Parteien: Spitzenkandidatin Lührmann will 20 Prozent für Grüne holen

Mit Anna Lührmann und Omid Nouripour als Spitzen-Duo gehen Hessens Grüne in die Bundestagswahl. Dass der Landesvorstand danach wegen Querelen zurücktreten will, begrüßen die Mitglieder.

Anna Lührmann als Spitzenkandidatin und Omid Nouripour auf dem zweiten Listenplatz führen Hessens Grüne in die für Februar geplante Bundestagswahl. Bei einem Landesparteitag in Marburg erhielt Lührmann eine Zustimmung von 92,74 Prozent. Gemeinsam mit den Parteimitgliedern wolle sie „in den Wahlkampf unseres Lebens“ ziehen, sagte die Bundestagsabgeordnete und Staatsministerin im Auswärtigen Amt für Europa und Klima.

Dabei gab sie auch ein Wahlziel aus: Wenn sie gefragt werde, ob die Grünen es schaffen, über 20 Prozent bei der Bundestagswahl zu holen, entgegne sie: „Muss ja“, sagte Lührmann. Es gehe darum, gemeinsam die Zukunft zu gestalten. Anstatt sich aktuellen Herausforderungen zu stellen, steckten andere Parteien lieber den Kopf in den Sand. Die Grünen müssten dafür sorgen, „dass nicht diejenigen gewinnen, die Trump feiern oder die bei Putin auf dem Schoß sitzen, sondern dass wir eine moderne Wirtschafts- und Klimapolitik machen können.“

Nouripour auf Listenplatz zwei 

Mit 95,91 Prozent Zustimmung wurde Nouripour auf Listenplatz zwei gewählt. Man habe viel erreicht beim Ziel, den Wohlstand des Landes zu erhalten, sagte der frühere Co-Bundesvorsitzende der Partei. Auch dazu gehörten die Energiepreise. „Aber es braucht noch viel mehr. Das braucht die Dekarbonisierung unserer Industrie, damit Stahl, Arbeit und Autobau in Deutschland weiterhin möglich ist.“ 

Gerade im kommenden Wahlkampf werde es zudem zentral sein, „dass es eine Partei, mindestens eine Partei gibt, die aufsteht und mit geradem Rücken und mit klarem Blick sich den Nazis und anderen Feinden unserer Demokratie entgegenstellt“.

Al-Wazir: Ende der Ampel auch „eine Chance“

Nach Deborah Düring auf Listenplatz drei wurde der frühere hessische Wirtschaftsminister Tarek Al-Wazir auf Platz vier der Liste gewählt mit 80,47 Prozent. Das Ende der Ampel-Koalition sei auch „eine Chance“, sagte Al-Wazir. In den nächsten Wochen wolle man mit den Bürgerinnen und Bürgern über Investitionen in die Infrastruktur sprechen, in Verkehr, Digitales und Bildung, „dass wir die nötigen Veränderungen so umsetzen wollen, dass sie als Chance und nicht als Bedrohung wahrgenommen werden“, so Al-Wazir. 

Zu dem Parteitreffen, an dem rund 1.100 Mitglieder der Grünen teilnahmen, war ursprünglich auch der Co-Bundesvorsitzende Felix Banaszak erwartet worden, der sich jedoch per Videobotschaft zu Wort meldete. Die Grünen könnten sich derzeit über großen Zuspruch freuen, sagte Banaszak. „Jeden Tag tritt ein Kreisverband mittlerer Größe neu in unsere Partei ein.“ 

Mietpreisbremse solle verlängert und nachgeschärft werden

Die vielen Krisen der vergangenen Jahre hätten die Gesellschaft verunsichert. Die Grünen wollten das Leben bezahlbar halten oder machen. Die Mietpreisbremse solle verlängert und nachgeschärft werden. Die Preisvorteile der Erneuerbaren Energien müssten zudem „endlich bei den Verbraucherinnen und Verbrauchern voll ankommen“. Weitere Themen seien Investitionen in Schulen und Kitas sowie Kaufanreize für Elektromobilität.

Das Parteitreffen wurde überschattet von Querelen in der Parteispitze. Zu Wochenbeginn hatte die Landesvorsitzende Kathrin Anders überraschend ihren Rücktritt erklärt und dies mit einer aus ihrer Sicht unzureichenden Aufarbeitung einer angeblichen Parteispendenaffäre bei den hessischen Grünen begründet. Dabei geht esum Auslandsreisen des Co-Landesvorsitzenden Andreas Ewald nach Israel und in die USA. Ewald will nun die Partei in Hessen noch bis zur Bundestagswahl alleine führen. Danach wollen er und der Landesvorstand zurücktreten, um den Weg freizumachen für eine Neuwahl der Parteiführung.

Antrag zu Rücktrittsankündigung des Landesvorstands angenommen

Am Abend nahmen die Mitglieder auf dem Parteitag einen Antrag zu dem Thema bei einer Enthaltung an. Demnach sollen die Mitglieder des Landesvorstands in den kommenden Wochen für parteiinterne Gespräche zur Verfügung stehen und Transparenz schaffen. Zudem soll sich der Landesfinanzrat erneut mit dem Thema befassen und auch über mögliche neue Regeln beraten.

Lührmann sagte, es sei wichtig, nach vorne zu schauen und Lehren aus der Debatte zu ziehen. Die Bundestagswahl stehe nun im Fokus, dafür habe die Partei viel Rückenwind. „Jetzt ist es wichtig, dass wir uns hier nicht selber ein Bein stellen, sondern diesen Aufwind eben nutzen, um zu einem möglichst starken Ergebnis bei der Bundestagswahl in Hessen zu kommen.“