Die Grünen in Baden-Württemberg stellen sich für die Bundestagswahl auf. Die Partei setzt auf ein Duo aus aktuellen und ehemaligen Führungskräften.
Mit einem ungewöhnlichen Spitzenduo ziehen die baden-württembergischen Grünen in den Wahlkampf: Die Landesliste für die Bundestagswahl führen die neue Co-Bundesvorsitzende Franziska Brantner und ihre Vorgängerin im Amt der Parteichefin, Ricarda Lang, an. Die Delegierten wählten Brantner mit 92,35 Prozent der Stimmen bei einem Parteitag in Reutlingen zu ihrer Spitzenkandidatin. Sie erhielt 181 Ja-Stimmen und 7 Nein-Stimmen – 8 Delegierte enthielten sich. „Das ist ein bombastisches Ergebnis“, sagte die 45-Jährige nach der Wahl.
Brantner bildet gemeinsam mit der ehemaligen Bundeschefin Ricarda Lang ein Spitzenduo für die Bundestagswahl am 23. Februar. Lang wurde mit 94,36 Prozent auf Platz 2 der Landesliste gewählt. Sie erhielt 184 Ja-Stimmen und 6 Nein-Stimmen. Es gab 5 Enthaltungen.
Zuvor hatten Brantner und Lang die Partei mit kämpferischen Reden auf den Wahlkampf eingestimmt. Lang rief den Delegierten zu, man dürfe nicht abstrakt über Wirtschaft sprechen. Wählerinnen und Wähler müssten wissen, dass die Grünen für ihren Job und ihre Familien kämpften. „Parteien, die ihnen vorgaukeln, dass wir das mit Elektromobilität und Klimaschutz einfach lassen können, die gibt es schon genug“, sagte Lang. Die Wählerinnen und Wähler wüssten selbst, dass das ökonomischer Wahnsinn sei.
Lang: Aus der Blase rausgehen
Aus Sicht von Lang darf sich die Partei jetzt nicht mit sich selbst beschäftigen. „Nabelschau ist niemals ein guter Ausgangspunkt für Politik“, sagte Lang. Stattdessen sollten die Grünen „raus aus unserer Blase“ und um die Herzen und Köpfe der Menschen kämpfen.
Brantner warb dafür, das Leben der Menschen zu vereinfachen. Dafür sei ein „digitales Deutschland“ nötig. „Deswegen brauchen wir dringend eine Deutschland-App, in der das alles digital möglich ist: die Bestellung vom Reisepass, die Kfz-Zulassung, aber auch die Bestellung vom Kita-Essen“, sagte Brantner.
Brantner: Menschen spüren Last
Sie betonte in ihrer Rede, dass die Partei auf soziale Gerechtigkeit setze. Viele Menschen spürten die Last gestiegener Kosten beim Wohnen, beim Heizen und bei Lebensmitteln. „Manche schüren diese Ängste, aber wir, wir geben Antworten“, so Brantner.
Die Heidelbergerin hatte die Liste schon bei der Bundestagswahl 2021 angeführt. Sie ist seit wenigen Wochen gemeinsam mit Felix Banaszak Bundesvorsitzende der Grünen. Lang hatte nach der Wahlschlappe der Partei in Brandenburg Ende September mit ihrem Co-Vorsitzenden Omid Nouripour ihren Rückzug von der Parteispitze angekündigt. Sie ist seit 2021 Bundestagsabgeordnete und hat ihren Wahlkreis in Schwäbisch Gmünd und Backnang.
Derzeit stellen die Südwest-Grünen im Bundestag 17 Abgeordnete. Nicht mehr für den Bundestag kandidiert Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir, der seit dem Aus der Ampel-Koalition auch das Bundesbildungsministerium führt. Özdemir hatte jüngst bekanntgeben, bei der Landtagswahl im Frühjahr 2026 als Spitzenkandidat der Partei für die Nachfolge von Ministerpräsident Winfried Kretschmann antreten zu wollen.
Ihn feierten die Delegierten nach einer langen Rede mit minutenlangem Applaus und Standing Ovations. Während der Rede brach in der Halle Jubel aus, als Özdemir sagte, er habe sich entschieden, als Kandidat für das Amt des Ministerpräsidenten anzutreten. „Ich trete an, um die Wahl zu gewinnen“, sagte er. Er wolle fortführen, was Kretschmann in dreizehn Regierungsjahren gezeigt habe: „Vorne dabei sein, wenn an allen Ecken und Enden Neues entsteht“, sagte Özdemir.
Özdemir forderte mit Blick auf die Bundestagswahl von den demokratischen Parteien mehr Kompromissbereitschaft. „Für uns Grüne heißt das beispielsweise, dass wir mehr Offenheit zeigen für Marktanreize und über Preissignale zu arbeiten“, sagte Özdemir. Als Beispiel nannte Özdemir den Emissionshandel.
Scharfe Spitzen gegen die CSU
Özdemir rief die SPD auf, sich davon zu lösen, Herausforderungen nur mit „Transfer-Sozialpolitik“ lösen zu wollen. „Der Wohlstand muss erstmal hart erarbeitet werden, bevor er verteilt wird“, sagte Özdemir. An die CDU gerichtet sagte er: „Es muss euch doch kein Zacken aus der Krone fallen, wenn wir die Schuldenbremse endlich so weiterentwickeln, dass wir wieder mehr Investitionen stemmen können.“
Und auch eine Spitze gegen die CSU von Markus Söder, der die Grünen seit Monaten scharf angreift, setzte Özdemir. Im nächsten Bundeskabinett dürfe kein Verkehrsminister der CSU sitzen, rief Özdemir den Delegierten zu. „Leistungsloses Geld für die liebe CSU, indem man Scheuer zum Verkehrsminister macht, der das Geld anderer Leute, die hart dafür arbeiten müssen, zum Fenster rauswirft wie bei der Maut – das muss ein Ende haben“, sagte Özdemir. Man werde dafür sorgen, dass das nicht wieder vorkomme. Der CSU-Politiker Andreas Scheuer war von 2018 bis 2021 Bundesverkehrsminister.