Frankreichs Premier Barnier ist nur noch geschäftsführend im Amt

Nach seinem Sturz durch ein Misstrauensvotum im Parlament ist der französische Premierminister Michel Barnier nur noch geschäftsführend im Amt. Frankreichs Präsident Emmanuel Macron bestätigte den Rücktritt von Barnier und dessen Regierung. Barnier war am Vorabend durch ein Misstrauensvotum der linken Opposition gestürzt worden, das von den Rechtspopulisten unterstützt wurde. Er war am Vormittag im Elysée gewesen, um seinen Rücktritt einzureichen. 

Es ist das erste Mal seit 1962, dass eine Regierung über ein Misstrauensvotum stürzt. Macron will sich am Donnerstag um 20.00 Uhr in einer TV-Ansprache an die Nation wenden. Es wird erwartet, dass er schnell einen Nachfolger für Barnier ernennt, um damit lauter werdenden Forderungen nach seinem eigenen Rücktritt den Wind aus den Segeln zu nehmen. 

Nach dem Regierungssturz hatten die Linkspopulisten umgehend den Rücktritt des Präsidenten gefordert. Die rechtspopulistische Fraktionschefin Marine Le Pen legte Macron ebenfalls den Rücktritt nahe, ohne ihn jedoch ausdrücklich dazu aufzufordern. 

Auch im konservativen Lager, das Barniers Regierung unterstützt hatte, erhoben sich nun Stimmen gegen Macron. „Wenn der Präsident versteht, dass alles blockiert ist, und es nicht das Ziel sein kann, unter Missachtung der Interessen des Landes an der Macht zu bleiben, dann tritt er zurück“, sagte der Bürgermeister von Meaux, Jean-François Copé, dem Sender France Inter. 

Nach einer Umfrage des Instituts Toluna Harris Interactive befürworten 64 Prozent der Franzosen einen Rücktritt des Präsidenten. Demnach zeigten sich 53 Prozent einverstanden mit dem Sturz der Regierung durch das Misstrauensvotum. Allerdings äußerten 82 Prozent der Befragten Angst vor den Folgen. 

Als nächster Premierminister war zunächst der 38 Jahre alte Verteidigungsminister Sébastien Lecornu im Gespräch, mit dem Macron eng verbunden ist. Er ist der einzige, der seit Macrons Amtsantritt 2017 ununterbrochen in der Regierung ist. Am Donnerstag empfing Macron den 73 Jahre alten François Bayrou, den Chef einer mit ihm verbündeten Splitterpartei, im Elysée. 

Die Linkspopulisten erklärten bereits, dass sie gegen die nächste Regierung ebenfalls ein Misstrauensvotum einreichen würden, falls der nächste Premierminister nicht aus ihren Reihen hervorgehe. „Die einzige Lösung sind (…) vorgezogene Präsidentschaftswahlen“, sagte die Abgeordnete Mathilde Panot dem Sender LCI.

Die konservativen Republikaner hingegen versprachen, die nächste Regierung nicht zu stürzen, auch wenn sie ihr nicht angehören wollten. „Wir werden sie nicht blockieren“, sagte Fraktionschef Laurent Wauquiez. Die Republikaner hatten Barnier unterstützt, der ihrer Partei angehört.

Die sozialistische Partei forderte Macron unterdessen auf, sich mit Vertretern aller Parteien zu treffen, die bei der vorgezogenen Neuwahl im Sommer durch taktische Rückzüge von Kandidaten einen Wahlsieg der Rechtspopulisten verhindert hatten. Sie bekräftigten ihre Forderung nach einem linken Premierminister.

Die Ratingagentur Moody’s zeigte sich besorgt über die wirtschaftlichen Folgen der Krise. Der Regierungssturz reduziere „die Wahrscheinlichkeit einer Konsolidierung der Staatsfinanzen“, mahnte die Agentur. Sie rechne mit einem Defizit von 6,3 Prozent in diesem Jahr, etwas höher die von der Regierung angepeilten 6,1 Prozent. 

Der erst im September ernannte Barnier wird mit seinem Rücktritt nach exakt drei Monaten zum Premierminister mit der kürzesten Amtszeit in Frankreichs jüngerer Geschichte. Eine Neuwahl kann frühestens im Juli 2025 stattfinden.