Philosoph: Vom Philosophischen zum Politischen: Precht wird 60

Von den philosophischen zu den politischen Fragen: Der Bestseller-Autor Richard David Precht wird 60 Jahre alt.

Sein Name steht nicht mehr wie früher am Klingelschild. Aber Sicherheitsgründe habe das nicht: „Da haben einfach zu viele Leute geklingelt“, sagt Richard David Precht. Er ist Philosoph, Hochschullehrer, Podcaster, Besteller-Autor, TV-Talker und Keynote-Speaker. Heute wird er 60 Jahre alt. 

Seinen Durchbruch verdankt er Elke Heidenreich, die Anfang 2008 sein Buch „Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?“ in die Kamera hielt. „Wenn Sie das lesen, werden Sie glücklich“, versprach die Literaturkritikerin – danach war Prechts Leben nicht mehr dasselbe. „Der Verlag war gar nicht darauf eingestellt. Die hatten 10.000 Exemplare gedruckt, die waren am nächsten Tag weg“, erinnert er sich. 

„Ich hatte einen Bestseller geschrieben, den es fast zwei Monate lang in keiner Buchhandlung gab. Ich kam mir vor, wie in einem ganz merkwürdigen Film und musste mich mehr als einmal kneifen.“ Es folgte eine Reihe weiterer Bücher. Schon vor drei Jahren meldete der Buchreport 4,2 Millionen verkaufte Exemplare der verschiedenen Precht-Titel allein im deutschsprachigen Raum. Übersetzt wurden sie in 40 Sprachen. 

In einem der Bücher erklärt Precht seinem Sohn Oskar die Welt. Die Diskussionen waren anscheinend ansteckend: Inzwischen studiert Oskar internationale Politik.

„Sich nicht zu engagieren, wäre sträflich“

Vor einer Weile wechselte auch Precht von den philosophischen Fragen zu den politischen Themen. „Wenn man in strukturell spannenden politischen Zeiten lebt, ist es selbstverständliche Aufgabe als öffentlicher Intellektueller, sich damit zu beschäftigen“, sagt er. „Sich nicht zu engagieren wäre sträflich.“

Mit dem Erfolg und seinen manchmal kontroversen Positionen blieb die Kritik nicht aus. Pop-Philosoph wurde er genannt, Bürgerphilosoph und ein „Bescheidwisser, der ständig irrt“. Auch „André Rieu der Philosophie“ blieb ihm nicht erspart. 

Aufgewachsen ist Precht in Solingen, Schauspielerin Veronica Ferres war seine Klassenkameradin. 30 Jahre lang lebte er in Köln, bevor er vor acht Jahren aus privaten Gründen nach Düsseldorf umzog. Kölsch mag er immer noch lieber als Altbier und der Karneval in der Landeshauptstadt könne mit dem in Köln auch nicht mithalten: „Da liegen Welten zwischen.“ 

Anfahren am Berg

Mit dem Autofahren steht er auf Kriegsfuß: „Ich habe meinen Führerschein in Solingen gemacht, aber ich kann kein Auto fahren – wie viele Philosophen übrigens.“ In Luxemburg habe er mal Probleme mit dem Anfahren am Berg gehabt. „Hinter mir hupten die Leute. Ich bin dann ausgestiegen und habe mich an den Straßenrand gesetzt.“ 

Precht wurde zum Bahnfahrer: „Ich genieße das Leben in vollen Zügen.“ Den Versuch, die Deutsche Bahn an die Börse zu bringen, habe er schon damals für einen katastrophalen Irrtum gehalten. „Jetzt zahlen wir die Zeche dafür.“ Trotz allem habe er grundsätzlich Sympathie für die Bahn. „Eigentlich sitze ich gerne im Zug. Das Zugpersonal ist unglaublich freundlich geworden. Und ich kann da gut arbeiten.“

Dennoch: Einmal sei er nachts auf einem Bahnhof mit vielen anderen zunehmend genervten Reisenden gestrandet. „Das hat schon so eine Endzeitatmosphäre. Da drückt sich in bestimmten Momenten die Seelenlage in diesem Land ganz gut aus: Der Nukleus der deutschen Befindlichkeit.“ 

Zukunftspläne

Seine Pläne für die Zukunft: „Es steht noch der fünfte Band der Philosophiegeschichte aus. Dann ist dieses insgesamt 3.000-seitige Projekt beendet – das hat sich dann über zehn Jahre in meinem Leben hingezogen.“ Und er arbeite an einem Essay zum Thema Meinungsfreiheit: „Das Buch kommt im kommenden Herbst raus.“ 

Er sei dankbar für sein bisheriges Leben und hege deswegen einen besonderen Plan: „60 ist eine gute Zahl um zurückzuzahlen.“ Er plane etwas mit der Hilfsorganisation Cap Anamur – voraussichtlich in Uganda. „Es wird etwas mit Bildung zu tun haben, aber es ist in den Anfängen und noch nichts spruchreif.“ Seinen Geburtstag wird er weder in Düsseldorf, noch in Köln verbringen, sondern mit Freunden „irgendwo in den Bergen“.