Um die finanziell angeschlagene Meyer Werft zu retten, hilft der Staat. Die Genehmigung aus Brüssel erreicht Niedersachsen kurz vor Weihnachten.
Die EU-Kommission hat grünes Licht für die Rettung der kriselnden Meyer Werft durch den Einstieg des Landes Niedersachsen und des Bundes gegeben. „Das Vorhaben betrifft in erster Linie den Bau und Verkauf von Kreuzfahrtschiffen“, teilte die EU-Kommission mit. Das Vorhaben gebe keinen Anlass zu wettbewerbsrechtlichen Bedenken.
„Jetzt ist endgültig klar, dass sich Bund und Land gemeinsam an die Arbeit machen können, die Meyer Werft auf ihrem Weg in eine gute Zukunft zu begleiten“, sagte Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil (SPD).
Volles Auftragsbuch
Dabei liege allerdings noch viel Arbeit vor dem Unternehmen. Aber die Werft sei bei Reedern hoch anerkannt und mit einem Auftragsbuch in Höhe von mehr als elf Milliarden Euro zukunftsfähig. „Womöglich ist einiges in der Vergangenheit nicht optimal gewesen, aber der Kern des Unternehmens ist ausgesprochen gesund“, sagte Weil.
Die Meyer Werft habe auch eine große Bedeutung über Niedersachsen hinaus. Bundesweit seien direkt und indirekt etwa 20.000 Arbeitsplätze mit der Werft verbunden, sagte Weil. Sie spiele auch in der deutschen Schiffbaubranche eine wichtige Rolle – ein Ausfall dieses Unternehmens hätte noch andere Unternehmen in Schwierigkeiten gebracht. Daher sei der Einstieg der öffentlichen Hand bei der Meyer Werft wichtig für die Leistungsfähigkeit der maritimen Wirtschaft.
Einstieg von Bund und Land bis Weihnachten
Niedersachsens Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) sprach von einer „richtig guten Botschaft kurz vor Weihnachten“. Der Einstieg von Bund und Land bei der Werft solle bis Weihnachten erfolgen.
„Wir freuen uns über die Entscheidung der EU-Kommission und sind dankbar, dass die Kommission so zügig entschieden hat, um keine lange Phase von Verunsicherung bei unseren Mitarbeitenden, aber auch bei unseren Kunden und Geschäftspartnern entstehen zu lassen“, teilte die Werft mit. Nun könne man ohne weiteren Hemmnisse den Sanierungsplan umsetzen.
Nach früheren Angaben des Bundeswirtschaftsministeriums zahlen der Bund und das Land Niedersachsen jeweils 200 Millionen Euro für insgesamt 80,73 Prozent der Anteile der Meyer Werft in Papenburg und der Neptun Werft in Rostock. Zudem sicherten Bund und Land einen Kreditrahmen von insgesamt 2,6 Milliarden Euro zu 80 Prozent mit einer Bürgschaft ab. Die übrigen 20 Prozent der Kreditsumme verblieben den Angaben zufolge im Risiko der Banken.
Krise Folge der Corona-Krise
Allerdings soll das Engagement von Bund und Land zeitlich begrenzt sein. Das Unternehmen solle nach einer erfolgreichen Sanierung wieder in private Hände gehen, hatte Weil im Sommer deutlich gemacht. Einen Zeitpunkt für den Rückzug des Staates gibt es aber noch nicht.
Das seit fast 230 Jahren bestehende Familienunternehmen, das für seine Kreuzfahrtschiffe bekannt ist, war aufgrund der Corona-Krise und dem damit verbundenen weltweiten Einbruch der Tourismus-Branche in finanzielle Schieflage geraten. Die Auftragsbücher sind zwar voll, aber einige Verträge für Schiffe, die noch vor der Corona-Pandemie geschlossen wurden, sehen keine Anpassung an die stark gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor.
Arbeitsplatzabbau geplant
Hinzu kam, dass im Schiffbau in der Regel 80 Prozent des Baupreises erst bei Ablieferung des Schiffes gezahlt werden. Ohne staatliche Bürgschaften wäre die Werft nicht an die dringend benötigten Baukredite gekommen.
Zu dem Neustart der Werft unter staatlicher Führung gehört allerdings auch der Abbau von 340 Arbeitsplätzen, der sozialverträglich über ein Freiwilligenprogramm erfolgen soll. „Wir sind noch nicht am Ende mit dem Arbeitsplatzabbau, daher ist die Stimmung angespannt bei den Kolleginnen und Kollegen, weil noch nicht alle wissen, ob sie betroffen sind oder nicht“, sagte Betriebsratsvorsitzender Andreas Hensen.
Bedeutung für Energiewende
Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sagte im September, die Meyer Werft sei „von systemischer Bedeutung für die maritime Wirtschaft mit vielen Tausenden Arbeitsplätzen“. Darüber hinaus könne sie auch für die Energiewende eine bedeutende Rolle spielen. Das Unternehmen hat inzwischen damit begonnen, Stahlbauteile für Konverterstationen für Windparks auf See fertigen.
Konverterplattformen sind große technische Anlagen, die auf fest verankerten Pfählen im Meer stehen. Darin wird der von den Windkraftanlagen produzierte Wechselstrom in Gleichstrom umgewandelt. Für die ambitionierten Ausbaupläne der Bundesregierung für die Offshore-Windenergie gelten die tonnenschweren Konverterplattformen als eine industrielle Schlüsselkomponente. Die Fertigungskapazitäten dafür sind knapp.