Fernsehen: Eine Familie zwischen Trauer und Neuanfang

Sie leben den Traum vieler Menschen: Im Einklang mit der Natur wohnt eine Familie auf einem Bauernhof im norwegischen Nirgendwo. Ein Schicksalsschlag ändert alles, wie die Doku „Wild und frei“ zeigt.

Wie wollen wir leben und was ist im Leben wirklich wichtig? Auf diese Frage gibt es wohl so viele Antworten wie Menschen. Für Familie Payne aus Norwegen war lange klar, dass Freiheit und Natur im Mittelpunkt stehen sollen. „Aber wenn man sich für ein Leben entscheidet, das sehr von einem selbst abhängig ist, dann ist es ziemlich fragil“, sagt die Mutter im Dokumentarfilm „Wild und Frei“  am 11. Dezember um 21.45 Uhr auf Arte. 

Wie fragil dieses Leben ist, merkt die Familie, als die Mutter schwer erkrankt. Plötzlich ist nichts mehr, wie es einmal war. Es gibt jetzt ein „Vorher“ und ein „Nachher“.

Tödliche Krebserkrankung als Wendepunkt

Vorher lebten die Paynes auf einem kleinen Hof mitten im norwegischen Wald. Die Eltern Maria und Nik unterrichteten die älteren der vier Kinder Ronja, Freja, Falk und Ulv zu Hause. Sie waren autark, lebten von dem Geld, das Maria als Fotografin verdiente. 

Doch die tödliche Krebserkrankung von Maria markiert einen Wendepunkt. Vater Nik muss sich an den Gedanken gewöhnen, die Farm zu verkaufen. „Allein verdiene ich nicht genug, um den Kredit abzuzahlen“, sagt er. Für die Kinder ist das ein tiefer Einschnitt. „Es wird traurig sein, all das zurückzulassen“, sagt das zweitjüngste Kind Falk zu seinem Vater. „Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, Papa.“

Neue Einflüsse von außen

Weil der Vater Geld verdienen muss, bleibt keine Zeit mehr für Unterricht zu Hause. Die Kinder müssen nun die Schule besuchen. Vor allem für Freja (10) ist das ungewohnt. Ihr Unwohlsein an ihrem ersten Tag in der Schule und ihre gemischten Gefühle zeigt die Macherin der Doku eindrucksvoll mit Momenten der Stille oder behutsamer musikalischer Untermalung.

Alle müssen sich den neuen Einflüssen von außen stellen. Den Schutz, den das abgeschiedene Leben bot, gibt es nicht mehr. Freja fällt es zunächst schwer, in der Schule Anschluss zu finden. „Das ist ein bisschen blöd. Da ist keiner, der mich richtig versteht“, sagt sie. 

Auch für den Vater Nik ist es nicht leicht. „Es gibt Höhen und Tiefen. Es gibt ziemlich gute Phasen, dann kommen wieder schlimmere.“ Der Brite denkt darüber nach, zurück in sein Heimatland zu ziehen. „Ich habe immer noch das Gefühl, dass es in England leichter für mich wäre. Ich wäre gerne bei meiner Familie und nicht mehr so allein.“

Tochter aus früherer Beziehung fängt neu an

Worüber der Vater noch nachdenkt, hat Ronja, Marias Tochter aus einer früheren Beziehung, schon gewagt: Sie zieht erst einmal zu ihrem leiblichen Vater in die Stadt und lebt getrennt von ihren Halbgeschwistern. 

Währenddessen findet sich Freja nach und nach in der Schule ein – und will sogar mehr als drei Tage in der Woche ihre Klasse sehen. In einem Brief an ihre ältere Schwester erzählt sie von ihrer neuen besten Freundin Ingrid. „Wir machen viele lustige Sachen zusammen“, schreibt Freja, während Videoaufnahmen der beiden Mädchen beim Shoppen zu sehen sind. Ein Kontrast du dem abgeschiedenen Leben der Vergangenheit. 

Zerrissenheit des Vaters

Der Vater bleibt zerrissen, wird aber zuversichtlicher: „Ich habe ein gutes Gefühl, was die Zukunft angeht.“ Beim Besuch am Grab der Mutter stellt eines der Kinder fest: „Ich dachte, wir würden unser ganzes Leben lang traurig sein. Aber das stimmt nicht. Denn Mama ist ja immer in der Luft um uns herum und in uns drin.“

Zwischen Trauer und Freude zeigt Silje Evensmo Jacobsens Doku die große Liebe einer Familie. Es sind berührende Einblicke, alles wirkt authentisch. Es entsteht eine Nähe, die das Publikum zum Teil der Familie macht.