Es kommt nicht so oft vor, dass sich Umweltverbände und Reiseanbieter einig sind. Anlagen, die Schiffe während Liegezeiten von Landseite mit Strom versorgen, finden aber beide gut. Und es werden mehr.
Mit Mainz will eine weitere rheinland-pfälzische Stadt den Flusskreuzfahrt-Tourismus ein Stück weit grüner machen. In der Landeshauptstadt wurden sechs Landstromanlagen offiziell in Betrieb genommen. Mit ihnen können Schiffe während der Liegezeiten komplett von Landseite mit Strom versorgt werden, Dieselmotoren müssen nicht mehr durchlaufen. Das verringert den Lärm und die Belastung der Luft. Allein ist Mainz damit im Land längst nicht.
Mit einem Förderprogramm von Bund und Land wurden seit 2020 schon Projekte in Koblenz, Andernach und Saarburg bezuschusst, wie das Wirtschafts- und Verkehrsministerium mitteilte. Die sechs Anlagen in Mainz, wo laut Stadt jährlich bis zu 800 Schiffe festmachen, verteilen sich auf vier städtische Anleger sowie zwei von Reedereien. Land und Bund gaben hälftig insgesamt 1,45 Millionen Euro, Betreiber sind die Düsseldorfer Rheinwerke.
Landstrom statt Dieselaggregat
Mit den Landstromanlagen samt Trafokammern und damit dem Anschluss der Schiffe an das öffentliche Stromnetz sollen jährlich bis zu 500 Tonnen CO2 eingespart werden. Sie sind Teil der Umsetzung des städtischen Masterplans „M3 – Green City Mainz“ zur Verbesserung der Luftqualität. Es ist fortan Auflage für Schiffe, die mehr als eine halbe Stunde lang anlegen, den Landstrom zu nutzen. Oberbürgermeister Nino Haase (parteilos) sagte, er wisse aus eigener Erfahrung, welch großer Unterschied es vom Lärm her sei, ob ein Dieselaggregat laufe oder ein Schiff eine Landstromanlage nutze.
Wirtschafts- und Verkehrsministerin Daniela Schmitt (FDP) sprach von einem guten Signal. Die Schifffahrt werde mehr, nicht nur die Güterschifffahrt, sondern auch die Fahrgastschifffahrt. Letzteres freue sie, die auch Ministerin für Tourismus ist, einerseits sehr. Gleichzeitig solle aber auch die Luft möglichst reingehalten werden. Das Land habe sich zum Ziel gesetzt, Binnenhäfen zu ertüchtigen. Das schließe neben dem Aufbau von Landstromanlagen auch Erneuerungen von Kaianlagen ein oder die Ertüchtigung zu Umschlagplätzen für Wasserstoff.
Koblenz machte den Anfang – erstes gefördertes Projekt im Land
Ein weiterer wichtiger Anlaufpunkt für Flusskreuzfahrten ist stromabwärts von Mainz die Rhein-Mosel-Stadt Koblenz. Hier gibt es schon länger Landstromanlagen, 2021 wurde das Angebot erweitert und modernisiert. Hierfür flossen insgesamt rund 1,16 Millionen Euro von Land und Bund, es wurden damit nach Angaben der Koblenz-Touristik knapp 80 Prozent der Nettokosten in Höhe von knapp 1,5 Millionen Euro übernommen. Laut Koblenz-Touristik bringen Schiffe an den Anlegern pro Jahr mehr als 200.000 Besucher in die Stadt.
Die erweiterten Anlagen machen es möglich, dass sechs große Fahrgastschiffe mit einer Länge von bis zu 135 Metern gleichzeitig anlegen und mit Strom versorgt werden können. Hier ist von einer Reduzierung der CO-Belastung in der Altstadt von fast 900 Tonnen pro Jahr die Rede. „Rückblickend sind wir sehr zufrieden mit der Investition, da diese zum einen eine echte Verbesserung der Lebensqualität der Anlieger bedeutet und zum anderen eine enorme Ersparnis an CO2 bedeutet“, sagt ein Sprecher von Koblenz-Touristik.
In Trier beginnen 2025 Bauarbeiten
In Trier bauen die Stadtwerke derzeit gemeinsam mit dem Unternehmen Viking Cruises zwei neue Anlegestellen für vier Flusskreuzfahrtschiffe am Moselufer. Es entsteht unter anderem eine neue Stromanbindung an ein Umspannwerk. Insgesamt werden dort nach früheren Angaben der Stadtwerke rund 1,8 Millionen Euro investiert, 2025 sollen die Bauarbeiten losgehen, erste Passagiere könnten Ende 2026 dort an Land gehen.
Und was sagen Anbieter von Flusskreuzfahrten zu Landstrom? Der ermögliche einen umweltfreundlichen und nachhaltigen Betrieb der Schiffe, so würden Geräusche und CO2-Emissionen verringert, teilt eine Sprecherin von Nicko Cruises in Stuttgart mit. „Dies ist ein bedeutender Schritt in Richtung eines nachhaltigeren Tourismus.“ Alle eigenen Schiffe seien mit Anschlüssen für Landstrom ausgestattet
Nabu-Experte: „Niemand will mehr dreckig sein“
Auch Sönke Diesener, Experte für Schifffahrt beim Naturschutzbund Nabu, begrüßt die Ausstattung von Häfen mit Landstromanlagen. In der Seeschifffahrt habe sich aufgrund europäischer Vorgaben schon ganz viel getan, mittlerweile gehe es auch in der Flussschifffahrt voran. „Da kommt es oft von der Kommune“, sagt Diesener. Auch Beschwerden von Anwohnern über Lärm und Abgase brächten das Thema voran.
Reiseanbieter würden auch deswegen Landstrom nutzen, weil ihnen das eigene Image wichtig sei, sagt Diesener. „Niemand will mehr dreckig sein.“ Es dürfe zudem nicht vergessen werden, dass Landstrom mehr Komfort für die Passagiere bringe. Wenn Motoren nicht laufen müssen, gebe es an Bord kein Ruckeln und keine Vibration mehr und auch keinen Abgasgeruch mehr.
Landstrom allein mache aber nicht gleich alles perfekt, entscheidend sei, wie grün der Strom sei. Das Ende der Fahnenstange seien Landstromanlagen ebenfalls nicht. In China gebe es auf dem Fluss Yangtse bereits komplett elektrisch betriebene Kreuzfahrtschiffe. Ganz fern sei das auch in Europa nicht mehr, selbst wenn ein reiner Batteriebetrieb beispielsweise auf dem Rhein gegen die starke Strömung schwierig sei und viel Energie benötige. Bis dahin könnte sich nach Einschätzung Dieseners beim Betrieb von Dieselmotoren mehr tun, etwa mit Partikelfiltern oder Katalysatoren gearbeitet werden. „Da passiert zu wenig.“