P. Diddy und Harvey Weinstein: Erschreckende Parallelen im System des Machtmissbrauchs

Seit September sitzt Rapper P. Diddy in einem New Yorker Gefängnis. Ihm werden Vergewaltigung und Sexhandel vorgeworfen. Wie das System Diddy funktioniert haben könnte.

Die Akte P. Diddy liest sich wie ein düsterer Thriller. Die Staatsanwaltschaft wirft dem 55-Jährigen vor, Frauen sexuell missbraucht und mit Drohungen und Gewalt zur Teilnahme an Drogen- und Sexpartys genötigt zu haben. Zuletzt ging bei den Behörden in New York auch eine Klage von drei anonymen Männern ein, die den Rapper der Vergewaltigung beschuldigen. Sean Combs, wie Diddy mit bürgerlichem Namen heißt, bestreitet die Vorwürfe vehement. 

P. Diddy soll seine Macht über Jahre ausgenutzt haben

Auch für P. Diddy gilt die Unschuldsvermutung. Er ist erst dann schuldig, wenn eine Jury ihn schuldig spricht. Und dennoch ist das Bild, das die mutmaßlichen Opfer des Musikers über ihn zeichnen, erschreckend. Denn es zeigt wieder einmal, wie ein kriminelles System augenscheinlich über Jahre aufrecht erhalten wurde. 

Da werden Erinnerungen wach: an die Erzählungen von jungen Schauspielerinnen, die Ähnliches erlebt haben in Hollywood. Fast genauso wie der mittlerweile inhaftierte Filmproduzent Harvey Weinstein soll P. Diddy seine Macht ausgenutzt haben, um Menschen gefügig zu machen. War es bei Weinstein die Entscheidungsgewalt über Filmrollen, hatte Diddy über Jahrzehnte das Sagen in der Musikwelt. Er konnte Künstler und Künstlerinnen erfolgreich machen – oder eben ihre Karrieren vorzeitig beenden. 

Was wird ihm vorgeworfen?

„Wie aus der Anklageschrift zu entnehmen, hat Sean Combs das von ihm kontrollierte Geschäftsimperium jahrelang dazu benutzt, Frauen sexuell zu missbrauchen und auszubeuten sowie andere Gewalttaten und Behinderung der Justiz zu begehen“, erklärte US-Anwalt Damian Williams im September und bezog sich auf die offizielle Anklageschrift. „Heute wird er wegen organisierter Kriminalität und Sexhandels angeklagt. Wenn Sie Opfer von Combs‘ mutmaßlichem Missbrauch geworden sind – oder wenn Sie etwas über seine mutmaßlichen Verbrechen wissen – bitten wir Sie dringend, sich zu melden. Diese Ermittlung ist noch lange nicht abgeschlossen.“

Im Fall Diddy kam – anders als bei Weinstein – noch eine Beziehungskomponente hinzu. Denn es war die Ex-Freundin des Musikers, Cassandra „Cassie“ Ventura, die zuerst mit Gewaltvorwürfen an die Öffentlichkeit ging. Sie verklagte ihren Ex-Partner im Herbst vergangenen Jahres und einigte sich wenig später mit ihm außergerichtlich. Die Vorwürfe können Sie hier nachlesen.

Zu der Zeit glaubten noch viele Menschen an Diddys Unschuld. Bis sie im Frühjahr selbst zu sehen bekamen, wie Cassie durch Diddy Gewalt erlebte. Damals machten Bilder aus einer Überwachungskamera die Runde, die zeigen, wie Diddy 2016 seine damalige Freundin in einem Hotelflur verprügelte. Im Netz zeigten sich Fans schockiert, Diddy entschuldigte sich öffentlich in einem Instagram-Video.

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Zahlreiche Zivilklagen

Die Festnahme des Musikmoguls war der Anfang einer Flut an Vorwürfen. Im Oktober rief Anwalt Tony Buzbee anonyme Opfer öffentlich auf, sich mit ihm und seinem Team in Verbindung zu setzen. Er habe ungefähr 3000 Anrufe daraufhin erhalten, aus denen sich mittlerweile mehr als 20 Zivilklagen ergeben haben. Der BBC sagte Buzbee wenig später, er schätze, dass er um die 300 Zivilklagen gegen den Musiker zusammenbekommen werde. Eine immense Zahl. 

Buzbee sprach außerdem eine Warnung aus, die sich an Diddys prominente Freunde richtete: „Wenn Sie auf einer dieser Partys waren, […] dann haben Sie meiner Meinung nach ein Problem“, sagte der Anwalt. Besonders dann, wenn „Sie vorher dabei waren oder wussten, was passieren würde“, so Buzbee weiter. „Das heißt, Sie wussten, dass eine bestimmte Droge in Getränken verwendet würde, die dazu führte, dass Menschen ausgenutzt wurden.“

Prozessbeginn und potenzielle Strafen

Zuletzt wurde in einer Klage von Buzbee, in der er eine anonyme Frau vertritt, auch Rapper Jay-Z erwähnt. Dem Ehemann von Sängerin Beyoncé  wird vorgeworfen, gemeinsam mit Diddy eine damals erst 13-Jährige missbraucht zu haben. Jay-Z antwortete umgehend und wütend. Er dementierte nicht nur die Vorwürfe, sondern griff Buzbee selbst an. „Mein Herz und meine Unterstützung gilt den wahren Opfern in der Welt, die mit ansehen müssen, wie ihre Lebensgeschichte von diesem Krankenwagenjäger in einem billigen Anzug für Profit benutzt wird“, wehrte sich Jay-Z.

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Gut möglich, dass viele weitere Details zum System Diddy erst im Prozess des Musikers, der am 5. Mai kommenden Jahres beginnen soll, zutage treten werden. Bis dahin wird P. Diddy weiter im berüchtigten Metropolitan Detention Center in Brooklyn, New York einsitzen. Bei einer Verurteilung wegen organisierter Kriminalität droht ihm eine lebenslange Haftstrafe. Wird er des Sexhandels schuldig gesprochen, droht ihm eine weitere Mindeststrafe von 15 Jahren.

Quellen: AP / AFP / BBC