Fernsehen: „Der Alte“ wird 100 – TV-Star Rolf Schimpf hat Geburtstag

Es ist gut möglich, dass Rolf Schimpf weltweit der älteste TV-Ermittler außer Dienst ist: Er kann auf ein ganzes Jahrhundert zurückblicken. Die große Zahl auf der Torte hat er sofort angeknabbert.

„Der Alte“ war Rolf Schimpf schon vor fast 40 Jahren. Als Hauptkommissar Leo Kress ging der Schauspieler ab 1986 in der gleichnamigen ZDF-Krimireihe in München auf Verbrecherjagd. Eine Rolle, die ihn berühmt machte. Rund 20 Jahre lang prägte er die international erfolgreiche Freitagskrimireihe. Nun macht er dem Serientitel alle Ehre. Am Donnerstag (14. November) wird Rolf Schimpf 100 Jahre alt. Gefeiert wird drei Tage lang im Kreise von Familie und engen Freunden, mit gutem Essen, Weißwürsten und Weißbier – alkoholfrei, wie Schimpfs guter Freund Detlef Vetten verrät.

Süße Versuchungen zum 100.

Wie geht es dem einstigen TV-Star, der mittlerweile in einem Seniorenheim im Münchner Süden lebt? „Sein Radius ist sehr eng geworden, er geht nicht mehr gerne raus“, berichtet Vetten. Und er liebt gutes Essen. Vor allem bei Süßem fällt es ihm schwer, zu widerstehen, wie die Fotografin Barbara Volkmer erfahren musste. Sie und ihr Ehemann Detlef Vetten besuchen den alten Freund regelmäßig. Für ein Foto vor dem runden Geburtstag brachten sie eine Sachertorte mit, süße Schokolade verziert mit der Zahl 100 aus rotem Marzipan. Während Volkmer ihre Fotoausrüstung auspackte, war die Versuchung für Schimpf offenbar zu groß. „Da hatte er die 1 schon in der Hand und hat sie angebissen!“, erzählt Vetten. Auch an der Sahneverzierung naschte er. „Und das mit diesem Rolf-Schimpf-Blick.“

Es war diese Verschmitztheit, mit welcher der gebürtige Berliner das Publikum für sich einnahm, gepaart mit feinsinnigem Humor und einer höflichen, leisen Art. Ein Gentleman, der auch heute noch immer wieder zum Vorschein kommt. „Die Eleganz von früher ist an guten Tagen da, an schlechten Tagen ist er einfach alt und er mag es nicht“, sagt Vetten. 

Glorreiche Kommissarszeiten

Was bleibt, sind Erinnerungen an glorreiche Zeiten, als Schimpf so sehr in seine Rolle als Kriminalpolizist hineingewachsen war, dass er sich sogar zutraute, im echten Leben einen Mordfall zu lösen – im Scherz natürlich. Auch im bayerischen Innenministerium wurde man auf ihn aufmerksam. 1989 wurde er zum Ehrenkommissar ernannt. „Besonnen, scharfsinnig und immer sympathisch, so stellen wir uns auch heutzutage einen guten Polizisten vor“, lobte Innenminister Joachim Herrmann (CSU) anlässlich des 100. Geburtstages. „Und die Maßstäbe, die er bei Ermittlungen gesetzt hat, sind in der Realität bis heute unerreicht: Selbst schwierigste Fälle in knapp einer Stunde aufzuklären.“ Mit seiner Schauspielleistung habe er sicher einige inspiriert, sich für eine Polizeikarriere zu entscheiden.

„Da war’s dann gelaufen“

Dabei war die Schauspielerei eigentlich nicht die erste Wahl des jungen Rolf Schimpf. Nach dem Zweiten Weltkrieg wollte er mit Anfang 20 Medizin studieren, bekam aber keinen Studienplatz. Also beschloss er, seine Leidenschaft fürs Jagen und Angeln zum Beruf zu machen und schrieb sich für Forstwissenschaften ein, hielt aber nicht lange durch. Es sei ihm als zu anstrengend und zu lang erschienen, erinnerte sich Schimpf mal. Erst als er ans Theater kam und sich im Schauspiel versuchte, bekam er Klarheit. „Da war’s dann gelaufen, da wusste ich dann, wo ich hingehöre!“ 

Er besucht die Schauspielschule in Stuttgart und spielt seit den 1950er Jahren Theater und steht vor der Kamera, etwa für die ARD-Krimireihe „Tatort“ oder für die ZDF-Formate „SOKO 5113“ und „Mensch Bachmann“. 1986 folgte der Ruhm, als er für „Der Alte“ Siegfried Lowitz alias TV-Kommissar Erwin Köster beerbte. Schimpf schaffte sich weltweit eine Fangemeinde, von Italien oder Frankreich bis nach Abu Dhabi, Brasilien und Südafrika. 

Trauer, Umzug und das Glück des Ruhms

Nach dem Ausstieg 2007 wird es ruhig um ihn. 2010 zieht er mit seiner Ehefrau, der Schauspielerin Ilse Zielstorff, in eine noble Seniorenresidenz in München. Als seine „Ille“ 2013 stirbt, nach fast 50 glücklichen Ehejahren, ist Schimpf untröstlich. 2023 muss er mit 99 Jahren die schöne Zweizimmerwohnung in der Seniorenresidenz aufgeben, aus finanziellen Gründen, wie es heißt. Er zieht in eine günstigere Einrichtung. Ein Zimmer ohne vertraute Dinge, sein Jäger-Fernglas oder den eleganten Spazierstock, wie Vetten und Volkmer berichten. „Im Altersheim im Münchner Süden werden die Patienten sauber gehalten und ernährt. Für mehr ist nicht Zeit“, schreiben sie in ihrer Biografie „Überlebt – Rolf Schimpf wird 100“, die Ende November erscheint. 

Der Älteste aller Alten

Vergessen ist der Schauspieler aber nicht. Das ZDF will zum Ehrentag gratulieren und verweist auf viele alte Folgen mit Leo Kress in der Mediathek. Pierre Sanoussi-Bliss, in „Der Alte“ jahrelang Schimpfs Assistent Axel Richter, schwärmt: „Rolf war als Kollege wirklich allererste Sahne“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Irgendwann habe er nicht mehr so gut gehört, „aber nahm beim Drehen verständlicherweise nicht ganz uneitel die Hörgeräte heraus“. Dass er dennoch keine Einsätze verpasste, dafür sorgte Sanoussi-Bliss, in dem er den Älteren heimlich anstupste. 

Auch Charles M. Huber stand gerne mit Schimpf für „Der Alte“ vor der Kamera, auch weil der Ältere keine Allüren hatte. Er wünsche ihm Gesundheit und die Möglichkeit, das Leben zu genießen. „Dem Ältesten aller Alten alles Gute zum 100. Geburtstag.“