Schwangerschaftsabbruch ist ein hochsensibles Thema, auch in der deutschen Politik. Im Bundestag geht es um Stigmatisierung und ärztliche Versorgung – aber nicht nur.
Im Bundestag ist es zu einer emotionalen Debatte über eine Neuregelung von Schwangerschaftsabbrüchen gekommen. Auslöser ist eine maßgeblich von Grünen und SPD vorangetriebene Initiative, nach der eine Abtreibung bis zum Ende der zwölften Schwangerschaftswoche nicht mehr grundsätzlich rechtswidrig sein soll. Aktuell ist Schwangerschaftsabbruch nach Paragraf 218 des Strafgesetzbuches eine Straftat – er wird aber nicht bestraft, wenn er innerhalb der ersten zwölf Wochen stattfindet und die Frau sich zuvor hat beraten lassen.
„Das Strafrecht führt nicht nur zu Stigmatisierung von Frauen und Ärztinnen, sondern hat dramatische Auswirkungen auf die Versorgungslage in diesem Land“, begründete die SPD-Politikerin Carmen Wegge den Reformantrag. Immer weniger Ärztinnen und Ärzte seien bereit, Abbrüche vorzunehmen. Ulle Schauws von den Grünen betonte, mit Schuldgefühlen für Frauen müsse endlich Schluss sein. Paragraf 218 symbolisiere, „dass eine Frau nicht das Recht hat, selbst über ihre Schwangerschaft und somit ihr Leben und ihren Körper zu bestimmen“.
Die Union dagegen sieht keinen akuten Handlungsbedarf, sondern kritisiert, die Reform solle im Schnelldurchgang und ohne gesellschaftliche Debatte durchgepeitscht werden. „Als Union stehen wir zur geltenden Regelung“, sagte die Abgeordnete Elisabeth Winkelmeier-Becker. Frauen könnten bereits frei entscheiden, ob sie ihre Schwangerschaft fortsetzen oder abbrechen wollten. Zugleich werde aber auch das Lebensrecht des Kindes beachtet. „Es geht um Leben und Tod des Ungeborenen“, betonte sie. Ähnlich argumentierte Beatrix von Storch von der AfD. „Frauen können ja jetzt schon straffrei das Leben ihres ungeborenen Kindes beenden – ich persönlich finde das furchtbar“, sagte sie.
Abgeordnete der FDP kritisierten vor allem, diese so wichtige Debatte werde in Eile geführt. Sie selbst habe sich längst entschieden, sagte Gyde Jensen. „Ganz persönlich: Wer in dieser schwierigen Lage ist, der sollte nicht zusätzlich der Belastung ausgesetzt sein, potenziell eine Straftat zu begehen.“ Doch andere brauchten womöglich noch Zeit zum Nachdenken und individuellen Abwägen. Deshalb solle die Debatte nach der Neuwahl am 23. Februar in Ruhe und seriös weitergeführt werden.
Der Antrag der überfraktionellen Gruppe von 328 Abgeordneten wird nun im Rechtsausschuss weiter beraten. Dort droht er allerdings zu versanden – denn es ist noch unklar, ob das Thema noch vor der Bundestagswahl wieder zur Entscheidung auf die Tagesordnung des Parlaments gesetzt wird.