Die Bezahlkarte für Geflüchtete soll Kommunen entlasten und verhindern, dass Geld an Schleuser fließt. Wie läuft der Ausgabestart in Hessen ab? Und welche Kritik gibt es? Die wichtigsten Antworten.
Ab der kommenden Woche sollen in Hessen die ersten Bezahlkarten an Geflüchtete ausgegeben werden. Die Karte sei ein wichtiges Instrument, um die irreguläre Migration zu begrenzen, sagte Ministerpräsident Boris Rhein (CDU) in Wiesbaden. Das Signal an alle Schlepper laute: „Wir legen eure Finanzquellen trocken“.
In einem ersten Schritt erhalten ab Montag neu ankommende Flüchtlinge in der hessischen Erstaufnahmeeinrichtung die Karten, wie Sozialministerin Heike Hofmann (SPD) erklärte. Gleichzeitig könne die Verteilung in den Kommunen beginnen. Die hessenweite Einführung soll Ende März kommenden Jahres abgeschlossen sein.
Warum wird die Karte eingeführt?
Vor rund einem Jahr hatte sich die Ministerpräsidentenkonferenz unter hessischer Führung auf das neue System geeinigt. Die Karte soll unter anderem Geldzahlungen an Schleuser oder Familien in den Heimatländern verhindern und somit den Anreiz für die irreguläre Migration senken.
Zudem soll sie Kommunen bei der Verwaltung entlasten. Statt staatliche Leistungen in bar oder als Scheck auszuzahlen, wird das Geld auf die Karte gebucht. Die Länder hatten sich darauf geeinigt, den verfügbaren Bargeldbetrag auf 50 Euro pro Monat zu begrenzen. Individuelle Ausnahmen sind möglich.
Was kann man mit der Karte machen – und was nicht?
Die Bezahlkarte ist eine guthabenbasierte Debitkarte ohne Kontobindung, eine Überziehung des Guthabens ist nicht möglich. Sie kann in allen Geschäften eingesetzt werden, die Visa akzeptieren. Außerdem kann an allen Geldautomaten in Deutschland und bei teilnehmenden Einzelhändlern im Rahmen des Einkaufs kostenlos Bargeld abgehoben werden – bis zu dem besagten Betrag von 50 Euro. Überweisungen ins Ausland sind ausgeschlossen. Die Nutzer können sich über die „My SocialCard App“ oder das Online-Portal www.socialcard.de über Umsätze informieren.
Welche Kritik gibt es?
Der hessische Flüchtlingsrat lehnt die Karte ab. Einer der Gründe: Die Beschränkung des Bargeldbetrags auf 50 Euro pro Monat sei für die Geflüchteten dramatisch, weil gerade in den wirtschaftlichen Bereichen, die arme Menschen nutzen, wie Kleinanzeigen, Flohmärkte oder Tafeln, eine Kartenzahlung nicht möglich sei.
Die Wahl des Ziellandes hänge für die Geflüchteten sicherlich nicht davon ab, ob es ein paar Euro mehr oder weniger in bar gibt, argumentierte der Geschäftsführer des Flüchtlingsrats, Timmo Scherenberg. Entscheidender sei etwa die Frage nach der allgemeinen Lebensperspektive. Im Kampf gegen Schlepperei sollte man sichere Fluchtwege schaffen, forderte er.
Wie sieht die hessische Karte aus?
Die hessische Bezahlkarte ist eine blaue Visa Debitkarte. Sie ist im Design nicht von anderen Kreditkarten zu unterscheiden und daher nach den Worten von Sozialministerin Hofmann neutral und diskriminierungsfrei.
Ist der Einsatz der Karte kostenpflichtig?
Nein. Das Bezahlen mit der Karte ist ebenso kostenlos wie die Bargeldabhebung bei bestimmten Einzelhändlern wie etwa Aldi Süd, Lidl, Rossmann oder Edeka. Die ersten beiden Abhebungen am Geldautomaten sind kostenfrei, aber ab der dritten Abhebung werden 65 Cent pro Transaktion fällig.
Wer erhält eine Bezahlkarte in Hessen?
Die Bezahlkarte wird in der Erstaufnahmeeinrichtung des Landes Hessen an neu einreisende Geflüchtete ausgegeben, die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz beziehen und bereits einen Asylantrag gestellt haben. Daneben sollen auch Asylsuchende diese Karte bekommen, die bereits in der Erstaufnahmeeinrichtung leben. Auch nach Zuweisung in die Kommunen kann die Bezahlkarte dort grundsätzlich weiter genutzt werden.
Wer übernimmt die Kosten?
Die Einführung der Karte in Hessen wird vom Land bezahlt. Zur Koordinierung wurde eine eigene Stelle beim Regierungspräsidium Gießen geschaffen. Sie fungiert nach Angaben der Staatskanzlei als Bindeglied zwischen Land, Kommunen und Dienstleistern.