Wenn etwa ein Italiener schwer gegen die Straßenverkehrsordnung in Deutschland verstößt, könnte das künftig auch in Italien Konsequenzen haben. Und Deutsche wären im EU-Ausland ebenfalls betroffen.
Die EU-Verkehrsminister wollen einen Führerscheinentzug künftig in der gesamten Europäischen Union durchsetzen. „Wenn jemand den Führerschein in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union verloren hat, weil er gegen Straßenverkehrsvorschriften massiv verstoßen hat, dann soll er oder sie überall nicht fahren dürfen“, sagte Bundesverkehrsminister Volker Wissing.
Eine Mehrheit der EU-Staaten sieht das ähnlich und stimmte in Brüssel ebenfalls für das Vorhaben, wie der EU-Ministerrat mitteilte. Damit soll die Verkehrssicherheit erhöht werden. Der ADAC sieht in einer einheitlichen Regelung ebenfalls einen Beitrag zur Verkehrssicherheit.
Bürgerinnen und Bürger müssen künftig damit rechnen, ihre Fahrerlaubnis unionsweit zu verlieren, so das Verkehrsministerium. „Das ist für uns als großes Transitland in Deutschland besonders wichtig“, sagte Wissing. Betroffen wären Verkehrssünder, die schwere Delikte begangen haben wie etwa Alkohol- oder Drogenfahrten, Rasen oder Straßenverkehrsverstöße mit Todesfolge.
Auch auf Fahrverbote ab drei Monaten sollen die Regeln angewendet werden. Bei Verboten unter drei Monaten soll die geplante Richtlinie dem Willen der Ministerinnen und Minister zufolge nicht greifen. Bevor die Vorgaben in Kraft treten können, müssen sie noch mit dem Europaparlament final ausgehandelt werden.
Ausnahme vorgesehen
Nach Angaben einer Sprecherin des Verkehrsministeriums soll es aber Ausnahmen geben. Der Staat, der einen Führerschein ausgestellt hat, „muss die unionsweite Wirkung eines Fahrberechtigungsverlusts nicht anordnen, wenn das jeweilige schwere Verkehrsdelikt im Aussteller-Mitgliedstaat nicht zu einem Fahrberechtigungsverlust führen würde“, hieß es.
In Fällen in denen im Aussteller-Mitgliedstaat kein Führerscheinentzug vorgesehen soll aber ein Fahrverbot verhängt werden und die Eignung des Verkehrssünders überprüft werden. Daraufhin können „etwaige für angemessen befundene Maßnahmen“ ergriffen werden.
Wer seinen Führerschein verloren hat, muss dem Willen der EU-Staaten zufolge seinen Lappen aber nicht im Land des Vergehens – also beispielsweise Italien, Spanien oder etwa Portugal – neu beantragen. Es wäre nach Angaben des Verkehrsministeriums Sache des EU-Landes, das den Führerschein ausgestellt hat, beziehungsweise des Landes in dem der betroffene Verkehrssünder wohnt. Zudem könne die unionsweite Wirkung des Führerscheinentzugs in Deutschland angefochten werden, wenn Deutschland den entsprechenden Führerschein ausgestellt habe.
Europaparlament will ebenfalls EU-weite Auswirkungen
Das ebenfalls an der Gesetzgebung beteiligte Europaparlament hatte seine Position zu dem Vorhaben bereits im Februar festgelegt. Grundsätzlich will auch das Parlament, dass schwere Verkehrsdelikte künftig EU-weite Auswirkungen haben. Debatten wird es vermutlich um Detailregelungen geben.
Bei dem Vorhaben handelt es sich zudem um eine Richtlinie, die Vorgaben müssen also noch in nationalem Recht umgesetzt werden. Dafür gibt es Übergangsfristen, oft beträgt diese rund zwei Jahre. Bis ein neues EU-Gesetz zu einem EU-weiten Führerscheinentzug also auch tatsächlich angewendet werden, dürfte noch einige Zeit vergehen.
Mehr als 20.000 Verkehrstote in der EU
Auf den Straßen der Europäischen Union sind im vergangenen Jahr mehr als 20.000 Menschen ums Leben gekommen und damit quasi so viele wie 2022. Selbstgestecktes Ziel der EU ist es eigentlich, die Zahl der Verkehrstoten und Schwerverletzten in der Union bis 2030 zu halbieren. Um das zu erreichen, müsste die Zahl der Verkehrstoten jährlich um 4,5 Prozent sinken.
Während die Zahl der jährlichen Verkehrstoten zwischen 2001 und 2010 nahezu halbiert wurde, hat sich der Fortschritt seit Beginn der 2010er Jahre offiziellen Zahlen zufolge aber verlangsamt. Bis 2050 soll es nach dem Willen der EU gar keine Verkehrstoten mehr geben.
Schweden hat mit 22 die wenigsten Verkehrstoten pro eine Million Einwohner in der EU. Die höchste Rate an Toten pro eine Million Einwohner hatten Bulgarien und Rumänien mit 82 und 81 Opfern zu verzeichnen. Deutschland liegt bei 34 und damit unter dem EU-Schnitt von 46 Unfallopfern pro eine Million Einwohner.