Der Fehlstart der Vega C vor zwei Jahren war ein schwerer Schlag für Europas Raumfahrt. Erstmals soll nun wieder eine Rakete des Typs abheben. Für die Esa geht es dabei um Grundsätzliches.
Fast zwei Jahre ist es her, dass der erste kommerzielle Flug der europäischen Rakete Vega C missglückte. Seitdem waren die europäische Raumfahrtbehörde Esa und ihre Partner mit Fehleranalyse und Tests beschäftigt. Nun soll die Rakete zurück auf die Startrampe und damit Europas Zugang zum All stärken. Geplant ist der Start für 22.20 Uhr deutscher Zeit am europäischen Weltraumbahnhof in Kourou in Französisch-Guayana.
Ein folgenschwerer Fehlstart
Die Vega C ist eine Weiterentwicklung der Vega-Rakete, die von 2012 bis zu diesem Herbst leichte Satelliten ins All brachte. Laut Esa kann die neue Rakete etwa 800 Kilogramm mehr Last transportieren, ist billiger und kann Satelliten auf Umlaufbahnen in unterschiedlichen Höhen bringen.
Erstmals gestartet war die neue Rakete im Juli 2022. Dabei ging noch alles gut. Doch im Dezember 2022 folgte ein schwerer Schlag: Wenige Minuten nach dem Start kam die Rakete von ihrem Kurs ab, weil es beim Triebwerk Zefiro-40 ein technisches Problem gab. Daraufhin wurde das Flugobjekt zerstört und fiel ins Meer. Alle weiteren geplanten Starts bis jetzt wurden abgesagt.
Eine Untersuchungskommission erklärte später, es habe an der Auskleidung des Schubdüsenhalses in dem Triebwerk eine unerwartete Erosion gegeben. Das verwendete Material sei wohl nicht homogen genug gewesen.
Vega C als Säule von Europas Zugang zum All
„Wir haben jetzt zwei Jahre lang intensiv gearbeitet“, sagt Marino Fragnito vom italienischen Hauptauftragsnehmer Avio kurz vor dem Start der Rakete. Das Problem mit der Düse sei schwer zu verstehen gewesen. Bei dem in der Ukraine gefertigten Teil habe es nur wenige Qualitätskontrollen gegeben.
Mittlerweile werde die Düse in Frankreich gefertigt und mehrfach getestet, erklärt Fragnito. „Wir sind jetzt sicher, dass dieser Start und der nächste Start erfolgreich sein werden.“
Mit der Rückkehr der Vega C will die Esa endlich wieder mehr Möglichkeiten haben, um kleinere Satelliten eigenständig ins All zu befördern. Stefano Bianchi, Leiter der Flugprogramme bei der Esa, betont, die Rakete sei für Europa sehr wichtig. „Vega C und Ariane 6 sind die beiden Säulen des europäischen Zugangs zum All.“
Krise im Trägerraketensektor
Die Ariane 6 startete nach Jahren der Verzögerung erstmals in diesem Sommer ins Weltall. Sie kann große Satelliten transportieren. Der Erststart wurde als Erfolg gewertet, auch wenn am Ende die erneute Zündung eines Triebwerks nicht wie geplant funktionierte.
Die Verzögerung bei der Ariane 6 und der Ausfall der Vega C hatten Europas Trägerraketensektor in eine Krise gestürzt. Teilweise wich die Esa für Satellitenstarts auf Falcon-9-Raketen des US-Unternehmens SpaceX von Elon Musk aus.
Wettbewerbsfähig oder Auslaufmodell?
Fragt man die Esa, wird die Vega C Europas Raumfahrt wettbewerbsfähiger machen. Martin Tajmar, Raumfahrtexperte von der TU Dresden, hingegen meint: „Die Vega ist ein Auslaufmodell.“
Kommerziell sei die Rakete wegen der hohen Startkosten praktisch nicht vermarktbar, erläutert Tajmar. Dennoch erfülle sie für Europa den Zweck der Unabhängigkeit und des Kompetenzerhalts in der Raumfahrtindustrie. „Vor allem ist sie natürlich interessant als Alternative zur Ariane 6, wenn es um kleine Nutzlasten geht.“
Aufträge hat die Vega C schon mehr als ein Dutzend. Passagier beim Comeback ist der Satellit Sentinel-1C des europäischen Erdbeobachtungsprogramms Copernicus.
Esa und Avio sind optimistisch, dass die Rückkehr der Rakete ein Erfolg wird. „Wir haben getan, was wir können“, sagt Bianchi.