Energiewende: Experte zu hohem Börsenstrompreis: Kaum Folgen für Haushalte

Im Großhandel war Strom am Donnerstag zeitweise sehr teuer. Steigen dadurch jetzt die Preise für die Haushalte? Nein, sagen Experten. Es sei denn, man hat seinen Tarif an den Börsenpreis gekoppelt.

Zeitweise sehr hohe Stundenpreise an der Strombörse haben laut Experten so gut wie keine Auswirkungen auf Endverbraucher. Stromversorger würden ihren Strom in der Regel zu großen Anteilen über Langfristverträge beziehen, sagte der Energiemarktexperte Mirko Schlossarczyk vom Beratungsunternehmen Enervis der Deutschen Presse-Agentur dpa. „Das heißt, die beschaffen deutlich früher und auch nicht auf Stundenbasis, sondern auf Monats- oder Quartalsbasis.“ Einzelne Extremstunden fielen da nicht ins Gewicht für Endverbraucher.

Am späten Donnerstagnachmittag zwischen 17 und 18 Uhr hatte eine Megawattstunde Strom im deutschen Stromgroßhandel 936 Euro gekostet, das sind fast 94 Cent je Kilowattstunde. „Wenig Wind & hoher Verbrauch kamen zusammen“, erklärte das Bundeswirtschaftsministerium den hohen Preis. Zum Vergleich: Im Tagesdurchschnitt kostete eine Megawattstunde am Donnerstag 395 Euro. Am windreichen 6. Dezember lag der Preis dagegen im Schnitt nur bei 86 Euro.

Experte: Hohe Preise nur für sehr wenige Verbraucher relevant

Relevanz haben solche hohen Preise laut Schlossarczyk nur für Verbraucher, die einen flexiblen Tarif haben, der an den Börsenstrompreis gekoppelt ist. „Das sind aber ganz, ganz wenige Verbraucher in Deutschland.“ Relevanter könnten solche hohen Preise nach Angaben des Experten aber für die Industrie werden. „Es gibt einige Industrieunternehmen, die ihren Restbedarf sehr, sehr kurzfristig beschaffen.“

Die Bundesnetzagentur wies darauf hin, dass Kunden mit festen Stromtarifen von Börsenstrompreisen nicht betroffen sind. „Sie zahlen den mit ihrem Lieferanten vereinbarten Preis.“ Sie profitierten dafür auch nicht von den Zeiten sehr niedriger Börsenpreise.

Schwedens Energieministerin „sauer auf die Deutschen“

Schwedens Energieministerin Ebba Busch äußerte sich im Zusammenhang mit den hohen Preisen kritisch in Richtung Deutschland. Laut der Zeitung „Aftonbladet“ ist sie „sauer auf die Deutschen“, weil diese das Land nicht in Strompreiszonen eingeteilt und die Atomkraft abgeschaltet haben, wie sie am Donnerstag in einer Pressekonferenz sagte. Die hohen Strompreise in Südschweden seien aber auch das Ergebnis der stillgelegten Atomkraft dort.

Das Bundeswirtschaftsministerium kommentierte die Äußerungen nicht direkt, schrieb aber im Kurznachrichtendienst X, dass Deutschland und Schweden durch eine Leitung mit einer Kapazität von 600 Megawatt miteinander verbunden seien. Schweden habe vier Gebotszonen. „In der südlichsten, mit der wir verbunden sind, gibt es nur wenige eigene Kraftwerkskapazitäten.“

BMWK: Schweden profitiert auch von deutscher Windkraft

In manchen Zeiten des Jahres profitiere Schweden von deutschen Windkraft-Kapazitäten und beziehe günstigen deutschen erneuerbaren Strom, betonte das Ministerium. „In Zeiten von wenig Wind importieren wir Strom aus Schweden, der dort aus Wasserkraft mit großen Speicherseen erzeugt wird. So funktioniert der Stromhandel.“

Laut Bundesnetzagentur ist es nicht ausgeschlossen, dass in den nächsten Wochen ähnlich markante Preisausschläge auftreten. Die Bundesnetzagentur hält gesetzgeberische Maßnahmen für den Zubau steuerbarer Kapazitäten weiterhin für dringend geboten.

Eigentlich sollte der Zubau neuer Gaskraftwerke per Gesetz gefördert werden. Diese sollen künftig einspringen, wenn der Strombedarf durch erneuerbare Energien nicht zu decken ist – in „Dunkelflauten“, wenn keine Sonne scheint und kein Wind weht. Die Gaskraftwerke sollen später auf klimafreundlicheren Wasserstoff umgestellt werden. Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) hat die entsprechenden Pläne für ein neues Kraftwerksgesetz aber begraben, weil nach dem Ampel-Aus die erforderlichen Mehrheiten im Bundestag fehlen. 

Bundesnetzagentur prüft Vorwürfe auf Marktmissbrauch

Die Regulierungsbehörde berichtete außerdem, dass sie Vorwürfe auf „marktmissbräuchliches Verhalten“ im Zusammenhang mit den Preisspitzen prüfe. Bei Vorliegen entsprechender Anhaltspunkte werde man weitere Ermittlungsmaßnahmen einleiten. Einzelheiten nannte die Behörde nicht. Ein Marktmissbrauch liegt etwa dann vor, wenn Kraftwerkskapazitäten zurückgehalten werden, um den Strompreis nach oben zu treiben.

„Die sichere Stromversorgung war zu keinem Zeitpunkt gefährdet“, erklärte die Bundesnetzagentur weiter. Deutschland verfüge über ausreichend Erzeugungskapazitäten. Von den Übertragungsnetzbetreibern seien in den Stunden mit Preisen oberhalb von 300 Euro auch keine Reservekraftwerke eingesetzt worden.