Regierungsbildung: Wie stabil ist das geplante Bündnis von SPD und BSW?

SPD und BSW stimmen auf Parteitagen über den Koalitionsvertrag ab. Vorher kommt der Landtag zu einer Sondersitzung zusammen. Ein Politikforscher sieht auch Risiken für das geplante Bündnis.

Bei ihrer Regierungsbildung stehen Sozialdemokraten und das Bündnis Sahra Wagenknecht (BSW) vor entscheidenden Weichenstellungen. Eine Sondersitzung des Landtags in Potsdam an diesem Dienstagnachmittag kann zu einer ersten Bewährungsprobe für die Geschlossenheit des Bündnisses werden. 

Eine rot-lila-Koalition wäre in Deutschland bisher einmalig. Darüber entscheiden auch noch Landesparteitage an diesem Freitag mit ihrem Votum über den Koalitionsvertrag.

AfD will BSW-Abgeordnete mit Anträgen auf die Probe stellen

Worum geht es zuvor bei der Landtags-Sondersitzung am Dienstag? Das Parlament sollte sich vor allem mit den Plänen von SPD und BSW für die verlängerte Entlastung von Kita-Beiträgen für Eltern mit geringeren Einkommen befassen. 

Doch die AfD-Fraktion stellt mehrere Anträge, mit denen sie sich nahe an inhaltlichen Zielen des BSW sieht. Daher bezeichnete sie ihre Anträge mit Blick auf das Abstimmungsverhalten in der BSW-Landtagsfraktion als Test. 

Es geht dabei um den Erhalt der Klinikstandorte in Brandenburg, eine Abschaffung des Verfassungstreuechecks für angehende Beamte und den Einsatz für Frieden in der Ukraine. In Sachen Friedenspolitik bringen aber auch die Fraktionen von SPD und BSW einen gemeinsamen Antrag ein. 

Politikforscher sieht Unsicherheitsfaktor

Der Umgang des BSW mit AfD-Anträgen ist aus Sicht des Politikforschers Jan Philipp Thomeczek ein Unsicherheitsfaktor. „So was wie mit der AfD zu stimmen, wird sich die SPD auf gar keinen Fall gefallen lassen. Dann platzt die Koalition“, sagte der Potsdamer Wissenschaftler der Deutschen Presse-Agentur. „So was geht nur in Minderheitsregierungen. Ich denke aber, dass allen Beteiligten beim BSW das klar ist.“ 

Debatte um Umgang mit AfD-Anträgen

BSW-Fraktionschef Robert Crumbach hatte zuvor gesagt, seine Fraktion habe einstimmig beschlossen, drei AfD-Anträge am Dienstag in der Sondersitzung des Landtags abzulehnen. Im Entwurf für den Koalitionsvertrag haben SPD und BSW vereinbart, dass sie Anträge von AfD und CDU im Landtag grundsätzlich ablehnen. Davon sind Ausnahmen im Einvernehmen möglich. 

SPD-Ministerpräsident Dietmar Woidke schließt eine Zustimmung zu AfD-Anträgen aus. Der BSW-Fraktionschef hält sich das offen: „Wenn eine Oppositionspartei allerdings konstruktiv an der Gestaltung Brandenburgs zum Besseren mitwirken will und das tut und sich dort einbringt, dann bin ich mir sicher, werden wir als Koalition uns dem nicht verstellen“, hatte er gesagt.

Die Frage der Mehrheit

Der Politikforscher Thomeczek sieht mehrere Risiken für das Zweier-Bündnis aus SPD und BSW. „Grundsätzlich gibt es inhaltlich gute Schnittmengen und es sind eben nur zwei Partner“, sagte der Wissenschaftler. „Andererseits sind es eben aktuell nur zwei Stimmen, vielleicht sogar eine.“ Da könne selbst die Wahl des Ministerpräsidenten im Landtag danebengehen. 

Sie ist bisher für den 11. Dezember geplant. SPD und BSW haben derzeit eine Landtags-Mehrheit von zwei Stimmen.

Streit um BSW-Abgeordneten Hornauf schwelt

Seit rund einer Woche schwelt zudem ein Streit innerhalb des BSW um den Landtagsabgeordneten Sven Hornauf aus Frankfurt (Oder). Er drohte, wegen Kritik an einer Stationierung des Raketenabwehrsystems Arrow 3 am Fliegerhorst Holzdorf bei der Wahl des Ministerpräsidenten nicht für Dietmar Woidke (SPD) zu stimmen. Die Fraktionsspitze will dies angesichts der knappen Mehrheit verhindern und legte Hornauf nahe, sein Mandat niederzulegen. 

BSW-Fraktion will über Zukunft von Hornauf sprechen

An diesem Dienstag ist eine Klärung angestrebt. BSW-Fraktionschef Robert Crumbach sagte der dpa, Hornauf werde bei der Fraktionssitzung dabei sein. „Dann wird sich entscheiden, wie es weitergeht.“

Politikforscher Thomeczek sagte zum Fall Hornauf:  „Gibt er sein Mandat zurück, zieht Listenplatz 15 nach und es bleibt bei zwei Stimmen Mehrheit. Wenn er im Landtag bleibt, hat die Opposition eine Stimme mehr.“ BSW-Fraktionschef Crumbach hatte sich überzeugt gezeigt, dass seine Fraktion bei der Ministerpräsidenten-Wahl geschlossen für Woidke stimmen wird.