„Beschämend“: Kinderschutzbeauftragter: Arbeit braucht mehr Geld

Als bisherige Bildungsstaatssekretär war Winfried Speitkamp auch der Landesbeauftragte für Kinderschutz. Was muss sich aus seiner Sicht künftig ändern?

Der scheidende Landesbeauftragte für Kinderschutz, Winfried Speitkamp, prangert die Finanzierung der zum Beauftragten gehörenden Geschäftsstelle an. 140.000 Euro standen zuletzt im Jahr dafür zur Verfügung, sagte Speitkamp. Das sei zu wenig. Mehr Geld sei nötig, vor allem für eine bessere personelle Ausstattung, vieles sei auf Kante genäht. „Das ist bei dem Thema eigentlich beschämend, wenn das so dünn gehalten wird“, kritisierte Speitkamp im Gespräch mit Nachrichtenagentur dpa.

Seit 2020 gibt es in Thüringen eine Landesbeauftragte beziehungsweise einen Landesbeauftragten für Kinderschutz. Die Aufgabe ist mit dem Amt des Staatssekretärs im Ministerium für Bildung, Jugend und Sport verbunden, das Speitkamp 2022 übernommen hatte. Mit der neuen Regierung aus CDU, BSW und SPD wird sich die Personalie ändern.

Speitkamp sagte, Kinderschutz sei eine Daueraufgabe, die eine weitere Sensibilisierung in der Gesellschaft und die Einbeziehung von Betroffenen erfordere. Kinder müssten deutlich häufiger als Erwachsene eine Sache ansprechen, bevor man sie ernst nehme. Auch deshalb sei es wichtig, dass Institutionen wie Schulen, aber auch Vereine Schutzkonzepte erarbeiteten, die helfen könnten, Kinder und Jugendliche vor jeder Form von Gewalt zu schützen. Die Geschäftsstelle des Landesbeauftragten bietet zur Erstellung der Schutzkonzepte etwa Podcasts und Online-Sprechstunden an.

Warnung vor schwierigen Abhängigkeitsverhältnissen

Die Bereitschaft, sich mit dem Thema auseinander zusetzen, sei gestiegen, so Speitkamp. Dennoch sei mehr Aufmerksamkeit für Situationen nötig, die etwa in der Kirche, in Schulen oder in Vereinen und dort entstehen könnten, wo es ein ungleiches Verhältnis zwischen Kindern und Erwachsenen gebe. „Es gibt überall Abhängigkeiten, wo sich Kinder nicht entziehen können“, betonte Speitkamp. 

Erwachsene sollten in solchen Situationen nicht unter Generalverdacht gestellt, aber für die Lage sensibilisiert werden. Ehrenamtliche dürften nicht vom Engagement in der Jugendarbeit abgeschreckt werden, sondern so gestärkt und informiert werden, dass sie sich in schwierigen Situationen angemessen verhalten könnten.

Anstieg bei Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung

Die Zahl der Kinder, die durch Vernachlässigung sowie körperliche und psychische Misshandlungen gefährdet sind, ist in Thüringen 2023 drastisch gestiegen. 

Bei insgesamt fast 4.800 Verfahren der Jugendämter zur Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung sei in mehr als 1.600 Fällen eine Gefährdung festgestellt worden. Das waren etwa ein Fünftel oder rund 280 Fälle mehr als im Jahr davor, geht aus Zahlen des Statistischen Landesamtes hervor.