema beschäftigt etliche Menschen aus Syrien in der Produktion. Firmenchefin Bonita Grupp über Geflüchtete auf der Schwäbischen Alb und sonderbare Forderungen aus der Union.

Frau Grupp, nach dem Sturz des Assad-Regimes ist die Lage in Syrien unübersichtlich. Nun fordern die Unionsparteien von der Bundesregierung einen schnellen Rückkehrplan für syrische Geflüchtete. Jens Spahn schlug 1000 Euro Rückkehrprämie vor. Sie sitzen für die CDU im Kreistag. Wie nehmen Sie diese Stimmen wahr?
Mit Verwunderung. Es ist ja noch völlig unklar, wie es in Syrien weitergeht und wie sich die Lage für Minderheiten und Frauen entwickeln wird. Ich finde es schwierig, so schnell davon auszugehen, dass die Menschen nach Syrien zurückkehren können oder wollen. Viele haben sich hier in Deutschland vollends integriert. 

Wie viele Menschen aus Syrien sind bei Trigema beschäftigt?
Wir haben 25 Personen syrischer Herkunft bei uns, davon haben mittlerweile 20 Prozent die deutsche Staatsbürgerschaft. Diese Menschen arbeiten bei uns in der Produktion, als Drucker, in der Logistik und vor allem als Näherinnen und Näher. Manche sind schon seit 2016 bei uns. Bisher habe ich von niemanden gehört, der überlegt, so bald wie möglich zurückzugehen. Einige haben auch Kinder, die hier in die Schule gehen. Ich gehe nicht davon aus, dass sie Deutschland schnell verlassen wollen. 

Wie groß wäre der Verlust für Trigema, wenn diese Menschen nach Syrien zurückkehren würden? 
Wir haben insgesamt 1200 Mitarbeiter, im Verhältnis sprechen wir also über eher wenige Leute. Aber sie sind größtenteils qualifizierte Näherinnen und Näher. Und die zu finden, ist sehr schwer für uns. Es gibt nicht mehr so viele Personen, die den Beruf ausüben wollen und auch gelernt haben. Viele unserer syrischen Mitarbeiter stammen aus der Gegend von Aleppo, das ist eine Textilregion. Die meisten haben nicht bei uns gelernt, sondern kamen schon mit Erfahrung in diversen Nähschritten zu Trigema. Es wäre also schon ein herber Verlust, auf sie verzichten zu müssen.

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Wie sind sie zu Trigema gekommen?
Flüchtlingshelfer haben Geflüchtete aus ganz Deutschland zu uns vermittelt. Sie werden ja nach ihren Qualifikationen gefragt – und wenn sie bereits Näherfahrung hatten, wurden sie zu uns auf die Schwäbische Alb geschickt, auch aus Norddeutschland oder Nordrhein-Westfalen. Später haben Mitarbeiter Verwandte und Bekannte nachgeholt. In Stellenanzeigen schreiben wir immer dazu, dass sich auch gerne Geflüchtete bewerben können. Mittlerweile haben wir dafür unsere eigenen Prozesse und wissen, worauf wir bei Aufenthaltsgenehmigung und Arbeitserlaubnis achten müssen. Wir bieten im Unternehmen auch Deutschkurse für unsere Mitarbeiter an. 

Wie gut funktioniert die Integration bei Trigema?
Wir haben ja nicht nur syrische Mitarbeiter, sondern auch Menschen aus Afghanistan, dem Iran oder Pakistan – und ganz vielen anderen Ländern. Insgesamt haben wir 40 Nationen in der Firma. Es läuft gut, auch wenn die Region hier sehr ländlich geprägt ist. Neue Mitarbeiter werden offen aufgenommen. Mit der Arbeitsagentur haben wir Aktionen wie zum Beispiel ein Speed-Dating für Geflüchtete veranstaltet, bei der sie sich vor Ort über die Berufe, die wir anbieten, informieren können. Wir haben darauf geachtet, dass Muttersprachler dabei sind, die den Beruf erklären und durch die Firma führen können. Da war von Arabisch über Farsi bis zu Paschtunisch alles vertreten. So konnten wir einige neue Mitarbeiter gewinnen.

Seit vergangenem Jahr sind Geflüchtete auf dem Firmengelände von Trigema untergebracht. Wie kam es dazu? 
Der Landkreis hat bei uns angefragt, ob wir ein Grundstück zur Verfügung stellen können, um neben dem Firmengebäude Container aufzustellen. Die Idee war auch, zu schauen, ob wir einige dieser Menschen bei uns beschäftigen können. Manche arbeiten jetzt bei uns, sind aber in eigene Wohnungen gezogen. Die Container stehen mittlerweile so gut wie leer, da der Bedarf an Flüchtlingsunterkünften im letzten halben Jahr nachgelassen hat. 

Zuletzt griff AfD-Landeschef Björn Höcke Unternehmen, die sich in der Initiative „Made in Germany. Made by Vielfalt“, zusammengetan haben und zu der auch Trigema gehört, scharf an und wünschte ihnen „schwere wirtschaftliche Turbulenzen“. Zudem werden Sie immer wieder dafür kritisiert, dass Sie mit „Made in Germany“ werben und viele Menschen mit Migrationsgeschichte beschäftigen.
Was Herr Höcke gesagt hat, konnte ich zuerst kaum glauben. Zum zweiten Punkt: Es gibt Menschen, die leider denken, dass „Made in Germany“ eigentlich „Made by Germans“ bedeutet. Das ist aber nicht der Fall und war es übrigens auch nie. Heute haben 35 Prozent unserer Mitarbeiter einen Migrationshintergrund. Ohne diese Fachkräfte könnten wir unsere Produktion nicht aufrechterhalten – so wie viele andere Unternehmen auch. 

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